Montag, 2. November 2009

»Stützpfeiler« bricht

jW 03.11.2009

Hintergrund. Lange war das Finanzhaus Sal. Oppenheim ein unsichtbarer Halt des deutschen Kapitalismus. Weil die Bundesregierung die marode Bank der Superreichen nicht retten ­wollte, greift die Deutsche Bank zu

Von Werner Rügemer

Im Juli 2009 hielten sie die schöne Fassade noch aufrecht. Matthias Graf von ­Krockow und Friedrich Carl Janssen, zwei der vier persönlich haftenden Gesellschafter der Bank Sal. Oppenheim, bekamen im Handelsblatt ihre, wie sich erweisen sollte, letzte große mediale Bühne. Sie durften im Interview auf zwei großen Zeitungsseiten verkünden: Die Finanzkrise ist noch nicht zu Ende, aber der Bank Oppenheim geht es gut. Wir brauchen keine fremde Hilfe. In Kiew, Moskau und Budapest werden noch im laufenden Jahr neue Repräsentanzen eröffnet, in China Unternehmen für den Börsengang vorbereitet. Während ihnen schon monatelang das Feuer unter dem Hintern brannte, verkündeten sie: »Wir spielen in der Spitzenliga.«

Mittwoch, 21. Oktober 2009

Kooperation und Konkurrenz

21.10.2009: Kooperation und Konkurrenz (Tageszeitung junge Welt)

Europäisiert sich die Bourgeoisie? Das deutsche Kapital bleibt trotz internationaler Durchdringung seiner Unternehmen tonangebend im eigenen Land und verschärft von dort aus die Konkurrenz

Von Beate Landefeld

Europäisiert sich die Bourgeoisie? Auf diese Frage soll mit drei Thesen eine Antwort versucht werden. Unter Bourgeoisie verstehe ich die ökonomisch herrschende Klasse, die über die wichtigsten Produktionsmittel verfügt, ihren Reichtum hauptsächlich aus dem Mehrprodukt bezieht und die aufgrund ihrer ökonomischen Macht auch in der Politik die in letzter Instanz entscheidende Rolle spielt. Neben den großen Kapitaleigentümern, der Großbourgeoisie im engeren Sinn, gehören die Manager mächtiger Konzerne, Banken und Versicherungen, die bourgeoise Gruppe der staatlichen Bürokratie und die Fraktion des Auslandskapitals dazu. Heinz Jung hat die Managerfraktion und die bourgeoise Gruppe im Staatsapparat als »kooptierte und aggregierte Gruppen der Bourgeoisie« charakterisiert, »die erst in dem Maße einen festen (und erblichen) Platz in ihr erhalten, wie sie in der Lage sind, kapitalistisches Eigentum zu bilden und kraft Eigentum Verfügung über das Mehrprodukt zu erlangen.«1
These 1
Die Zusammensetzung der deutschen Bourgeoisie blieb trotz »Globalisierung« relativ konstant. Das gilt auch für ihre internationale und europäische Durchdringung.

Mittwoch, 5. August 2009

Vermögensquellen der deutschen Milliardäre

Wo wurde ihr Reichtum produziert und wo wird er immer aufs Neue reproduziert? Wer weiß schon, dass von den 122 deutschen Milliardären des Jahres 2008 mehr als zwei Drittel alleinige Eigentümer oder Großaktionäre von mindestens einem der 500 größten Konzerne der BRD in Handel und Gewerbe sind?
Einen Überblick über die Quellen des Reichtums verschafft die folgende Tabelle:
Vermögensquellen der deutschen Milliardäre

Montag, 2. März 2009

Debakel der Exportweltmeisterschaft

Der deutsche Neoliberalismus kämpft mit seinen Widersprüchen. Gegenkräfte für die Erzwingung eines Strategiewechsels der deutschen Bourgeoisie sind nicht in Sicht

Von Beate Landefeld

Die BRD-Politik versucht auf Biegen und Brechen, eine bestimmte Spur nicht zu verlassen, die Spur der »Stabilitätspolitik«. Ihr gilt die Bekämpfung der Inflation als wichtigste Aufgabe staatlicher Wirtschaftssteuerung. Sie kann als die für die Bundesrepublik typische Wirtschaftspolitik angesehen werden. Sie war fester Bestandteil der mehr liberalen als sozialen Marktwirtschaft Ludwig Erhards (siehe jW-Thema vom 17.12.2008) und gewann schon nach der Krise 1974/75 unter dem damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) wieder die Oberhand. Nur nach der Rezession 1966/67 bis in die erste Hälfte der 70er Jahre gab es ein kurzes Zwischenspiel einer eher keynesianisch geprägten Wirtschaftpolitik, mit der dann folgenden »Reformära« unter Willy Brandt (SPD).
Die »Stabilitätspolitik« hat Preissteigerungen und Staatsverschuldung zu keiner Zeit verhindert. Unter dem Vorwand der Inflationsbekämpfung zielt sie auf Kostensenkung zu Lasten der arbeitenden Menschen, auf niedrige Löhne, niedrige Sozialausgaben und den »schlanken Staat«. Sie dient dazu, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Konzerne auf dem Weltmarkt zu stärken und nimmt dafür die Verkümmerung des Binnenmarkts, hohe Arbeitslosigkeit sowie die Vernachlässigung und den Verfall gesellschaftlich nützlicher Bereiche der öffentlichen Infrastruktur in Kauf. Einen »schlanken Staat« brachte die »Stabilitätspolitik« nicht, wohl aber Umverteilung von unten nach oben, zugunsten von Profiten und Vermögenseinkommen.