Freitag, 12. Juni 2020
Systemischer Rassismus. Denkanstöße aus der US-Protestbewegung
Der Mord an George Floyd durch die Polizei löste in den USA
eine Protestwelle aus, wie es sie seit der Ermordung Martin Luther Kings 1968
nicht gegeben hat. 1968 trugen überwiegend Schwarze die Unruhen. Auch 2020
bildeten Schwarze den Kern, doch diesmal massenhaft begleitet von jungen
Weißen, Hispanics und Menschen anderer Ethnizität. Zu diesem Ausmaß der Proteste
2020 trugen laut Glen Ford, Herausgeber der linken Webseite ‚Black Agenda
Report‘, vier Faktoren bei:
(1) die Coronavirus Pandemie. Schwarze sterben an Covid-19
zwischen 2,6 bis vier Mal so oft wie Weiße: weil sie dichter zusammenwohnen,
sich schlechter ernähren, meist in „systemrelevanten“ Jobs ohne ausreichenden Gesundheitsschutz
arbeiten, öfter Vorerkrankungen haben, nicht immer versichert sind und ihr Zugang
zum kaputtgesparten, öffentlichen Gesundheitswesen schwieriger ist;
(2) die Massenarbeitslosigkeit infolge des Shutdowns. Sie
erreicht das Niveau der Großen Depression, steigert die generelle Unsicherheit,
Prekarisierung und Armut, während die Oligarchen von Amazon, Google und
Facebook Milliardengewinne scheffeln und der Hauptteil der Staatshilfen an Großkonzerne
geht;
(3) die durch die Spaltung der herrschenden Klasse forcierte
Legitimitätskrise des US-Regimes. Der hinter den Demokraten stehende Teil der US-Oligarchie
unterstützt mit seinen Medien die Protestierenden diskret, in der Absicht, den
Schwung der Bewegung zu nutzen, um Trump im November aus dem Amt zu wählen;
(4) das Abwürgen des Phänomens Bernie Sanders durch die
Demokratische Partei. Seine jugendlichen Unterstützer mussten akzeptieren, dass
man sich aus den Widersprüchen des rassistischen Kapitalismus nicht
herauswählen kann. Auch sie strömten nach dem Mord an Floyd in unerwartet hohen
Zahlen auf die Straßen.
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