NATO-Hörigkeit, Russophobie, Doppelstandards der Grünen sind zu entlarven. Dabei sollten gleiche Maßstäbe gelten wie bei anderen bürgerlichen Parteien. Sonst kann man Anhänger der Grünen – das sind dummerweise viele – kaum überzeugen. Mit Parteispenden der Arbeitgeberverbände Südwestmetall und der Bayrischen Metall- und Elektroindustrie lässt sich eine besondere Nähe der Grünen zur Rüstungsindustrie nicht belegen, wie es in der UZ vom 5.3.2021 versucht wird. Beide Verbände spenden seit jeher an alle neoliberalen NATO-Parteien im Bundestag, außer an die AfD. An die CDU/CSU überwiesen sie in den letzten fünf Jahren allerdings vier bis fünfmal so viel wie an FDP und Grüne. Der SPD gaben sie viel weniger, der PDL nichts. 2020 spendeten Kapitalistenverbände und Oligarchen der CDU/CSU 1,94 Millionen, der FDP 100000, Grünen und SPD je 50000. Das ist die übliche Gewichtung und Rangfolge in der Wertschätzung der Großbourgeoisie.
Parteispenden und/oder Bestechungen sind nur ein Hebel der
Einflussnahme. Die ökonomisch herrschende Klasse übt die politische Macht über
vielfältige Vermittlungsglieder aus. Sie kontrolliert Branchen-, Berufs- und
Interessenverbände, finanziert ThinkTanks, Stiftungen, Netzwerke und Medien. Im
bürgerlichen Parlamentarismus ist die Rolle der Parteien zentral. Parteien artikulieren
die Interessen der verschiedenen Klassen und Schichten der Gesellschaft. Vermittelt
über Parteien bindet das Monopolkapital nichtmonopolistische Klassen und
Schichten an seine Politik. Die CDU entstand unter christlicher Flagge als Partei
des wiederaufstrebenden deutschen Monopolkapitals, mit dem ihr Führungskern
immer personell verbunden war. Kleinere bürgerliche Parteien saugte sie auf –
bis auf die FDP. CDU und FDP hatten von vornherein den für Vertrauensleute der Großbourgeoisie
nötigen „Stallgeruch“.
Auf Seiten der Arbeiterbewegung wurde die KPD verboten. Die
SPD passte sich dem Kurs auf Westbindung und Remilitarisierung an. 1968 konstituierte
sich die DKP. Der radikalere Teil der 1968er Bewegung teilte sich in eine an
der DKP orientierte Strömung und die maoistischen K-Gruppen auf. In den 1980er
Jahren gingen aus den „neuen sozialen Bewegungen“ die Grünen hervor. Die
maoistischen K-Gruppen lösten sich in sie auf. Schon die Sozialpsychologie der
K-Gruppen war durch Russophobie geprägt, die sich als „Antirevisionismus“ ausgab.
Bei den Grünen ging diese Haltung nahtlos in eifernde NATO-Treue über und verstärkte
sich ab 1989 durch DDR-Dissidenten. Die Grünen wurden umso „regierungsfähiger“.
In den 1980er Jahren beteiligten sich SPD und Grüne noch an
der Friedensbewegung. Der NATO-Krieg der Schröder/Fischer-Regierung gegen
Jugoslawien und die Agenda 2010 führten zur tiefgehenden Spaltung des
demokratischen Potentials. Zugleich modernisierte sich die CDU unter Merkel, die
all das von den neuen sozialen Bewegungen aufgriff, was mit den Interessen des
Monopolkapitals vereinbar war. Ein progressives Image sollte die neoliberale CDU
für die wachsenden urbanen Mittelschichten wählbar machen. Sie verlor dabei an
Bindekraft nach rechts und die AfD entstand. Die Grünen aber etablierten sich als
Partei der lohnabhängigen Mittelschichten. Ihre Wähler sind überwiegend Lehrer
und viele akademisch gebildete Angestellte des Öffentlichen Dienstes. Ihre
Hochburgen sind Universitätsstädte.
2021 soll es zur lange geplanten schwarz-grünen oder
Jamaika-Koalition im Bund kommen. In ihr ist es die Aufgabe der Grünen, der von
der CDU/CSU auch künftig angeführten Politik im Interesse des Monopolkapitals
durch Einbindung der Mittelschichten eine Mehrheit in der Bevölkerung zu
verschaffen. In dieser Rolle lösen sie die SPD als Juniorpartner der CDU/CSU
ab. Welche Wirkung das transatlantische Gebell der Grünen auf die kommende
Regierung hat, wird Nordstream 2 zeigen.
UZ-Kolumne von Beate Landefeld vom 12.3.2021
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