tag:blogger.com,1999:blog-54118096572775834552024-03-13T22:35:02.539+00:00BLBLOGUnknownnoreply@blogger.comBlogger128125tag:blogger.com,1999:blog-5411809657277583455.post-8477196188366030702024-02-09T21:44:00.008+00:002024-03-03T22:00:55.589+00:00Machtkampf in Kiew – Grenzen des Westens<p><span></span>Nach der gescheiterten Offensive 2023 gingen
Waffenlieferungen der NATO-Länder an die Ukraine spürbar zurück. Die aggressivsten
Scharfmacher werfen dem Westen inzwischen einen Mangel an Willen vor, die Ukraine
zu unterstützen. Die Schuld für die sich abzeichnende Niederlage weisen sie jeweiligen
politischen Konkurrenten zu. Real liegt es nicht am Willen. <a href="https://beatelandefeld.blogspot.com/2022/12/der-nato-gehen-die-waffen-aus-zugeben.html" target="_blank">Die Waffenlagersind leer</a>. Industrielle Kapazitäten, um schnell Ersatz zu produzieren, fehlen. „Der
Boden des Fasses ist jetzt sichtbar,“ sagte Rob Bauer, Chef des
NATO-Militärausschusses 2023. Jetzt räumte die EU das Scheitern ihres Plans ein,
der Ukraine bis März eine Million Schuss Artilleriemunition zu liefern. Nur die
Hälfte kam zustande.<span></span></p><a name='more'></a><p></p><p class="MsoNormal"><o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Für die USA haben jetzt Lieferungen nach Israel Priorität. Die
ohnehin knappen Patriot Missiles brauchen sie, um ihre illegalen Stützpunkte in
Syrien und Irak gegen die Huthis zu verteidigen. Der Zwang, Artilleriemunition und
Patriot Missiles zu sparen, erhöht die Verluste der Ukraine. Noch schlimmer als
Waffenmangel ist der Soldatenmangel. Videos, die zeigen, wie Männer auf offener
Straße für die Front eingefangen werden, bis vor Kurzem als „russische
Propaganda“ abgetan, sind heute in bürgerlichen Medien zu sehen. Seit Monaten im
ukrainischen Parlament umstritten ist ein „Mobilisierungsplan“, mit dem in
Etappen 500000 Soldaten neu rekrutiert werden sollen, ein indirekter Hinweis
auf die Höhe der Verluste.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Der Mobilisierungsplan ist so unpopulär, dass Selenskyj wie
auch der Oberbefehlshaber der Streitkräfte Saluschnyj seit Wochen die
Urheberschaft dem jeweils anderen in die Schuhe schieben. Ein schon lange
zwischen ihnen schwelender Machtkampf brach offen aus und gipfelte am 29.1.2024
in Selenskyjs Versuch, Saluschnyj zum Rücktritt zu bewegen. Der lehnte ab. Der etablierte
ukrainische Kriegsreporter Illia Ponomarenko twitterte auf X: „Saluschnyj hat
die Unterstützung von 88 Prozent der Ukrainer. 97 Prozent vertrauen der Armee
unter seinem Kommando … Sie würden gern – aber sie können es sich nicht
leisten. Saluschnyj ist zu stark, um rausgekickt zu werden“ (29.1.2024).<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Für den Fall der Entlassung Saluschnyjs sagt Ponomarenko
Unruhe voraus. Saluschnyj, der gern vor Porträts des Hitler-Kollaborateurs
Bandera posiert, hat beste Beziehungen zu Eliteeinheiten der ukrainischen
Armee, die sich großenteils aus Azov-, Aidar- und Kraken-Bataillonen
rekrutieren. Andererseits beurteilt er den Kriegsverlauf oft realistischer als
Selenskyj, der stets von Sieg zu Sieg eilt, um die Geldgeber in den USA und der
EU bei Laune zu halten. Selenskyj nahm dem Rivalen übel, dass er im Interview
mit dem „Economist“ am 1.11.2023 ein „Patt“ an der Front diagnostizierte. Laut
Seymour Hersh setzten im US-Geheimdienste-Militär-Komplex jene Kreise auf
Saluschnyj, die den Frontverlauf gern „einfrieren“ würden, um eine Atempause
für die Nach- und Aufrüstung zu erhalten.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Am 31.1.2024 weilte Victoria Nuland in Kiew. Danach
informierte Selenskyj laut Washington Post (2.2.2024) das Weiße Haus, er werde Saluschnyj
entlassen. Im abendlichen TV-Auftritt sagte er nichts dazu. Kyrylo Budanow, der
als Saluschnyjs Nachfolger gehandelt wird, ist nur bereit, wenn Saluschnyj
freiwillig geht. Budanow ist kein Militär. Er ist Experte für
„Spezialoperationen“, für Überwachung, Sabotage, Attentate, politische Morde. Für
den Fall des Kollapses der ukrainischen Armee könnte er einen Übergang zum
„Guerillakrieg“ vorbereiten. Planspiele dafür gab es schon vor dem Krieg. Als Nachfolger
denkbar ist auch General Syrskyj, der bisher ebenfalls ablehnte.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">In Nahost eskalieren die USA mit Raketensalven auf Syrien
und den Irak. Der Machtkampf in Kiew ist eine Folge der Erschöpfung der
ukrainischen Armee. Zugleich zeigt sich die <a href="https://beatelandefeld.blogspot.com/2023/11/der-wind-dreht-sich-free-palestine-kann.html" target="_blank">Überdehnung des US-Imperiums</a> und stößt
die großspurige <a href="https://beatelandefeld.blogspot.com/2023/07/kosovo-hui-krim-pfui-die-logik-der-eu.html" target="_blank">NATO- und EU-Ostexpansion</a> an Grenzen.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal"><i>Kolumne von Beate Landefeld in unsere zeit 9.2.2024<o:p></o:p></i></p>Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5411809657277583455.post-46830685111180436492024-01-30T12:53:00.000+00:002024-01-30T12:53:13.265+00:00Die Bauernproteste – Spitze eines Eisbergs.<p> Den Bauernprotesten im Dezember folgte
zu Jahresbeginn ein halber Rückzieher der Regierung: Die Kfz-Steuerbefreiung
für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge bleibt. Die Agrardieselrückvergütung
fällt nicht sofort weg, sondern wird über drei Jahre „abgeschmolzen“. Die
Zugeständnisse halten die Mobilisierung der Bauern für die Aktionswoche 8.-15.
Januar 2024 nicht mehr auf. Zu groß ist die Wut. Von 3 Milliarden Euro
Streichungen bei „klimaschädlichen Subventionen“ sollten die knapp 300000
bäuerlichen Betriebe fast ein Drittel (900 Millionen) schultern, obwohl laut
Umweltbundesamt weniger als 10 Prozent der „klimaschädlichen Subventionen“ an
sie fließen und der Rest in andere Wirtschaftszweige. Die überproportionale
Belastung und darin ausgedrückte Geringschätzung provozierten.<span></span></p><a name='more'></a><p></p><p class="MsoNormal" style="margin-left: 0cm;"><o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal" style="margin-left: 0cm;">„Dabei produzieren die LandwirtInnen
Lebensmittel. Hierfür benötigen sie Landmaschinen, die derzeit nach wie vor auf
fossile Brennstoffe angewiesen sind. Sie fliegen mit dem Diesel nicht nach
Mallorca, sondern halten die Lebensmittelproduktion aufrecht,“ heißt es in der
Petition gegen die Kürzungen. Die Kfz-Steuerbefreiung sei eingeführt worden,
weil „LandwirtInnen den Straßenraum in der Regel nicht nutzen“. Die Petition
unterschrieben innerhalb von drei Wochen 1107000 Personen. Bauernverbände organisierten
Treckerkonvoys in Kreis- und Bezirksstädte, in Landeshauptstädte, nach Berlin.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal" style="margin-left: 0cm;">Falls die Regierung spekuliert hatte,
bei unter einer Million Beschäftigten der Land- und Forstwirtschaft ließen sich
Kürzungen ohne größere Sozialproteste über die Bühne bringen, irrte sie. Zum
einen sind die Bauern relativ gut organisiert: 80 Prozent sind in einem der 18 Landesbauernverbände
des Deutschen Bauernverbands. Zudem solidarisierten sich Lkw-Fahrer, Gastwirte,
Bäcker und viele andere Handwerkszweige und Verbände. Die Bauernproteste artikulieren
auch ihre Sorgen und Nöte angesichts hoher Energiekosten, Inflation, Rezession
und drohender Insolvenzen. Schließlich solidarisierten sich auch viele
Verbraucher, die wollen, dass eine heimische Landwirtschaft mit kurzen Transportwegen
erhalten bleibt.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal" style="margin-left: 0cm;">Die Spitzenfunktionäre des
Bauernverbands kommen allerdings überwiegend aus der CDU/CSU. Sie haben meist größere
Höfe und sitzen in Aufsichtsräten von der landwirtschaftlichen Produktion vor-
und nachgelagerten Großkonzernen. Ihre Funktion ist, Protest und
Unzufriedenheit zu lenken, so dass sie immer im monopolkapitalistisch
verträglichen Rahmen bleiben. An der Berechtigung der Proteste ändert das
nichts. Auch die 1980 gegründete Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft,
die sich als Alternative zur großindustriellen, am Export orientierten Landwirtschaft
versteht, unterstützt die Protestwoche im Januar und plant zudem mit Umwelt-
und Verbraucherschutzverbänden für den 20. Januar die Demonstration „Wir haben
es satt!“.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal" style="margin-left: 0cm;">Eine tiefergehende Analyse wird vom
Bauernverband nicht kommen. Im Verein mit bürgerlichen Medien nahmen seine
Spitzenfunktionäre einen kleinen Auflauf schleswig-holsteinischer Bauern, die
in Schlüttsiel auf die Fähre mit Habeck warteten, zum Vorwand, um sich extensiv
vom „Mob“, den es dort gegeben habe, zu distanzieren und vor „Radikalen und
Extremisten“ zu warnen, die die Proteste unterwandern könnten. Vordergründig
geht es um die AfD, die wie die CDU/CSU Stimmung gegen die Ampel macht. Vor
allem aber soll die Erörterung von Zusammenhängen tabuisiert werden. Die Belastungen
der Bauern sind nur die zurzeit sichtbarste Spitze des Eisbergs, die der Kurs
der Abwälzung von Krisen- und Kriegslasten auf die werktätige und lohnabhängige
Mehrheit mit sich bringt.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal" style="margin-left: 0cm;">Diese Abwälzung ziehen alle
neoliberalen NATO-Parteien durch, während sie die „Ukrainehilfen“ verdoppeln.
CDU-Röttgen, CDU-Kiesewetter, Michael Roth (SPD), Anton Hofreiter fordern gar,
die „Europäer“ sollten 2024 ausbleibende US-Ukrainehilfen ersetzen. Der Größenwahn
der NATO- und EU-Ostexpansion ruiniert das Land.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal" style="margin-left: 0cm;"><i>Die Kolumne von Beate Landefeld erschien zuerst am 8.1.2024 auf <a href="https://www.unsere-zeit.de/gut-organisiert-und-wuetend-4787340/?fbclid=IwAR3FnuqgsrVe5PNJV1E64RMSPLpdkZrKC_OWwup9qpQZG6TI3A_XDnIdsCM" target="_blank">unsere-zeit.de </a><o:p></o:p></i></p>
<p class="MsoNormal" style="margin-left: 0cm;"><o:p> </o:p></p>Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5411809657277583455.post-82459429238765494182023-12-08T11:55:00.000+00:002023-12-18T12:05:34.427+00:00Das Istanbul-Kommuniqué vom 29.3.2022. Der vereitelte Waffenstillstand.<p> Zu den historischen Tatsachen, über die die NATO-Medien
schweigen, gehören die Friedensverhandlungen zwischen der ukrainischen und der
russischen Regierung im Frühjahr 2022 in Belarus und Istanbul. Ergebnis war ein
nahezu unterschriftsreifer Vertragsentwurf, das Istanbuler Kommuniqué. Nach Boris
Johnsons Blitzbesuch in Kiew am 9. April 2022 verschwand es in der Versenkung. Ab
dem 2. April 2022 prägte das „Massaker von Butcha“ die westlichen
Kriegsberichte. Man hängte es russischen Streitkräften an. Eine unabhängige Untersuchung
gab es nicht. Verhandlungen mit dem „Verbrecher Putin“ waren von da an
tabuisiert.</p><p class="MsoNormal"><o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Im Februar 2022 erinnerte ein Interview des früheren israelischen
Ministerpräsidenten Naftali Bennet an das<a href="https://michael-von-der-schulenburg.com/de/ukraines-gescheiterte-friedensverhandlungen/" rel="nofollow" target="_blank"> Istanbul-Abkommen</a>. Selenskyj habe
Bennet Anfang März 2022 gebeten, Verhandlungen mit Putin zu vermitteln. Beide
Seiten seien zu großen Zugeständnissen bereit gewesen. Ein Waffenstillstand schien
greifbar nahe. Laut Bennet beendeten Großbritannien und die USA den Prozess.
Gerhard Schröder, den Selenskyj parallel um Vermittlung bat, sagte der Berliner
Zeitung, am Ende sei nichts passiert. „Mein Eindruck: Es konnte nichts
passieren, denn alles Weitere wurde in Washington entschieden“ (22.10.2023). Im
Juni 2023 zeigte Putin das Istanbuler Kommuniqué der Friedensdelegation afrikanischer
Staaten.<span></span></p><a name='more'></a><o:p></o:p><p></p>
<p class="MsoNormal">Im Oktober 2023 legten der frühere NATO-General Harald
Kujat, der frühere UN-Diplomat Michael von der Schulenburg und der emeritierte
Politikwissenschaftler Hajo Funke eine Rekonstruktion des Ablaufs der
Verhandlungen auf Basis des bis dahin veröffentlichten Materials vor. Sie
enthält eine deutsche Übersetzung des Kommuniqués. Die 10 Punkte sahen für die
Ukraine u.a. dauerhafte Neutralität, Blockfreiheit und Atomwaffenverzicht vor –
gegen den Truppenabzug Russlands und Sicherheitsgarantien durch Russland, China
und westliche Staaten. Die Garantien erstreckten sich nicht auf die Krim und
den Donbass, deren Status wie vor dem 24.2.2022 umstritten blieb.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Laut der Rekonstruktion des Ablaufs beschloss die NATO am
24. März 2022 auf einem Sondergipfel, die Friedensverhandlungen zwischen
Russland und der Ukraine nicht zu unterstützen. Selenskyj verteidigte noch am
27. März das Verhandlungsergebnis öffentlich. Putin zog am 28. März als
„vertrauensbildende Maßnahme“ die russischen Truppen aus der Umgebung Kiews ab.
Boris Johnson „überzeugte“ im Auftrag der NATO Selenskyj am 9. April, den Krieg
fortzuführen und versprach die dafür nötigen Waffenlieferungen des Westens.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Ohne Intervention der NATO hätte der Krieg nach fünf Wochen
enden können. Zu Beginn der Sanktionen und angesichts ukrainischer
Kampfbereitschaft glaubten die NATO- und EU-Strategen jedoch, den Weg für ihre weitere
Ostexpansion freischießen zu können. Russland sollte geschwächt und einem
Regime Change unterzogen werden. Die Sabotage des Istanbul-Abkommens zeigt, wie
zuvor das Scheitern von Minsk und die Verhandlungsverweigerung im Dezember
2021, dass die NATO den Krieg wollte oder nichts tun wollte, um ihn zu
vermeiden.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Jetzt droht die Niederlage der Ukraine. Die USA drängen Kiew,
über das „Einfrieren“ der Front zu verhandeln. In der Ukraine wachsen Zweifel. David
Arakhamia, Fraktionsführer der Partei „Diener des Volkes“, in Istanbul im
Verhandlungsteam, sagte am 24.11.2023 im Fernsehen: "Sie (die Russen) waren
bereit, den Krieg zu beenden, wenn wir … die Neutralität annehmen und uns
verpflichten würden, nicht der NATO beizutreten. Das war … der entscheidende
Punkt." Oleksij Arestovich, Ex-Berater des Präsidentenbüros, nun im Exil,
schrieb am 27.11.2023 auf X: „Unser Krieg hätte durchaus mit den Istanbuler
Abkommen gekrönt werden können und ein paar Hunderttausend Menschen wären am
Leben geblieben.“ Den danach begonnenen „großen Krieg“ habe die Ukraine nicht
gewinnen können.<o:p></o:p></p>
<i><span style="font-family: "Arial",sans-serif; font-size: 12.0pt; mso-ansi-language: DE; mso-bidi-language: AR-SA; mso-fareast-font-family: Calibri; mso-fareast-language: EN-US; mso-fareast-theme-font: minor-latin;">von Beate Landefeld, Kolumne in der UZ vom 10.11.2023</span></i>Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5411809657277583455.post-57826161153681274232023-11-10T16:26:00.004+00:002023-11-15T16:31:10.735+00:00Der Wind dreht sich. „Free Palestine“ kann so stark werden wie einst die Vietnamsolidarität.<p>„Free Palestine“ kann zur größten internationalen
antiimperialistischen Massenbewegung seit der Zeit der Vietnam-Solidarität
werden. Die Bewegung begann kraftvoll. Sie erfasst den „globalen Süden“ wie die
reichen Länder des Kapitals. Einheimische und eingewanderte Lohnabhängige nehmen
teil.</p><p class="MsoNormal"><o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Während die US-Regierung, traditionell pro-israelisch, in
den UN eine Waffenruhe blockierte, stimmten 66 Prozent der Teilnehmer in einer
Umfrage des Senders MSNBC für die Waffenruhe. Wähler der Demokraten waren zu 80
Prozent dafür, Wähler der Republikaner zu 56, Unabhängige zu 57 Prozent.
Menschlichkeit wog stärker als die Rückendeckung des Duopols Biden-Trump für
Israels Regierung. Moslemverbände, Menschenrechtsaktivisten, Linke mobilisierten
in den USA Hunderttausende für sofortige Waffenruhe. Junge amerikanische Juden blockierten
Straßen, Bahnhofshallen und Regierungsgebäude. Ihr Ruf: „Not in my name!“<span></span></p><a name='more'></a><o:p></o:p><p></p>
<p class="MsoNormal">Die Bewegung reagiert auf Israels unverhältnismäßige Antwort
auf die Hamas-Attacke vom 7. Oktober. Im Visier ist zudem die Besatzungspolitik
Israels, das sich mit Duldung von USA und EU zum Apartheidstaat entwickelte. Während
USA und EU das „Recht Israels auf Selbstverteidigung“ hochhalten, fordert „Free
Palestine“ die Befreiung der Palästinenser, gleiche Rechte und einen eigenen
Staat. Den von den UN geforderten palästinensischen Staat in den Grenzen von
1967 sabotiert Israel seit Jahrzehnten mittels Einzäunung, Belagerung, Zersiedelung
und Raub palästinensischer Gebiete. Diese Unterdrückung bricht keinen Terror, sondern
provoziert ihn immer wieder aufs Neue.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Die Protestbewegung reißt die Fassade der angeblichen
„Wertegemeinschaft“ aus USA, EU und NATO ein. Ihr imperialistischer Charakter wird
großen Massen vor Augen geführt. Der Vorsitzende der britischen Labour Party Keir
Starmer, der vordem Jeremy Corbyn und andere Linke, darunter Juden, wegen ihrer
Palästina-Solidarität als angebliche „Antisemiten“ aus der Partei schmiss,
steht heute selbst unter Druck, weil er keine Waffenruhe will. Die Kritik an
ihm ist so heftig wie die Kritik an seinem Vorbild Tony Blair wegen der Lügen
vor dem Irakkrieg. Ursula von der Leyen, die Netanyahu vorbehaltlos
unterstützte, sah sich scharfer Kritik eines Offenen Briefs von 800
Mitarbeitern aus dem EU-Stab ausgesetzt. <o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">In den arabischen Ländern drängen die Massen ihre Regimes,
zu liefern. Diplomatischer Druck für die Waffenruhe und die Zwei-Staaten-Lösung
baut sich auf und wird weiterhin wachsen. Arabische Länder und BRICS-Staaten stimmen
sich miteinander ab, im Bemühen, ein Überspringen des Krieges auf den gesamten
Nahen Osten zu vermeiden. Zuvor waren massiv US-Kriegsschiffe aufgefahren, angeblich,
um US-Stützpunkte zu schützen. Die Neocons in der US-Administration suchen aber
zugleich nach einer Gelegenheit, den Iran anzugreifen. <o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">In der BRD werden Kritiker Israels offiziell schnell als
„Antisemiten“ diffamiert. Während sie den offenen Rassismus der israelischen
Regierung als „Selbstverteidigung“ verharmlosen, nutzen CDU/CSU, FDP, Grüne und
AfD jede aggressive Entgleisung von Migranten, um islamophobe Hetze und
Repression zu steigern. Das Eintreten gegen Rassismus jeder Spielart ist Teil
des Kampfes um Demokratie, gegen Demonstrationsverbote, Zensur,
Sprachregelungen und Abbau von Rechten. Die Solidarität mit Palästina wird an
Stärke gewinnen. Sie kann auch den innenpolitischen Feinden der Demokratie
Niederlagen bereiten.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Springers „Welt“ schrieb am 12.10.2023: „Die Nato steckt in
der Klemme. Es gibt womöglich nicht genug Geld und Material, um die Ukraine und
Israel zugleich zu unterstützen.“ USA/NATO/EU sind überdehnt. Ob sie zum
geoordneten Rückzug fähig sind, hängt nicht zuletzt von ihren inneren
Klassenverhältnissen ab. So oder so: Der Wind beginnt, sich zu drehen.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal"><i>Die Kolumne von Beate Landefeld erschien zuerst in der UZ vom 10.11.2023<o:p></o:p></i></p>Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5411809657277583455.post-48988820855292863922023-10-13T16:12:00.001+01:002023-11-15T16:16:27.566+00:00Wie den Ukrainekrieg beenden? Diplomatie wurde verlernt<p>Die ukrainische Offensive zur „Rückeroberung der Krim“ läuft
länger als vier Monate und kommt nicht vom Fleck. Die Berichte hiesiger Medien
werden langsam nüchterner. Gabor Steingart nennt „unbequeme Putin-Wahrheiten,
die der Westen nicht länger ignorieren sollte“. Fazit: „Der Westen hat den
Kriegsherrn Putin ökonomisch nicht entscheidend geschwächt, international nicht
isoliert und militärisch nicht besiegt“ (focus.de 1.10.2023). Paul Ronzheimer,
Eigenbezeichnung „Bild-Vize“, klagt über Kriegsmüdigkeit und „bröckelnde
Unterstützung“ aus EU und USA, während die Lage für die Ukraine „derzeit nicht
weniger bedrohlich, sondern noch bedrohlicher geworden“ sei (bild.de 3.10.2023).<span></span></p><a name='more'></a><p></p><p class="MsoNormal"><o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Steingart sieht die „Stunde der Diplomaten“ gekommen. Ronzheimer
gehört zu den Kriegstreibern, die durch mehr und größere Waffenlieferungen den
Glauben an militärischen Sieg wiederbeleben und den Krieg am Laufen halten
wollen. So oder so: Der Westen hat weder die Diplomaten, nach denen Steingart
ruft, noch die Kapazitäten für Waffenproduktion, die nötig wären, um die Erschöpfung
und Erosion der ukrainischen Armee aufzuhalten. Auskunft über Waffenbestände gab
zuletzt Rob Bauer, der Vorsitzende des Militärausschusses der NATO: „Der Boden
des Fasses ist jetzt sichtbar.“ Kriegsminister der einzelnen NATO-Länder verweisen
seit Wochen darauf.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Diplomatie basiert auf gegenseitiger Berücksichtigung von
Interessen. Die Neocons eroberten als Ideologen des globalen Führungsanspruchs
der USA nach dem Sieg im Kalten Krieg die Schalthebel der US-Außenpolitik. Die
Kräfteverhältnisse des „unipolaren Moments“ animierten zur ungehinderten
Machtentfaltung des US-Imperiums, nicht zur Berücksichtigung fremder
Interessen. Im Zuge von EU- und NATO-Osterweiterungsrunden profitierte davon gerade
auch die deutsche Bourgeoisie. Diplomatie gewöhnten sich die Oberen in USA, EU und
NATO in dieser Phase ab. Chinas Aufstieg machte sie relativ schwächer. Es wird aber
viel Zeit und eine Reihe Niederlagen kosten, bis sie wieder Diplomatie lernen.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Der ukrainischen Armee fehlen Waffen. Sie verlor mehrere
Hunderttausend Soldaten. Erfolgsmangel, hohe Verluste, kaum ausgebildete
Zwangsrekrutierte, ein Durchschnittsalter über 40, Korruption der Vorgesetzten
drücken auf die Moral. Die Zahl der Überläufer wächst. Es sind nicht mehr nur
einzelne, sondern ganze Gruppen. David Ignatius, Korrespondent der Washington
Post, prominenter Neocon und mit US-Geheimdiensten gut vernetzt, sieht die
Ukraine vor der „schweren Wahl“, weiterzukämpfen „as long as it takes“ und für
einen voraussichtlich unerreichbaren Sieg auszubluten oder einen Weg zu suchen,
den Konflikt einzufrieren, mit Sicherheitsgarantien der USA (WP 5.12.2023).<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Das „Einfrieren“ ist die von der Biden-Administration
favorisierte Lösung. Das Team Biden will vor der Präsidentenwahl 2024 kein
„zweites Afghanistan“. USA, NATO und EU locken die Westukraine mit
„Sicherheitsgarantien“ im Übergang bis zur NATO-Aufnahme (= „deutsche“ oder
„koreanische“ Lösung). Der Haken: Selenskyj, Geheimdienstchef Budanow und die banderistische
Führungsschicht der Ukraine lehnen ein „Einfrieren“ des Frontverlaufs kategorisch
ab. Selenskyjs „Peace Formula“ sieht Russlands Kapitulation und Abzug hinter
die Grenzen von 1991 faktisch als Voraussetzung für Friedensverhandlungen.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Über das „Einfrieren“ wird ohne Russland diskutiert. Der
Westen weiß, dass Russland die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine ablehnt. Er will
sie, wie bisher, einseitig durchsetzen. Der NATO ging es immer primär um die
eigene Ostexpansion, nicht um die Ukraine. Russland wiederum wird sich auf kein
„Einfrieren“ einlassen, ist aber bereit, über „substanzielle Vorschläge“ zur
Beendigung des Kriegs und zur Friedensarchitektur in Europa zu verhandeln, die
die Sicherheitsinteressen aller Beteiligten berücksichtigen.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal"><i>Die Kolumne von Beate Landefeld erschien zuerst in der UZ vom 13. Oktober 2023<o:p></o:p></i></p>Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5411809657277583455.post-13679565533484932542023-09-08T20:17:00.002+01:002023-10-13T20:24:45.876+01:00Unipolar, bipolar oder multipolar? BRICS gegen Sanktionen und Blöcke.<p> In der „Nationalen Sicherheitsstrategie“, über die die BRD
neuerdings verfügt, steht: „Wir leben in einem Zeitalter wachsender
Multipolarität und zunehmender systemischer Rivalität“. ZEIT-Autor Jörg Lau
kritisiert: „Die ‚multipolare Weltordnung‘ ist ein antiwestliches Projekt –
gegen universale Werte und das internationale Recht. Sie kann kein Ziel
deutscher Außenpolitik sein. Ein Begriff, der unseren Werten und Interessen zuwiderläuft,
hat in der Nationalen Sicherheitsstrategie keinen Platz“ (Internationale
Politik 28.8.2023). Politikwissenschaftler Thomas Jäger meint im „Focus“: „Bundeskanzler
Scholz weiß nicht, was ‚multipolare Ordnung‘ bedeutet“ (4.7.2023). Der
Machtvorsprung der USA und Chinas sei für eine multipolare Welt zu groß. Es
entstehe Bipolarität.<span></span></p><a name='more'></a><p></p><p class="MsoNormal"><o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Neocon Robert Kagan erklärte 2008 den Konflikt zwischen
„liberaler Demokratie und Autokratie“ zum dauerhaftesten Konflikt seit der
Aufklärung. Ausgehend von Fukuyamas These, die „liberale Demokratie“ sei das
„Ende der Geschichte“, verpassen Neocons allem, was von der „liberalen
Demokratie“ abweicht, darunter dem Sozialismus und Kommunismus, das
„Autokratie“-Label. Die USA als „älteste liberale Demokratie“ gilt ihnen per se
als Fortschrittsträger, ihre Gegner als regressiv. Zur Demokratiekonferenz 2022
lud Biden die US-hörige Regierung Polens, nicht aber Ungarn ein. Die EU sieht bei
beiden Demokratiedefizite.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Die Neocons trommeln zur Sammlung vorgeblicher „Demokratien“,
um die US-Suprematie zu verteidigen oder zumindest den Aufstieg ihrer
Herausforderer zu verzögern. Als im Gefolge der Krise 2008ff. Chinas BIP nach
Kaufkraftparität das US-BIP überholte, war der „unipolare Moment“ vorbei. Die
USA wechselten gegenüber Russland und China von der Integrationsstrategie zur
Eindämmungs- und Rollbackpolitik. Die bipolare Sicht auf die Welt erleichtert die
Blockbildung des „Guten“ gegen das „Böse“. Theoretiker des Transatlantismus im hiesigen
Herrschaftsgebälk drängen die deutsche Regierung, sich ohne Hintertürchen dem
US-geführten Block im 2. Kalten Krieg unterzuordnen.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">So schreibt Jäger mit Blick auf Scholz: „Wer meint, dass die
Globalisierung weitergeht, der wird das Geschäft mit China nur ein wenig
eindämmen wollen. Anders würde jemand entscheiden, der analysiert hat, dass die
Globalisierung stockt und sich intensivere regionale Wirtschaftsräume
ausbilden.“ Für teilweises „reshoring“ gibt es sinnvolle Gründe wie mehr Diversifizierung
und Binnenorientierung. Jäger verschweigt aber, dass primär westlicher
Protektionismus und Eindämmungspolitik heute die internationale
Vergesellschaftung der Produktion (= Globalisierung) bremsen, ohne sie als
objektive Tendenz der Produktivkraftentwicklung aufzuheben. Sie setzte sich
nach 2008 langsamer fort und bleibt für den ökonomischen Aufstieg neuer Länder wichtig.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Laut World Investment Report sanken die ausländischen
Direktinvestitionen 2022 um 12 Prozent. Das traf mit minus 37 Prozent hauptsächlich
die entwickelten Länder (vor allem die EU), während die Zuflüsse in Entwicklungsländer
um 4 Prozent leicht zulegten. Die 5 größten Empfängerländer waren USA, China,
Singapur, Hongkong, Brasilien, die 5 größten Abflussländer USA, Japan, China,
BRD und UK. Den US- und EU-Sanktionen gegen Russland folgten die meisten Länder
nicht. Der 15. BRICS Gipfel nennt unilaterale Zwangsmaßnahmen „inkompatibel mit
der UN-Charta“. Die BRICS wollen ein gerechteres, repräsentativeres und
demokratischeres internationales und multilaterales System voranbringen, indem
sie vielfältige Formen der Kooperation entwickeln. Zugleich drängen sie auf die
Reform der heutigen „global governance“. Sie wollen Indien, Brasilien und
Südafrika im UN-Sicherheitsrat sehen. Die Afrikanische Union soll Mitglied der
G20 werden. Vom US-dominierten Finanzsystem will man sich unabhängiger machen.<o:p></o:p></p>
<i><span style="font-family: "Arial",sans-serif; font-size: 12.0pt; mso-ansi-language: DE; mso-bidi-language: AR-SA; mso-fareast-font-family: Calibri; mso-fareast-language: EN-US; mso-fareast-theme-font: minor-latin;">Die Kolumne von Beate Landefeld erschien zuerst in Unsere Zeit vom 8.9.2023</span></i>Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5411809657277583455.post-71524770856056486742023-08-12T15:14:00.001+01:002023-08-19T15:44:47.408+01:00Droht ein neokolonialer Angriffskrieg gegen Niger?<p>Während des Russland-Afrika Gipfels in St. Petersburg setzten
Militärs in Niger den 2021 gewählten Präsidenten Bazoum ab. Zur Begründung verwiesen
sie auf die schlechte Sicherheitslage des von islamistischen Gruppen
attackierten Landes und „wirtschaftliche und soziale Inkompetenz“ der
Regierung. Anschließend strömten Tausende auf die Straßen Niameys und anderer
Städte, um die Militärregierung zu unterstützen. Plakate „Nieder mit
Frankreich“, auch russische Fahnen, wurden geschwenkt. Am 63. Jahrestag der
Unabhängigkeit mobilisierte das zivilgesellschaftliche Bündnis M62, das 2022
gegen Benzinpreiserhöhungen und die französische Militärpräsenz gebildet wurde,
erneut Zehntausende zur Demonstration gegen neokoloniale Ausbeutung und für die
Souveränität Nigers.<span></span></p><a name='more'></a><p></p><p class="MsoNormal"><o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Nigers jüngste Entwicklung folgt einem Muster, wie es seit
2020 auch in Mali, Guinea und Burkina Faso zu sehen war. Die Völker der früheren
Kolonie Französisch Westafrika erlangten politische Unabhängigkeit im Tausch
gegen ökonomische Knebelverträge mit der Kolonialmacht, die eine eigenständige
ökonomische Entwicklung behinderten. Frankreich und der Westen werden darüber
hinaus verdächtigt, islamistische Terrorgruppen nicht wirklich zu bekämpfen, um
einen Vorwand zu behalten, mit Militär im Lande zu bleiben. In den
Bevölkerungen wachsen antifranzösische und antiwestliche Stimmungen: zum einen,
weil die Sicherheitslage sich nicht verbessert; zum anderen, weil die ökonomisch-soziale
Entwicklung der Länder nicht ihren objektiven Möglichkeiten entspricht.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">„Meine Generation versteht nicht, warum das ressourcenreiche
Afrika die ärmste Region der Welt bleibt,“ formulierte Burkina Fasos junger
Staatschef Ibrahim Traore auf dem Russland-Afrika Gipfel. In den Fußstapfen
Thomas Sankaras, verbündet mit Kuba, Russland, Venezuela und Nicaragua, strebt
er nach Überwindung neokolonialer Abhängigkeit und Armut. Gleiches gilt für
Malis Staatschef Assimi Goita. Als Alternative zur westlichen Militärpräsenz heuerten
die Zentralafrikanische Republik und Mali russische Wagner-Söldner an. Französische
Armee und Bundeswehr zogen sich aus Mali nach Niger zurück.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">1000 US-Soldaten, 1500 französische, 100 Bundeswehrsoldaten
sind in Niger. Merkel vereinbarte mit Nigers Regierung, sie solle Migranten am
Durchzug nach Europa hindern. Vor allem Frankreich, das eine Menge Uran für
seine 54 AKWs aus Niger bezieht, sieht seine Interessen durch den Umsturz bedroht.
Die Militärregierung forderte Frankreich zum Abzug
seiner Truppen auf. Macron denkt nicht an Abzug. Die Regierung sei schließlich illegitim.
USA, Frankreich und EU verhängten umgehend Sanktionen gegen das drittärmste
Land der Welt. Sie stellten sich hinter ein Ultimatum der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS, die den Militärs Gewalt androht, sollten sie Bazoum und
seine Regierung nicht wieder ins Amt setzen. <o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Für große US- und EU-Medien ist das Ganze „ein schwerer
Rückschlag für die Demokratie“ (Tagesanzeiger 28.7.2023), die die
„zivilisierten“ Mächte den Afrikanern beibringen wollen. Dagegen sehen viele
afrikanische Blogger die Eliten in den nach dem Vorbild der Kolonialmächte
aufgebauten parlamentarischen Apparaten als hochgradig anfällig für Druck und
Bestechung an. Von fortschrittlichen Militärs erhoffen sie, dass sie weniger
leicht durch Konzerne und reiche Länder kontrollierbar sind. Erfahrungen mit
Armut, Kolonialismus, Rassismus, Diskriminierung machen sie weniger naiv als
hiesige Mittelschichtangehörige.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Die Gefahr eines Angriffskriegs der ECOWAS (unterstützt vom
Westen) gegen Niger (unterstützt von Mali, Guinea, Burkina Faso und Wagner) ist
nicht vom Tisch. Er könnte sich ausweiten und verheerende Folgen haben. Die internationalen
Kräfteverhältnisse sind heute aber so, dass die Bewegung gegen Neokolonialismus
in Afrika nicht mehr aufzuhalten ist.<o:p></o:p></p>
<i><span face=""Arial",sans-serif" style="font-size: 12pt; mso-ansi-language: DE; mso-bidi-language: AR-SA; mso-fareast-font-family: Calibri; mso-fareast-language: EN-US; mso-fareast-theme-font: minor-latin;">Beate Landefeld. Die Kolumne erschien zuerst in <a href="https://www.unsere-zeit.de/niger-folgt-mali-und-burkina-faso-4782713/" target="_blank">unsere zeit vom 11.8.2023</a></span></i>Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5411809657277583455.post-34319960681331521262023-07-31T16:52:00.003+01:002023-07-31T16:52:30.515+01:00NATO-Gipfel in Vilnius. Zeit der Enttäuschungen.<p class="MsoNormal" style="margin-bottom: 6.0pt; margin-left: 17.85pt; margin-right: 0cm; margin-top: 6.0pt; text-indent: 0cm;">Der Gipfel in Vilnius werde „die
Erwartungen unserer Gesellschaft enttäuschen,“ erklärte Kirill Budanow, ukrainischer
Geheimdienstchef im Interview mit <i>The Times</i>. Enttäuschung auch an der
Front. Hatten die NATO-Staaten von der mehrmals verschobenen ukrainischen
Offensive schon keinen Sieg mehr erwartet, so doch die Verbesserung der „Verhandlungsposition
der Ukraine“. Das steht in Anführungszeichen, weil es keine Verhandlungen gibt.
Ein Gespräch Lawrows mit Vertretern des US-Council on Foreign Relations in New
York am Rande der UN-Sicherheitsratssitzung im April deklarierten Washington und
Moskau im Juli als „Nicht-Verhandlung“. Initiiert hatte es jener Flügel des US-Establishments,
der das Ukraine-Engagement kritisiert, da es auf Kosten von US-Interessen in
anderen Teilen der Welt und von Ressourcen für die Auseinandersetzung mit China
gehe.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal" style="margin-bottom: 6.0pt; margin-left: 17.85pt; margin-right: 0cm; margin-top: 6.0pt; text-indent: 0cm;">An der Front war der Wunsch einer besseren
Verhandlungsposition nach fünf Wochen Offensive mangels Geländegewinn obsolet.
Schuld ist der Westen, der die Ukraine nicht mit der nötigen Munition versorgt
habe, sagen Selenskyj und die Falken der NATO-Länder. Noch verdrängen sie die
objektive Realität, dass die Waffenlager der NATO sich leeren und die Ukraine
die Waffen schneller verbraucht als die NATO sie produzieren kann. Selenskyj
will vielmehr wissen, dass noch nicht ausgehobene Schätze in den Waffenarsenalen
des Westens schlummern. Er will einen Teil davon! Zudem solle der NATO-Gipfel
die Moral anheben, indem er einen klaren Fahrplan für den NATO-Beitritt der
Ukraine beschließt.<span></span></p><a name='more'></a><o:p></o:p><p></p>
<p class="MsoNormal" style="margin-bottom: 6.0pt; margin-left: 17.85pt; margin-right: 0cm; margin-top: 6.0pt; text-indent: 0cm;">Biden, Scholz, Stoltenberg lehnten schon ab.
„Dann wären wir alle im Krieg mit Russland“, sagte Biden. Angela Merkel meinte
schon 2008, als George W. Bush beim NATO-Gipfel in Budapest die Aufnahme
Georgiens und der Ukraine vorschlug, Putin werde das als Kriegserklärung
interpretieren. Namhafte Politologen der USA wie Mearsheimer warnten über
Jahrzehnte vor der Brüskierung der Sicherheitsinteressen Russlands. Sie werde irgendwann
Krieg provozieren. Ende 2021 machte die RF eigene Vorschläge zur europäischen
Sicherheitsarchitektur. Ernste Verhandlungen darüber hätten den Krieg vermeiden
können. Ende März 2022 sah das Istanbul-Abkommen von RF und Ukraine
militärische Neutralität der Ukraine vor. Der Westen brachte es zu Fall.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal" style="margin-bottom: 6.0pt; margin-left: 17.85pt; margin-right: 0cm; margin-top: 6.0pt; text-indent: 0cm;">Als Alternative bot Boris Johnson
Selenskyj Waffenlieferungen für die Rückeroberung abtrünniger Gebiete. Selenskyj
beharrt jetzt auf der Erfüllung des Pakts mittels mehr Waffen und mehr direktem
Eingreifen von NATO-Staaten. Eine Idee ist eine Truppen stellende „Koalition der
Willigen“. Auch die Androhung eines angeblich „russischen Anschlags“ auf das
AKW ZNPP soll das Eingreifen mitbetroffener NATO-Staaten bewirken. Polen und
baltische Länder wollen die Ukraine zwar in der NATO haben, eine „Koalition der
Freiwilligen“ aber nicht stellen. Der US-Republikaner Mike Pence machte beim
Besuch in Kiew deutlich, selbst die Explosion des ZNPP werde kein Eingreifen
der NATO bewirken.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal" style="margin-bottom: 6.0pt; margin-left: 17.85pt; margin-right: 0cm; margin-top: 6.0pt; text-indent: 0cm;">Offiziell werden die NATO-Mächte in
Vilnius erneut die Unterstützung der Ukraine „as long as it takes“ (solange wie
nötig) beschwören. Dass die Waffen- und Munitionslager der NATO sich leeren,
während die Friedhöfe der Ukraine sich ausdehnen, können auch sie nicht mehr
lange verdrängen. Zur Begründung der Lieferung von Cluster-Bomben gab Biden zu,
dass normale Artilleriemunition zur Neige gehe. Im britischen <i>The Guardian</i>
befürchtet Simon Tisdall: „Bringt die laufende Konteroffensive keinen
Durchbruch, gehen die Waffen aus, kommt eine neue Energiekrise im Winter und lässt
die öffentliche Unterstützung im Westen weiter nach, besteht das Risiko, dass
Selenskyj zu Verhandlungen gezwungen wird – sogar zum Tausch von Land für
Frieden“ (8.7.2023). Warum nicht gleich verhandeln? Durch die Cluster-Bomben
wird es nicht besser werden.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal" style="margin-bottom: 6.0pt; margin-left: 17.85pt; margin-right: 0cm; margin-top: 6.0pt; text-indent: 0cm;"><i>Beate Landefeld </i></p><p class="MsoNormal" style="margin-bottom: 6.0pt; margin-left: 17.85pt; margin-right: 0cm; margin-top: 6.0pt; text-indent: 0cm;"><i>Die Kolumne erschien zuerst in Unsere Zeit vom 14. Juli 2023<o:p></o:p></i></p>Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5411809657277583455.post-91973896500495576382023-07-31T16:44:00.003+01:002023-07-31T16:44:34.195+01:00Kosovo hui, Krim pfui? Die Logik der EU- und NATO-Ostexpansion<p> <span style="text-indent: 0cm;">Unruhen im Norden des Kosovo wecken die
Erinnerung an den Jugoslawienkrieg. Nach der NATO-Aggression mit monatelangen
Bombardements beschloss der UN-Sicherheitsrat im Juni 1999 die Resolution 1244
zum Status und zu einer Interimsverwaltung im Kosovo. Die jugoslawischen
Truppen zogen ab. Eine „internationale Sicherheitspräsenz“ und eine
„internationale zivile Präsenz“ sollten das Schweigen der Waffen garantieren, die
albanischen bewaffneten Kräfte demilitarisieren und zur „substanziellen Selbstverwaltung
für das Kosovo“ bei Achtung der „Souveränität und territorialen Unversehrtheit
der Bundesrepublik Jugoslawien“ überleiten. Hauptträger der
„Sicherheitspräsenz“ sind NATO-Truppen (KFOR). Die „zivile Präsenz“ stellen UN,
EU und OSZE. </span></p><p><span style="text-indent: 0cm;">Ethnische Vertreibungen von Serben und
anderen Minoritäten gingen unter dem NATO/EU-Protektorat aber weiter. Vor allem
2004 wurden serbische Häuser und Kulturstätten in Brand gesetzt. Pogrome bewirkten
die ethnische Homogenisierung ganzer Städte und Dörfer. „Weder verhinderten die
drei kosten- und personalintensiven Missionen diese Verbrechen, noch wurden
diese nachträglich geahndet“, schreibt Wikipedia. Die verbliebenen Serben
konzentrieren sich heute in Gemeinden nördlich der Stadt Mitrovica. Bei den wiederkehrenden
Konflikten zwischen ihnen und der Regierung in Pristina geht es um den Status
des Kosovo und um die Rechte der Serben. Ihnen werden Selbstverwaltungsrechte
in einem Gemeindeverbund bisher verweigert, da Pristina dahinter Separatismus
wittert. <span></span></span></p><a name='more'></a><p></p><p><span style="text-indent: 0cm;">2008 erklärte sich Kosovo einseitig für
unabhängig, als letzter aus der Zerschlagung Jugoslawiens hervorgegangener
Teilstaat. Die deutsche Regierung, die zuvor schon die Sezessionen der anderen ehemaligen
Teilstaaten ermuntert hatte, erkannte Kosovos Unabhängigkeit an. Die Aussagen
der UN-Resolution 1244 zur territorialen Unversehrtheit Jugoslawiens interpretierte
Berlin nunmehr als „rein deklamatorisch“. Dass alle BRD-Regierungen die
Sezession des Kosovo fördern, während sie die Sezession der Krim sanktionieren,
hat seine Logik. In beiden Fällen geht es nicht um Selbstbestimmung oder
Menschenrechte, sondern um die Ostexpansion von EU und NATO. Die Zerstückelung
Jugoslawiens war dafür förderlich, die Sezession der Krim eine Beschränkung. </span></p><p><span style="text-indent: 0cm;">Gut die Hälfte der UN-Mitglieder hat
Kosovo anerkannt. Serbien, China, Russland, Indien, auch fünf EU-Staaten verweigern
die Anerkennung. Serbien und Kosovo wollen in die EU. EU-Kommission, Berliner
Ampelregierung und Macron wollen ihrerseits den Beitritt der Westbalkanländer
beschleunigen, nicht zuletzt angesichts neuer, im Ukrainekrieg offengelegter
internationaler Kräfteverhältnisse. Die Tendenz, die Probleme auf dem
Westbalkan mehr oder minder auszusitzen, sei „ins Wanken gekommen, weil die
westlichen Akteure zunehmend besorgt waren über die Einflussnahme Russlands
aber auch Chinas und der Türkei“, so Osteuropaforscher Conrad Clewing gegenüber
dem ZDF (zdf.de 21.10.2022). </span></p><p><span style="text-indent: 0cm;">Serbien gilt den EU-Oberen als störrisch.
Es beteiligt sich nicht an Sanktionen gegen Moskau, ist Mitglied der Belt &
Road-Initiative und mit Russland und China ökonomisch und/oder kulturell stark verbunden.
Beim Besuch in Belgrad drängte Scholz Serbiens Präsidenten Vucic zu einer
Abkehr vom bisher engen Verhältnis zu Russland: „Wer Mitglied der Europäischen
Union werden will, muss das gesamte Regime, das damit verbunden ist, für sich
akzeptieren." Das betreffe auch die Sanktionen gegen Russland. Doch
Russland und China verteidigen die territoriale Integrität Serbiens, einen
Wert, mit dem Scholz Waffenlieferungen an Selenskyj begründet. Die Ukraine erkennt
übrigens Kosovo bisher nicht an. </span></p><p><span style="text-indent: 0cm;">EU- und NATO-Ostexpansion schaffen keine „europäische
Friedensordnung“. Europa braucht friedliche Koexistenz und Kooperation mit Russland
und China.</span></p><p class="MsoNormal" style="margin-bottom: 6.0pt; margin-left: 17.85pt; margin-right: 0cm; margin-top: 6.0pt; text-indent: 0cm;"><o:p></o:p></p>
<i><span style="font-family: "Arial",sans-serif; font-size: 12.0pt; mso-ansi-language: DE; mso-bidi-language: AR-SA; mso-fareast-font-family: Calibri; mso-fareast-language: EN-US; mso-fareast-theme-font: minor-latin;">Die Kolumne von Beate Landefeld erschien zuerst in Unsere Zeit vom 9. Juni 2023.</span></i>Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5411809657277583455.post-91561750673742042892023-05-20T13:26:00.001+01:002023-06-05T13:31:00.344+01:00Ukrainische Offensive. Eine „immense Wette“.<p> „Die Ukraine ist ungenügend vorbereitet auf ihre große
Offensive, aber sie hat keine Wahl,“ schreibt Mark Galeotti in der Londoner Times
(30.4.). Präsident Selenskij habe den Westen geschickt gemanagt, aber in
Washington erwarte man nun einen „Return“ (Rückfluss) aus der Investition. Die
Erfolgsaussichten sieht Galeotti nüchtern. Mehr als „bescheidene
Gebietsgewinne“ werde die Offensive nicht erzielen. Russland sei vorbereitet. Galeottis
Anflug von Realismus steht nicht allein. „Biden’s Team fürchtet die
Nachwirkungen einer verfehlten ukrainischen Gegenoffensive“, verrät ein Titel
in Politico. Eine Headline der New York Times nennt die Offensive eine „immense
Wette“ auf den künftigen Kriegsverlauf (beides 24.4.).</p><p class="MsoNormal"><o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Gelände gewann die ukrainische Armee zuletzt im Herbst 2022 in
Kharkov und Kherson. Der Anschlag auf die Krimbrücke am 8.10.2022 steigerte den
Siegestaumel. Schon da war von der „Gegenoffensive“ zur Rückeroberung der Krim die
Rede. Auf russischer Seite kündigte General Surowikin damals einen
Abnutzungskrieg an. Er zielt nicht primär auf Geländegewinne, sondern auf die
Erschöpfung des Gegners. Die Streitkräfte der RF hielten danach nicht nur die Stellungen,
sondern rückten langsam gen Westen vor, nahmen weitere Orte im Donbas sowie die
Stadt Soledar ein und stehen nun vor der Einnahme des lange umkämpften Bahmut.<span></span></p><a name='more'></a><o:p></o:p><p></p>
<p class="MsoNormal">Im Abnutzungskrieg arbeitet die Zeit für die Seite mit den größeren
Ressourcen und den geringeren Verlusten. Das ist in diesem Krieg Russland. NATO-Medien
bezeichnen die Lage nach dem Herbst 2022 als „Pattsituation“, ein Euphemismus,
der suggerieren soll, es ändere sich nichts. Real ist die ukrainische Armee
heute viel schwächer als zu Kriegsbeginn. Sie muss große Verluste durch ständige
Rekrutierungen, zunehmend auch sehr junger und alter Männer, ausgleichen.
Ausrüstung mit teils veralteten Waffen wird in aller Welt zusammengekratzt. Für
adäquates Training fehlt die Zeit. Viele Soldaten beklagen Versorgungsmängel
und Korruption.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Über den Zustand der russischen Streitkräfte sagt NATO- und
EUCOM-Kommandeur General Cavoli, sie seien „in großen Teilen vom Ukrainekrieg
nicht berührt“. Die Bodentruppen seien trotz großer Verluste und verminderter
Lagerbestände weiter fähig, sich zu regenerieren. Richard Haass und Charles
Kupchan vom Council on Foreign Relations schreiben in Foreign Affairs: „Selbst,
wenn der Westen die militärische Hilfe hochfährt, läuft die Ukraine Gefahr,
hinter siegende russische Kräfte zurückzufallen. Soldaten und Munition gehen
ihr aus, ihre Ökonomie erodiert. Die Russen haben sich eingegraben und frische
Rekruten machen sich auf den Weg zur Front.“ (13.4.)<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Haass und Kupchan fragen, was nach der „Gegenoffensive“
kommen soll. Sie fordern einen Plan B, der den USA ermöglicht, das
Ukraineproblem hinter sich zu lassen. Gewiss seien russische Zugewinne zu
minimieren. Aggression dürfe sich nicht auszahlen. Doch das sei gegen andere
Prioritäten abzuwägen. „Die Realität ist, dass dauerhafte großangelegte Hilfe
für Kiew umfassendere strategische Risiken mit sich bringt. Der Krieg erschöpft
die Verteidigungsbereitschaft des Westens und seine Lagerbestände an Waffen;
die industrielle Basis der Verteidigung kann mit dem Verbrauch der Ukraine an
Rüstung und Munition nicht mithalten.“<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Haass und Kupchan fürchten, die USA könnten die
Herausforderung China und andere Weltregionen vernachlässigen, wenn sie sich in
der Ukraine verzetteln. Sie sehen destabilisierende Folgen für die globale
Ökonomie und Politik. „Vom Ukrainekrieg strahlt Unordnung nach draußen aus.“ Stimmen
des Realismus könnten in den USA weiter an Gewicht gewinnen, da mit Robert F. Kennedy
Jr ein rational argumentierender Gegner der Neocons und des Ukrainekriegs zur
Präsidentschaftswahl 2024 antritt. Der Druck auf Biden, das Thema loszuwerden,
wächst.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal"><i>Die Kolumne von Beate Landefeld erschien zuerst in Unsere Zeit vom 12. Mai 2023<o:p></o:p></i></p>Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5411809657277583455.post-59964923829131083292023-04-11T13:54:00.001+01:002023-04-25T14:00:43.304+01:00Reisen nach Peking. Im Westen fehlt die Lösungskompetenz<p> Eigentlich wollte Macron schon im November 2022 Scholz nach
China begleiten. Scholz und seine Wirtschaftsdelegation traten die laut
Tagesschau „umstrittene Reise“ aber lieber ohne Macron an. Am 20. März, drei
Tage nach dem Haftbefehl des primär von EU und Japan finanzierten ICC gegen
Putin, besuchte Xi Yinping den „alten Freund“ in Moskau. Danach machten sich innerhalb
von 14 Tagen drei Spitzenpolitiker Westeuropas nach Peking auf: Spaniens Pedro
Sanchez, Frankreichs Manuel Macron und EU-Chefin Ursula von der Leyen.<span></span></p><a name='more'></a><p></p><p class="MsoNormal"><o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Sanchez gab an, eine mögliche Vermittlerrolle Chinas im
Ukrainekrieg ausloten zu wollen. Macron kam mit großer Wirtschaftsdelegation. Konzernchefs
unterzeichneten vorbereitete Verträge. Er und von der Leyen besprachen künftige
Handels- und Investitionsaussichten vor dem Hintergrund, dass die USA auf die
„Entkopplung“ von der chinesischen Wirtschaft drängen. Als strebsame Schülerin
der US-Politik und Aspirantin auf den Posten der künftigen
NATO-Generalsekretärin fordert von der Leyen zwar nicht „decoupling“, aber
„derisking“. Das lässt Raum für die Wünsche der USA, aber auch für die des
Bundeverbands der deutschen Industrie.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Der BDI will diversifizieren, nicht entkoppeln. Den USA kommt
die EU-Spitze entgegen, indem sie künftig nicht nur chinesische Investitionen
in der EU, sondern auch europäische Investitionen in China beschränken will. Das
solle verhindern, dass „EU-Know-how“ verwendet werde, um „die militärischen und
nachrichtendienstlichen Fähigkeiten derjenigen zu stärken, die für uns auch
systemische Rivalen sind“, so von der Leyen. Nach dem kolonialen Motto: „ohne
unser Know-how können die nichts“ bildet man sich ein, Chinas Entwicklung zur
Hightech-Macht durch das Vorenthalten im Westen verfügbarer Technologien
verlangsamen oder verhindern zu können.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Die drei EU-Größen bedrängten Xi, Russland „zur Vernunft zu
bringen“, wie Macron es ausdrückte. Glauben sie, für China sei es attraktiv,
Russland zu schwächen, damit der Westen potenter wird, China anzugreifen? Eher ging
es wohl darum, Warnungen des US-Hegemons zu übermitteln. Biden, mit dem Macron
vor der Reise telefonierte, versucht seit dem Ballonabschuss vergeblich, mit Xi
zu telefonieren. Auch Selenskyj wartet auf Xis Anruf. Alle wollen, mal mit
Drohungen, mal mit Höflichkeiten, dass China von Russland abrückt. US-Offizielle
fürchten, der globale Süden könnte Chinas 12-Punkte-Plan zur Lösung der
Ukrainekrise aufgreifen.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Von den 12 Punkten interessiert den Westen nur der erste:
die Achtung der Souveränität und territorialen Integrität. Beim zweiten Punkt kriegen
sie schon kalte Füße: „Die Sicherheit eines Landes sollte nicht auf Kosten der
Sicherheit anderer Länder verfolgt werden. Die Sicherheit einer Region sollte
nicht durch die Stärkung oder Expansion militärischer Blöcke erzielt werden.“ Der
Rosinenpickerei entgegnen die Chinesen: Das Ukraineproblem ist komplex. Das gilt
auch für seine Lösung.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Westliche Propagandaapparate zeichneten den Ukrainekrieg immer
unterkomplex. Abweichlern warf man „Whataboutism“ vor. Darin spiegelt sich,
dass der Westen objektiv Teil des Problems ist. Es fehlt ihm an Lösungskompetenz.
Die Ostexpansion der NATO ging mit der der EU einher. Der US-Imperialismus wollte
die Isolierung Russlands, der deutsche Imperialismus die Realisierung eines
europäischen Wirtschaftsgroßraums. Die Ostexpansion war und ist keine
„Friedensordnung.“ Sie ging mit Regime-Change-Versuchen und Kriegen einher, von
Jugoslawien bis Ukraine.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Der 12-Punkte-Plan bietet Leitplanken für das Ringen um eine
nachhaltige Lösung: Statt Blockkonfrontation, Koexistenz und Kooperation, statt
Kriege, Verhandlungen, Abrüstung statt Aufrüstung. Nur so lässt sich eine hochgradig
international vergesellschaftete Produktion aufrechterhalten und können globale
Probleme gelöst werden.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal"><i>Kolumne von Beate Landefeld, erschien zuerst in Unsere Zeit vom 11.4.2023<o:p></o:p></i></p>Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5411809657277583455.post-32307104994745111492023-03-10T11:19:00.001+00:002023-03-16T11:24:30.768+00:00Hart aber schwer zu glauben - Gräuelpropaganda gegen Waffenruhe <p> Am 25.2.2023 war in Berlin eine große, von Alice Schwarzer
und Sahra Wagenknecht initiierte Demonstration für Waffenstillstand statt
Waffenlieferungen in die Ukraine. „Hart aber fair“ wollte das am 27.2.2023 diskutieren.
Hunderttausende, die auf der Kundgebung waren oder die Übertragung verfolgten, hoffen,
eine breit getragene Friedensbewegung könne erneut entstehen. Der Zweck der Sendung
von „Hart aber fair“ war, solche Hoffnungen und die Initiatorinnen in
Misskredit zu bringen.</p><p class="MsoNormal"><o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Nach geltendem Framing sind Proteste gegen den Regierungskurs
als „rechtsoffen“ darzustellen. Moderator Klamroth persönlich suchte auf der
Demo am 25.2.2023 nach Rechten. Er fand scharfe Kritiker der Medien und „Menschen,
die einfach Frieden wollen“. In der Sendung versuchte er vergebens, der vorgeladenen
Sahra Wagenknecht den Begriff „Lügenpresse“ zu entlocken, der von rechts
gekapert wurde. Laut Wilhelm Piecks Tagebuchnotizen prangerten die bewaffneten
Berliner Arbeiter, die im Januar 1919 das Berliner Zeitungsviertel besetzten, die
Pogromhetze bürgerlicher Blätter gegen Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht als
„Lügenpresse“ an.<span></span></p><a name='more'></a><o:p></o:p><p></p>
<p class="MsoNormal">Als Co-Anklägerinnen gegen Wagenknecht hatte sich Klamroth Frau
Strack-Zimmermann vom Präsidium des Förderkreises Deutsches Heer und Frau
Göring-Eckardt von den Grünen zur Seite geholt. Beide breiteten gröbste Gräuelnarrative
der ukrainischen Staatspropaganda aus. Erkennbar war das Ziel, mittels
Schockwirkung und emotionalem Aufruhr Putin als Inbegriff des Bösen zu malen,
mit dem man nur verhandeln könne, wenn er kapituliere. Wieso der Bösewicht dennoch
so vernünftig und verantwortungsbewusst sein soll, in der Not auf den Atomwaffeneinsatz
zu verzichten, fragte keiner. Die emotionale Schockstrategie schaltet logisches
Denken aus.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Wenn hiesige Medien über Ukrainer und die Ukraine reden, geht
es fast immer um die Westukraine und um Selenskyjs Anhang. Nach Abzug der
Truppen Kiews aus Lyssytschansk sagte eine Frau: „Sie behandelten uns nicht als
Menschen, sondern als Schatten“. So verfährt auch Strack-Zimmermann. Sie spricht
über die Flüchtlingskrise und unterschlägt, dass laut UNHCR 2,85 Millionen Ukrainer
nach Russland flohen. Russland ist das Land mit dem höchsten Anteil an
Ukraine-Flüchtlingen, gefolgt von Polen mit 1,56 Millionen und der BRD mit 1
Million. <o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Wie wird die Menschenrechtslage in den seit 2014 von verfeindeten
Militärkräften kontrollierten Gebieten der Ukraine erfasst? Mitte 2022 wurde die
Menschenrechtsbeauftragte Denisowa entlassen. Sie hatte Vergewaltigungsvorwürfe
gegen Russen erfunden. Westmedien und UNO hatten ihre Lügen kritiklos übernommen.
Neonazi-Verbrechen, wie die Morde von Odessa 2014, wurden seitens Kiew nie
geahndet.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Göring-Eckardt verstieg sich zur Lüge, Russland wolle die
„ukrainische Kultur auslöschen“. Als ob nicht seit 2014 in von Kiew
kontrollierten Gebieten russische Denkmäler, von Puschkin bis Lenin, gestürzt
und russische Bücher, von Dostojewski bis zum Mathematikbuch, verbrannt worden
wären. Auf der Krim kann man Ukrainisch als Schulfach wählen, in der
Westukraine aber kein Russisch, obwohl 40 Prozent der Ukrainer im Alltag Russisch
sprechen. Russlandfreundliche Organisationen, Medien, Kulturschaffende werden seit
2014 unterdrückt und verfolgt.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Gibt es für Göring-Eckardt ukrainische Kultur ohne
Bandera-Kult? Fotos auf Twitter zeigen die Grüne in freudiger Umarmung mit Maksym
Marchenko, Ex-Kommandeur des von Neonazis geführten Aidar-Batallions. Auf
anderen Fotos posiert der von Klamroth zugeschaltete ukrainische Oberstleutnant
Osatschuk vor Bildern und Statuen Banderas. Bandera-Fans und Bandera-Verharmlosende
belehren die Friedensbewegung über „Rechtsoffenheit“? Bis zum 8. März unterschrieben
750000 das „Manifest“. Der nächste Schritt gegen die Kriegseskalation sind
starke Ostermärsche!<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal"><i>Die Kolumne von Beate Landefeld erschien zuerst in unsere zeit vom 10.3.2023<o:p></o:p></i></p>Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5411809657277583455.post-66904298478557493532023-02-10T15:16:00.001+00:002023-03-06T15:22:19.961+00:00In Treue fest – der deutsche Imperialismus steht zum US-Imperialismus<p> „Für Deutschland bedeutet <i>Erlösung + Sicherheit = Europa
+ Amerika</i>“. So Brzezinski 1997 in seinem Buch „The Great Chessboard“. „<i>Erlösung
= Europa</i>“ besagt: Als EU kann Deutschland Großmacht spielen, ohne aggressiv
zu erscheinen. „<i>Sicherheit = Amerika“</i> heißt: Militärmacht wird
Deutschland nur in und mit der NATO. Das mache Deutschland „zu Europas
Musterknaben und zum <b>stärkeren</b> Anhänger Amerikas in Europa“ [im
Vergleich zu Frankreich, BL]. Was Brzezinski beschrieb, ist das politische Psychogramm
der deutschen Monopolbourgeoisie. Die USA halfen ihr nach der Niederlage 1945
auf die Beine. Ihr Klasseninteresse steht über dem der Nation, wie schon Adenauers
Antwort auf Stalins Angebot eines ungeteilten neutralen Deutschland zeigte: „Lieber
das halbe Deutschland ganz als das ganze Deutschland halb.“</p><p class="MsoNormal"><o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Nach 2001 übernahmen in der US-Außenpolitik die Neocons die
Führung. Ihre Ideologie setzte sich in den großen Medien und Thinktanks durch. Sie
predigen Fukuyamas These von der „liberalen Demokratie“ als Ende der Geschichte.
Die USA werde als „einzigartige Macht“ ein „neues amerikanisches Jahrhundert“ anführen.
Die Neocons sind die Ideologen des „Global War on Terror“ und ungebremster NATO-Osterweiterung.
Sie befolgen Brzezinskis Rat, in Eurasien keine Macht entstehen zu lassen, die
die USA herausfordern kann. Dazu gehört, dauerhafte Kooperation von Deutschland
und Russland zu verhindern. Förderer der Neocons sind der US-Militär-Industrie-Komplex,
die Geheimdienste, große Internet- und Medienkonzerne.<span></span></p><a name='more'></a><o:p></o:p><p></p>
<p class="MsoNormal">Die von den Neocons geplante Neuordnung des Mittleren Ostens
scheiterte. Die „Anti-Terror-Kriege“ hinterließen in Irak, Syrien, Libyen,
Afghanistan Elend, Zerstörung und Chaos. In Europa profitierte vom Zerfall des Ostblocks
vor allem der deutsche Imperialismus. Mit der deutschen Einheit wurde er stärkste
Macht der EU. Im Zuge der EU-Erweiterung realisierte er sein altes Ziel des
europäischen Wirtschaftsgroßraums. EU- und NATO-Osterweiterung gingen Hand in
Hand. Sie verliefen keineswegs nur in friedlichen Formen, sondern gingen mit
Kriegen (Jugoslawien, Ukraine) und/oder blutigen Regime-Change-Versuchen einher
(Ukraine, Belarus).<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">In der NATO dominieren die USA, in der EU die BRD. Bei der
EU- und NATO-Ostexpansion kam es zur Verflechtung der Interessen des deutschen Imperialismus
mit denen des US-Imperialismus. Das „neue Europa“ (so nannte der Neocon
Rumsfeld Polen und die baltischen Staaten) verstärkte die Verzahnung. Russophobe
reaktionäre Eliten im „neuen Europa“ wirken für die nahtlose Übereinstimmung der
EU- mit der US-Strategie, fördern Spannungen mit Russland und China, drängen auf
die Entkoppelung der EU von Russland und China. „Einheit der EU“ sowie Einheit
von EU und NATO gibt es schon länger nur noch auf russophober Grundlage. <o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Dazu passt Baerbocks eingebildete „Führungspartnerschaft“
mit den USA und Habecks Idee der „dienenden Führungsrolle“ Deutschlands. Von „strategischer
Autonomie der EU“ oder einer souveränen Politik Berlins spricht heute niemand. Gerade
letztere wäre nötig, da die Interessen der US-Eliten nicht die unseren sind. Dauerhaft
höhere Energiepreise schaden Privathaushalten und Unternehmen. Die exportabhängige
deutsche Wirtschaft will sich nicht völlig von China entkoppeln. Der US-Air-Force
General Mike Minihan erwartet dagegen für 2025 einen Krieg mit China. Militärs
und Thinktanks der USA drängen auf Verhandlungen im Ukrainekrieg, um die Auf-
und Nachrüstung auf den künftigen Krieg gegen China zu fokussieren.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Um ein Minimum an deutschen Interessen zu wahren, müsste die
Bundesregierung dem abenteuerlich-destruktiven US-Kurs entgegenwirken. Sie
müsste für friedliche Koexistenz und gleichberechtigte Kooperation wirken,
statt zuzulassen, dass unser Land noch tiefer in den Strudel des Niedergangs
der US-Hegemonie gezogen wird.<o:p></o:p></p>
<i><span style="font-family: "Arial",sans-serif; font-size: 12.0pt; line-height: 107%; mso-ansi-language: DE; mso-bidi-language: AR-SA; mso-fareast-font-family: Calibri; mso-fareast-language: EN-US; mso-fareast-theme-font: minor-latin;">Kolumne von Beate Landefeld in Unsere Zeit 10.2.2023</span></i>Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5411809657277583455.post-42959009463152732042023-01-13T15:31:00.001+00:002023-02-06T15:35:35.027+00:00Stichwort Transatlantismus: Sind die Grünen die deutschen Neocons?<p> Anfang 1972 beschloss eine Innenministerkonferenz
Berufsverbote für DKP-Mitglieder. Im April 1972 scheiterte das Misstrauensvotum
gegen die Regierung Brandt. Im Mai ratifizierte der Bundestag die Verträge von
Moskau und Warschau. Im Dezember wurde die DDR anerkannt. Mit dem Berufsverbote-Erlass
wollte die SPD „dokumentieren, dass außenpolitische Realpolitik, d.h.,
Verständigung mit dem Osten, keinesfalls identisch mit einem besseren inneren
Verhältnis zu Kommunisten sei“ (Dietrich Thränhardt). Hunderttausende nahmen an
Massenaktionen gegen das Misstrauensvotum teil und es kam erneut zur
Aktionseinheit von Kommunisten und Sozialdemokraten. Ebenfalls 1972 gründete Willy
Brandt mit US-amerikanischen Partnern den Thinktank German Marshall Fund of the
United States (GMF).<span></span></p><a name='more'></a><p></p><p class="MsoNormal"><o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Der GMF soll laut Webseite mit Leadership-Programmen „die
nächste Generation von Führern diesseits und jenseits des Atlantik kultivieren“
(= heranzüchten). Angesichts der NATO-Kritik der 1968er Generation und ihrer
Anhänger überließ man die Formung der deutschen Funktionseliten 1972 nicht mehr
dem Selbstlauf. Mit Stipendien, Projekten in den USA und Europa, mit dem
Knüpfen von Netzwerken und Kontakten zu etablierten Alumni (Ehemaligen) greifen
Leadership-Programme karrierebewussten jungen Menschen beim Aufstieg unter die
Arme. <span style="mso-spacerun: yes;"> </span><o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Eine Auswahl der Geförderten des GMF nennt die Enzyklopädie Wikipedia.
Darunter sind Ministerin Annalena Baerbock (Grüne), Staatssekretär Niels Annen
(SPD), Staatssekretärin Kerstin Griese (SPD), die Wehrbeauftragte Eva Högl
(SPD), der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe Sascha
Müller-Kraenner (Grüne), Minister Cem Özdemir (Grüne), die Bundestagsausschussvorsitzende
Tabea Rößner (Grüne), der Vorstand der Bürgerbewegung für Finanzwende Gerhard
Schick (Grüne) und die aus Talk-Shows bekannte Berufs-Transatlantikerin
Constanze Stelzenmüller, die einer ganzen Latte von Thinktanks angehört.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Einige der Genannten absolvierten zugleich
Leadership-Programme der Atlantikbrücke und/oder des World Economic Forum
(WEF). Baerbock war 2020 Young Leader des WEF. Niels Annen ist Alumni bei der
Atlantikbrücke, ebenso Matthias Döpfner (Axel Springer Verlag), Graf Lambsdorff
(FDP), Jens Spahn (CDU) und andere. Es gibt auch Stipendien-Programme der
Parteistiftungen. Der Neoliberalismus bescherte so vielen Milliardären
überschüssiges Geld für Spenden und Stiftungen, dass es unmöglich geworden ist,
alle Thinktanks und Leadership Programme zu überblicken. <o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Nicht nur Thinktanks und ideologische Apparate fördern die
extrem transatlantische Ausrichtung neuer Politikergenerationen. Ihr liegen auch
soziale und politische Verschiebungen der letzten Jahrzehnte zugrunde. Bis in
die 1980er wurden die Grünen hauptsächlich von Studenten und noch nicht
etablierten Akademikern gewählt. Inzwischen schwollen die Mittelschichten zu
einer zahlenmäßig starken Schicht an, deren oberes Segment zu den Besserverdienenden
zählt, ob im Öffentlichen Dienst, der Privatwirtschaft oder als Selbständige. Bei
den Gutsituierten kommt die Erzählung der Neocons von der „liberalen Demokratie
als Ziel und Ende der Geschichte“ gut an.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Mehr als die Hälfte der Grünen-Wähler befürwortet laut
Umfrage der Friedrich-Ebert-Stiftung militärische Eingriffe in Konflikte.
Ebenso wolle die Grünen-Wählerschaft eine Außenpolitik, die Werte über
Interessen stellt, trotz möglicher negativer Folgen. Die Grünen-Wähler seien „weit
eingriffsfreudiger“ als die aller anderen Parteien. Vielleicht, weil sie „negative
Folgen“ für sich nicht befürchten? In den Allmachtsphantasien grüner deutscher
Neocons ist die EU Großmacht, kann mit Sanktionen Russland „zerstören“ und wahrt
in „Führungspartnerschaft“ mit den USA die Vorherrschaft des Westens. Die US-Neocons
sind so ehrlich, das „Imperialismus“ zu nennen.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal"><i>Kolumne von Beate Landefeld, zuerst in unsere zeit vom 13.1.2023<o:p></o:p></i></p>Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5411809657277583455.post-56486468107668573162022-12-09T13:14:00.001+00:002022-12-27T13:18:36.033+00:00Der NATO gehen die Waffen aus. Zugeben will es keiner.<p>Moskau könne jederzeit neue Angriffe starten, während der
Ukraine zunehmend die Munition ausgehe, klagte der österreichische Militärexperte
Reisner am 24.11.2022 im ZDF-Interview. Laut New York Times kratzen USA und
NATO derzeit überall Waffen zusammen, um die Ukraine zu beliefern und die
eigenen Arsenale wieder aufzufüllen (29.11.2022). Die Munition der Bundeswehr reiche
„im Ernstfall“ nur zwei Tage, schrieb die Berliner Morgenpost. Nachschub sei
schwer zu beschaffen, da andere NATO-Staaten schneller orderten. Die
Rüstungsindustrie weite die Kapazitäten nur aus, wenn langfristige Abnahme
gesichert sei (28.11.2022). Lars Klingbeil spielte Schwarzer Peter, als er die
Rüstungskonzerne zu mehr Tempo aufrief.<span></span></p><a name='more'></a><p></p><p class="MsoNormal"><o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Ersatzteile für die Reparatur zerstörter Militärgeräte
fehlen ebenfalls. Ein „Munitionsgipfel“ mit Rüstungsindustriellen am 28.11.2022,
mit Kanzlerberater Jens Plötner, Wirtschafts-Staatssekretär Sven Giegold und Staatssekretär
Benedikt Zimmer vom Verteidigungsministerium, brachte keine unmittelbaren Resultate.
Laut dem Soldaten-Portal „Augen geradeaus“ warnten die Rüstungsproduzenten vor
zu hohen Erwartungen. Selbst wenn das nötige Material für die Produktion
vorhanden sei, müsse sich die Politik auf lange Lieferzeiten einstellen. Das
könnten auch Jahre sein.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Die bürgerlichen Medien bestätigen damit Prognosen des
thailändischen Geopolitik-Bloggers und früheren US-Marines Brian Berletic. Er
bewertete schon im September die spektakulären Geländegewinne der ukrainischen
Armee in Kharkiv und Kherson als nicht nachhaltig. Die Kosten an Menschen und
Material seien für die ukrainische Armee zu hoch. Beides sei nicht im Maße
ersetzbar, in dem es zerstört werde. Das führe zur Überdehnung der ukrainischen
Armee. Zugleich verstärke sich die russische Seite durch die anlaufende Mobilisierung.
Soweit die Prognosen sich auf die Waffen bezogen, sind sie jetzt auch im bürgerlichen
Mainstream angelangt.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Tritt damit Nüchternheit statt Siegeseuphorie ein? Längst
nicht! In der US-Administration drängen bisher nur realistische Militärs, wie
der Generalstabschef Mark Milley, auf Verhandlungen. Die Neocons, die seit 30
Jahren die US-Außenpolitik bestimmen, beanspruchen nach wie vor, die Welt nach
ihrem Bilde zu formen. Sie waren die ideologischen Antreiber des „War On
Terror“. Sie hielten die Auflösung der UdSSR für das Ende der Geschichte. Gegen
Warnungen und Bedenken auch in den USA trieben sie die NATO-Ostexpansion voran.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Im „Krieg gegen Terror“ wurden NATO-Armeen zu Interventionstruppen
umgebaut, fähig, schwächere Gegner „in die Steinzeit zu bomben“. An der
Territorialverteidigung wurde in allen NATO-Ländern „gespart“. Jetzt, wo es den
Neocons um die Eindämmung Russlands und Chinas geht, ist in Europa wieder
„Landesverteidigung“ angesagt. Militärexperte Gustav Gressel vom European
Council on Foreign Relations (ECFR) forderte dafür Anfang November einen
„umfassenden Nachrüstungsplan“ der NATO, der die Ukraine <b>langfristig</b> mit
Nachschub versorgt und die geleerten Arsenale der NATO-Staaten wieder füllt. <o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Alle scheuen sich, die Tatsache zu benennen, dass sie für
die Waffen- und Munitionsknappheit der ukrainischen Armee<b> kurzfristig</b>
keine Lösung haben. Dazu kommen hohe Todeszahlen, die Behinderung der Mobilität
der ukrainischen Truppen durch russische Angriffe auf das Energiesystem und
eine schwere Wirtschaftskrise. Im ZDF-Interview antwortete Oberst Reisner auf
die Frage, ob nicht auch die Russen Probleme haben: „Dass die Russen Probleme
haben, hören wir seit Beginn des Krieges, gerade vom britischen Geheimdienst …
Fakt ist, dass Russland es bis jetzt geschafft hat, auf der strategischen Ebene
ein Momentum aufrechtzuerhalten und dieses Momentum bedeutet, dass wenn immer
es die Russen entscheiden, es zu einer Angriffswelle gegen die Ukraine kommt.“<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal"><i>Kolumne von Beate Landefeld, erschien zuerst in UZ vom 9.12.2022<o:p></o:p></i></p>Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5411809657277583455.post-3780683089048538842022-11-11T12:14:00.004+00:002022-12-05T12:18:15.620+00:00Unter „Friendly Fire“ – Scholz reiste nach China<p>Besorgte Ratschläge, Belehrungen, Warnungen, Schmähungen aus
CDU/CSU, grün-gelben Ampelleuchten und den meisten Medien begleiteten Olaf
Scholz auf seiner ersten China-Reise als Bundeskanzler. Der neue Chef der
Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen (CDU), früher für die BRD im
UN-Sicherheitsrat, wo er Juan Guaidós Putschversuche gegen Venezuelas Präsidenten
Maduro ohne Erfolg unterstützte, war Anfang November auf „Zeitenwende-Tournee“
in den USA. Von dort gab er zum Besten, was die Transatlantiker an der
Scholz-Reise alles stört:</p><p class="MsoNormal"><o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal"><i>„Wenn wir hier in New York mit vielen Kollegen sprechen,
da wird man darauf angesprochen, warum zum jetzigen Zeitpunkt, warum zu einem
Zeitpunkt, wo in China jetzt ganz klar ist: Da ist ein totalitäres Regime, wir
sind zurück zu den Zeiten von Mao Tsetung. Warum geht man jetzt dahin? Warum
macht man das mit einer Wirtschaftsdelegation - wo wir gerade ja versuchen,
wirtschaftliche Abhängigkeiten zu vermindern?“ (tagesschau.de 4.11.2022)<span></span></i></p><a name='more'></a><i><o:p></o:p></i><p></p>
<p class="MsoNormal">China entwickelt sich nicht nach dem Bild des Westens. Es
hat seine eigenen Pläne. Westliche Kapitalisten enttäuscht das. Die Auflösung
der UdSSR hatte ihre Erwartung genährt, der Sozialismus sei ein Auslaufmodell. Sie
glaubten an Fukuyamas Idee der „liberalen Demokratie“ am Ende der Geschichte,
an die US-zentrierte unipolare Weltordnung. Mit der Krise 2008 setzte ihre
Desillusionierung ein. Danach galt China wieder als „Feind“. Ein „neuer Umgang“
war angesagt. Dass China die Weltordnung mitgestaltet, wird als „Aggressivität“
ausgelegt. Die politische Klasse der USA diskutiert seit Trump über die
ökonomische „Entkoppelung von China“. Sie ist nötig, weil man das Land mit
einem Wirtschaftskrieg schwächen will. Als mögliche Vorwände für den
Wirtschaftskrieg werden permanente Spannungen geschürt. <o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Auch die deutsche Bourgeoisie will „weniger Abhängigkeit“
von China, aber nicht durch Entkoppelung, sondern durch breitere
Diversifizierung ihrer Bezugsquellen. Das schlösse ein Wachstum des Handels mit
China nicht aus. Der BDI vertritt diese Linie im Papier zum Umgang mit China (2019)
und im neuen BDI-Papier „Europäische Souveränität“ (2022). Schon aus der
Coronakrise zog man die Konsequenz, mehr zu diversifizieren und bestimmte
Zulieferer (z.B. für Medikamente) „zurückzuholen“. Einen generellen Rückzug wollen
die großen Konzerne nicht. Die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie
(VDA), Hildegard Müller erläutert: “China versorgt uns aktuell mit wichtigen
Rohstoffen, die wir selbst nicht besitzen und auch nicht über alternative
Handelsabkommen sichergestellt haben“ (FAZ 3.11.2022).<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Scholz begleiten die Chefs von VW, BASF, Siemens, Adidas,
Deutsche Bank, Biontech, u.a., ausgewählt aus 100 Bewerbern. Der Bundesverband
mittelständische Wirtschaft gab Scholz den Ratschlag mit auf den Weg, „kein
chinesisches Porzellan zu zerschlagen“ (FAZ 3.11.2022). ZEIT-Autor Schieritz
meint, bereits die Entwöhnung vom russischen Gas sei für die deutsche
Wirtschaft eine enorme Herausforderung. „Wenn nun auch noch China als Lieferant
und Absatzmarkt komplett ausfiele, dann wäre die Belastungsgrenze überschritten
– ohne dass klar ist, ob die chinesische Führung sich davon beeindrucken lässt
und ihren Kurs ändert.“ (4.11.2022)<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Fest steht, dass die US-Regierung ihren Kurs nicht ändern
wird. Dauerhafte Kooperationen zwischen Deutschland und großen Ländern im Osten
Eurasiens zu dulden, widerspricht ihrer Strategie. Die Welt sah zu, wie Biden
Nordstream 2 vor der Presse in den USA am 7.2.2022 stornierte und Scholz
danebenstand. Zuletzt wurden drei Nordstream-Röhren von „Unbekannt“ gesprengt.
Kaum jemand in der Welt hält die Politik dieser Regierung noch für souverän. Xi
Jinping bemerkte in seiner Ansprache an Scholz: "Politisches Vertrauen ist
leicht zerstört, aber schwer wieder aufzubauen". <o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal"><i>Kolumne von Beate Landefeld erschien zuerst in unsere zeit 11.11.2022<o:p></o:p></i></p>Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5411809657277583455.post-82076352792812097222022-10-14T14:56:00.001+01:002022-10-22T15:00:35.116+01:00Ukraine gewinnt Gelände. NATO-Propaganda im Siegestaumel<p> Im September begann im Gebiet Kherson eine seit Mai
angekündigte Gegenoffensive der ukrainischen Armee (UAF) gegen die russische
Armee und Streitkräfte der Volksrepubliken Donetsk und Lugansk. Zunächst erzielte
Kiew minimale Geländegewinne. Erfolgreicher war seine Gegenoffensive im Gebiet
Kharkiv. Aus diesem Gebiet zogen sich die Streitkräfte der Volksrepubliken und
Russlands in mehreren Etappen fast komplett zurück, um Einkreisungen zu
entgehen. Anfang Oktober drang die ukrainische Armee mit erneuten Vorstößen im
Süden auch im Gebiet Kherson weit vor. Selenskyj gab dort die Rückeroberung von
500 qkm bekannt. Als Gründe für die Rückzüge der prorussischen Streitkräfte nannten
Militärreporter personelle Unterlegenheit und die Schonung des Lebens der
eigenen Soldaten. Die ukrainische Armee verlor in ihren Offensiven allein im
September geschätzte 20000 Soldaten.<span></span></p><a name='more'></a><p></p><p class="MsoNormal"><o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Etwa zur gleichen Zeit votierten in den Gebieten Lugansk,
Donetsk, Kherson und Saporischja große Mehrheiten für den Beitritt zur
Russischen Föderation. Moskau kündigte die Teilmobilisierung von 300000
Reservisten an. Die Referenden, die Prozeduren ihrer Anerkennung und das Anlaufen
der Teilmobilisierung boten einen merkwürdigen Gegensatz zu den ukrainischen
Geländegewinnen auf dem „Schlachtfeld“. Die Mobilisierten treffen nicht sofort
an der Front ein. Die Rückzüge lieferten die prorussische Bevölkerung
verlassener Orte der Rache des SBU und ukrainischer Truppenteile aus. Das löste
in Russland heftige Diskussionen aus. Scharfe Kritik an der Militärführung
wurde sogar in sonst regierungstreuen Talk Shows artikuliert.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Bei der Kiewer Regierung und in NATO-Kreisen lösten die Geländegewinne
der UAF einen Siegestaumel aus. Unter der Überschrift: „So könnte der Krieg
enden“ zitierte t-online vom 7.10.2022 den früheren Oberbefehlshaber der
US-Streitkräfte in Europa Ben Hodges, der sich überzeugt zeigte, dass die
Russen von der Krim fliehen werden, sobald ihre Stützpunkte in Reichweite der
ukrainischen Artillerie seien. Der Osteuropaexperte Timothy Snyder deutete die
Kritik Kadyrows und Prigoschins an den Rückzügen als einen Machtkampf mit
Putin, der mit dem Regime Change in Moskau enden könne. Der Machtkampf werde
„einen Rückzug aus der Ukraine nötig machen“. Am 8.10.2022 twitterte Andrij
Melnyk über einem Foto der explodierenden Krim-Brücke: „Shaka laka boom boom!
Die Befreiung der Krim beginnt JETZT!“<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Brian Berletic, geopolitischer Blogger aus Thailand und
früherer US-Marine, verweist auf folgende Realitäten: Die Geländegewinne der
ukrainischen Armee sind nicht nachhaltig. Sie werden unter großen Verlusten an
Menschen und Material erzielt. Beides kann nicht so schnell ersetzt werden, wie
es derzeit zerstört wird. Das gilt auch für die Waffenlieferungen des Westens:
Die Mengen gelieferter Waffen sind in kurzer Zeit verbraucht, im Westen selbst
wird die Munition knapp. Sie zu reproduzieren, benötigt Zeit. Die durch die Teilmobilisierung
nach und nach verstärkten russischen Truppen werden auf eine überdehnte,
erschöpfte ukrainische Armee treffen.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Die ukrainischen Offensiven im Nordosten und Süden zielten
auch darauf, russische Kräfte vom Hauptkampfgebiet Donbas abzuziehen. Dort
rücken prorussische Streitkräfte auf die für das ukrainische Verteidigungssystem
zentrale Stadt Bachmut vor. Auch die UAF konzentriert dort mit 30000 Mann ihr
größtes Kontingent.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Militärisch nicht nachhaltig, erzielten die ukrainischen Offensiven
vor allem politische Erfolge: Der NATO wurde gezeigt, dass Waffenlieferungen
lohnen. In das prorussische Lager wurde Unsicherheit getragen. Die Offensiven
legten reale Schwächen Moskaus offen: Mängel in der militärischen Vorbereitung
und eisernes Schweigen, statt Benennung und rasche Lösung von Problemen. Putin
sitzt aber fest im Sattel.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal"><i>Die Kolumne von Beate Landefeld erschien zuerst in der UZ vom 14. Oktober<o:p></o:p></i></p>Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5411809657277583455.post-68307276847386427052022-08-12T13:14:00.003+01:002022-08-29T13:18:04.792+01:00Pelosis Taiwanreise. Kommt jetzt die Entkoppelung von China?<p> Als Nancy Pelosi ihren Taiwan-Auftritt inszenierte, drohte der
EU-Botschafter in China Sanktionen gegen die Volksrepublik an, sollte sie gegen
den Besuch vorgehen. Seit Trump Sanktionen gegen chinesische High-Tech-Firmen
wie Huawei und ZTE verhängte, wird in der US-Bourgeoisie über eine
„Entkoppelung“ von Chinas Wirtschaft diskutiert. In Brüssel profiliert sich Dr.
Reinhard Bütikofer, Ex-Maoist und Grüner, im Verein mit CDU-lern und anderen rechten
Scharfmachern als Warner vor „zu starker Abhängigkeit“ der Wirtschaft von
China. Die „Abhängigkeit von China“ zu reduzieren, ist auch erklärtes Anliegen des
Grünen-Vorsitzenden Omid Nouripour. Annalena Baerbock rief während der
Pelosi-Reise laut danach, Taiwan gegen China zu helfen. Wie? Mit Sanktionen
natürlich! Regierende Thinktank-Zöglinge sehen in der „Sanktionsfähigkeit“ der
EU den Ausweis für ihren Großmachtstatus.<span></span></p><a name='more'></a><p></p><p class="MsoNormal"><o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Sanktionen lösen keine Konflikte. Allenfalls bestärken sie Selbstgerechtigkeit
und Allmachtgefühle. Dummerweise sind sie auch noch zweischneidig. So wirken die
Sanktionen gegen Russland anders als ihre Erfinder sich das wünschten. Statt Unruhe
in Russland schüren sie in Deutschland die Angst vor Gasknappheit und Kälte im Winter.
Propagiert wird, neben der (vorübergehenden) Rückkehr zur Kohle, der nun
doppelt beschleunigte Ausbau der Erneuerbaren. Doch käme jetzt noch ein
Sanktionskrieg gegen China, wäre das vorerst das Ende der Energiewende. Während
die bisherige Abhängigkeit vom russischen Gas 55 Prozent beträgt, beziehen wir Solarmodule
zu 90 Prozent aus China. Eins bewirken die Ankündigungen sofort: Engpässe und mit
ihnen begründete Preissteigerungen, die vor allem Lohnabhängige treffen.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Die Ampel folgt Vorgaben aus den USA. Noch 2019 betonte der
BDI im Positionspapier zum Umgang mit China: „Ein generelles ‚Containment‘
Chinas oder ‚de-coupling‘ (in den USA wird unter diesem Begriff die
wirtschaftliche Entflechtung mit China diskutiert) ist keine Option; die deutsche
Industrie setzt auf Austausch und Kooperation.“ Ist das, so wie Nordstream 2, Schnee
von gestern? Folgt dem neuen Eisernen Vorhang zwischen Westeuropa und Russland jetzt
noch die zunehmende Abschottung gegen China? Das eine wie das andere schadet
der exportabhängigen deutschen Wirtschaft. Den ökonomischen Abstieg des gesamten
Westens hält es nicht auf, gestaltet ihn aber für die USA relativ glimpflicher
als für Deutschland und die EU.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Die internationale Vergesellschaftung der Produktion
(Globalisierung) ist eine Tendenz der Produktivkraftentwicklung. Im
Kapitalismus stößt sie an Schranken. Zum Wesen des Kapitalismus gehören die
private Aneignung der Ergebnisse gesellschaftlicher Produktion, Konkurrenz und
Expansionsdrang. Internationale Verflechtung macht die Kooperation und
Koordination zwischen Staaten zum objektiven Erfordernis. Das erhöht die Kosten
und die Hemmschwelle für Aggressionsakte, ohne die Ursachen der Rivalität aufzuheben.
Seit der Finanzkrise 2008 verlor die Globalisierung an Tempo. Lieferkettenprobleme
in der Coronakrise förderten eine gewisse Renationalisierung. Vom Hegemonieanspruch,
den Sanktionen und Wirtschaftskriegen der USA geht die Gefahr einer
Fraktionierung der Weltwirtschaft in feindliche Blöcke aus.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Von Bidens Präsidentschaft erhoffte sich die deutsche Bourgeoisie,
ihre Medien und ihr politisches Gefolge die Revitalisierung des transatlantischen
Bündnisses und der globalen Führungsrolle des Westens. Real zeigen die Russland-Sanktionen,
dass der Einfluss des Westens abnimmt. Als transatlantische Einheit wird
gefeiert, dass die geschwächte EU sich den USA stramm unterordnet. Die NATO hat
das Afghanistandebakel kaum verdaut und steht vor einer kollektiven Niederlage
in der Ukraine. Die BRICS erfahren zurzeit starken Zulauf. Die multipolare
Weltordnung formt sich.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal"><i>Kolumne von Beate Landefeld, Erstveröffentlichung in unsere zeit 12.8.2022<o:p></o:p></i></p>Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5411809657277583455.post-1237019355232593772022-07-08T12:45:00.001+01:002022-07-24T12:50:17.740+01:00Entmilitarisierung der Ukraine – Ein Großteil der gelieferten Waffen „verschwindet“<p>Als ich ein Kind war las meine Oma abends manchmal
Geschichten aus alten Lesebüchern vor. Eine Kriegsgeschichte blieb mir in
Erinnerung. An der Front liegen französische und deutsche Soldaten sich in
Schützengräben gegenüber. Ein erregter Franzose ruft an die Deutschen gerichtet:
„Filous!“ (= Betrüger) Ein Schwabe im deutschen Schützengraben versteht: „Wieviel
Uhr?“ und ruft zurück: „Halber Viere!“ Ob die Geschichte im Krieg 1870/71 oder in
einem früheren spielt, weiß ich nicht, auch nicht, ob der Autor Gottfried
Keller ist. Jedenfalls musste ich dieser Tage an die Anekdote denken, nachdem
ich in einem Telegram-Kanal, der den Krieg in der Ukraine verfolgt, von Ereignissen
las, die in der Gegenwart vor sich gehen.<span></span></p><a name='more'></a><p></p><p class="MsoNormal"><o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Der Telegram-Kanal schildert Einzelheiten eines Waffenhandels
an der Donbass-Kontaktlinie. Er spricht von „indirekter Lieferung militärischer
Ausrüstung aus Europa nach Russland über Ukrainer“. Aus Anlass der Meldung,
Frankreich liefere der Ukraine weitere sechs selbstfahrende CAESAR Geschütze,
wird mitgeteilt, zwei solcher CAESAR seien „für lächerliche 120000 Dollar“ an
die Russen gegangen, während die ukrainischen Unterhändler zunächst 1 Million
gefordert hätten. Spezialisierte russische Unterhändler seien dabei, die Möglichkeiten
des Erwerbs des einen oder anderen Modells gegnerischer Militärausrüstung zu
sondieren. Unter anderem seien sie am Kauf von HIMARS interessiert. Beim Waffenhandel
an der Kontaktlinie seien Bedingungen zu beachten. Den Beteiligten müsse zum
Beispiel egal sein, ob das Verschwinden westlicher Waffen dem Ruf der Ukraine schadet.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Die russische Seite agiere als wählerischer Kunde. Veraltete
Militärtechnik brauche sie nicht. Lokale Geschäftsleute seien am Handel beteiligt.
Während des Transfers großen Geräts, starte man zur Ablenkung
Artillerieangriffe auf leere Plätze. Das Interesse der Russen am Waffenhandel sei
aber nicht nur geschäftlich. Die Deals seien Gelegenheiten, um Arbeitskontakte
mit der ukrainischen Seite zu pflegen, die in der Zukunft zur Lösung weitaus drängenderer
Probleme genutzt werden könnten. Auf ukrainischer Seite gebe es das große
Bedürfnis, nicht zu kämpfen, sondern zu überleben und Geld zu verdienen. Ein
Video, das seit Wochen im Netz kursiert, zeigt ungenügend versorgte ukrainische
Soldaten, die den Russen westliche Waffen im Tausch für Essen und Getränke anboten,
da sie die Waffen ohnehin nicht bedienen konnten.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Friedliche Geschäfte an Schützengräben sind aber nur die
idyllische Randerscheinung des illegalen Waffenhandels, der sich aus den
umfangreichen westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine speist. Das Land
gehört schon seit 2014 zu den Hauptumschlagplätzen illegalen Waffenhandels. Anfang
Juni warnte Europol, die massiven Lieferungen könnten langfristig in falsche
Hände geraten und auch der EU Probleme bereiten. Interpol-Chef Jürgen Stock
prognostizierte, dass die gelieferten Waffen in der globalen Schattenwirtschaft
und in den Händen von Kriminellen landen könnten (The Guardian 2.7.2022). Nach
dem 24.2.2022 wurden allein in Kiew 25000 Schusswaffen ausgegeben, wobei
kriminelle Banden mitbewaffnet wurden. Die von Neonazis durchsetzten
Streitkräfte der Ukraine tragen zusätzlich zur Unsicherheit bei.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Ein Teil der ins Land gepumpten Waffen „verschwand“ aus
Armeebeständen oder im Kriegsgebiet. Eine von den USA gelieferte
Javelin-Panzerabwehrrakete wurde für 30000 Dollar im Darknet angeboten. Fast
täglich erscheinen im Netz Videos von Lagern mit unversehrten Waffen, die den
Streitkräften der RF, LPR und DPR beim langsamen, aber stetigen Vormarsch in
die Hände fallen, da sie von abziehenden ukrainischen Truppen zurückgelassen werden.
Täglich gibt es russische Einsätze zur Zerstörung der militärischen Infrastruktur
der Ukraine inklusive ihrer Waffenlager.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal"><i>Kolumne von Beate Landefeld erschien zuerst in der UZ vom 8. Juli 2022<o:p></o:p></i></p>Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5411809657277583455.post-32191456911414532342022-06-10T15:41:00.002+01:002022-10-12T13:16:15.881+01:00Friedenslösung für die Ukraine? Fehlwahrnehmungen, Wünsche und Realität.<p> </p><p class="MsoNormal">Als Ziele der Militäroperation in der Ukraine nennt die Russische
Föderation die Hilfe für die Volksrepubliken Donezk und Lugansk sowie die
Entmilitarisierung, Entnazifizierung und Neutralität der Ukraine. Darüber
hinaus fordert sie Verhandlungen über ein Konzept gemeinsamer Sicherheit in
Europa, anstelle einseitiger NATO-Ostexpansion. Aus dem Kreml verlautet, die
Operation werde nicht enden, bevor die Ziele erreicht sind. Einige der Ziele sind
in Reichweite: Das Territorium der Volksrepubliken Donezk und Lugansk ist fast
vollständig befreit. Ein Großteil der militärischen Infrastruktur der Ukraine wurde
zerstört, die ukrainischen Truppen massiv geschwächt. Mit der Kapitulation des
Asow-Bataillons in Mariupol wurde eine Hochburg des Nazismus zerschlagen. Den Hochburgen
an anderen Orten droht dies noch.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Demgegenüber geht die NATO-Ostexpansion munter weiter. Ohnehin
wischt der Westen die russischen Ziele als Propaganda vom Tisch. Lieber spekuliert
man über die Ideenwelt Putins, der angeblich das „russische Imperium“ zurückhaben
will. So lässt sich die Frage nach dem eigenen Anteil am Konflikt umgehen. Der alte
Kurs auf Eindämmung Russlands und Chinas wird beibehalten und mit dem NATO-Eintritt
Schwedens und Finnlands, mit Aufrüstung und Truppenverstärkungen im Osten forciert.
Statt sich mit Koexistenz anzufreunden, wird das „Feindbild Russland“ vertieft.
Unisono verkünden die Spitzen von USA, NATO und EU das Ziel der Schwächung
Russlands, steigern ihre antirussischen Sanktionen und pumpen Geld und schwere
Waffen in die Ukraine. Noch scheint ein Ende des Krieges nicht in Sicht.<span></span></p><a name='more'></a><o:p></o:p><p></p>
<p class="MsoNormal">Zugleich rücken die Truppen der Volksrepubliken und
Russlands seit April langsam, aber stetig vor. Laut Selenskij beherrschen sie
20 Prozent des Territoriums der Ukraine. Dazu gehören im Süden die an die Krim
grenzenden Oblaste Cherson und Saporischschja. Geht es nach Moskau, sollen deren
Bürger über ihre Zukunft selbst entscheiden. Die Selenskij-Regierung will keine
Friedensverhandlungen, solange das militärische Kräfteverhältnis nicht günstiger
für sie ist. Dass Kiew die Offensive wiedererlangt, ist aber nicht
wahrscheinlich. Nach der Kapitulation der Nazis in Asowstal ist nicht einmal ein
Sieg Kiews an der Propagandafront gesichert. Das zeigt die Meldung der britischen
Times, wonach die Asow-Verbände künftig auf ihr Nazi-Logo verzichten wollen.
Begründung: Das Nazi-Logo nutze der „russischen Propaganda“.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Dazu die US-Bloggerin Caitlin Johnstone: „Es ist eben keine
russische Propaganda, den bewiesenen Tatbestand zu beleuchten, dass
Neonazi-Paramilitärs in der Ukraine wirken, die Waffen von den USA und ihren
Verbündeten bekommen. Das Auswechseln des Symbols erfolgt nicht, um eine Fehlwahrnehmung
zu korrigieren, sondern um eine korrekte Wahrnehmung zu vertuschen“ (consortiumnews
2.6.22).<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Anders als vom Westen geplant, wirken auch die Sanktionen. China,
Indien, viele arabische, afrikanische und lateinamerikanische Staaten
beteiligen sich nicht daran. Russland hält wohl durch. Für die Volkswirtschaften
und Bevölkerungen der NATO-Länder zeichnen sich hohe Belastungen ab. Größte
Sorge der Bürger ist die Inflation, an zweiter Stelle die Kriegsgefahr. In den
USA, wo im November Zwischenwahlen sind, bringen große Zeitungen Artikel über realistische
Kriegsziele und Ausstiegsszenarien. Während Boris Johnson, Polen und die
Balten-Staaten vor einem verhandelten „schlechten Frieden“ warnen, fordern
Macron und Scholz Putin zum Gespräch mit Selenskij auf, der momentan gar nicht
verhandeln will. In der Ampel ruft die grüne Kriegstreiberin nach einem „Siegfrieden“
der Ukraine und jammert über „Kriegsmüdigkeit“. Wir haben eine Außenministerin,
die ihre Wünsche mit der Realität verwechselt. Hält sie die NATO tatsächlich für
allmächtig? Umso härter wird der Aufprall.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal"><i>Beate Landefelds Kolumne erschien auch in der UZ vom 10. Juni 2022<o:p></o:p></i></p>Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5411809657277583455.post-71688713594367797152022-05-13T14:06:00.002+01:002022-05-26T14:12:08.334+01:00Krieg in Permanenz – Ziel ist die Schwächung Russlands.<p> Ende März näherten sich Russland und die Ukraine in Istanbul
einer Verhandlungslösung. US-Präsident Biden sagte damals in Polen über seinen
russischen Amtskollegen Putin: „Um Gottes willen, dieser Mann darf nicht an der
Macht bleiben“. Zuvor hatte er ihn mal als Killer, mal als Kriegsverbrecher, mal
als Schlächter tituliert. US-Außenminister Blinken und Bidens Sprecherin Psaki nannten
es eine „persönliche Gefühlsäußerung“ Bidens. Ein Regime-Change in Moskau sei nicht
das Ziel. Doch Boris Johnson tauchte in Kiew auf und warnte Selenskyj vor einem
Treffen mit Putin. Direkte Verhandlungen zwischen den Kriegsparteien kamen zum
Erliegen. Am 9. April erklärte EU-Vertreter Borell: „Dieser Krieg wird auf dem
Schlachtfeld entschieden“. Der Westen fuhr die Waffenlieferungen hoch.<span></span></p><a name='more'></a><p></p><p class="MsoNormal"><o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Auf dem Schlachtfeld lief es im Monat danach schlecht für
die Ukraine. Russland trat in die zweite Phase der „Militäroperation“, die Konzentration
auf den Osten und Süden. In Phase 1 verteidigten die ukrainische Armee und
kurzfristig bewaffnete Freiwillige nach dem Muster des „Volkssturms“ erfolgreich
Kiew, während die russische Armee große Teile der militärischen Infrastruktur, Flugzeuge,
Panzer, Waffen, Munition und Treibstofflager zerstörte. Am Beginn von Phase 2 hatte
die ukrainische Armee schon stark an Kampfkraft und Mobilität verloren. Das ermöglichte
den Truppen Russlands und der Volksrepubliken im Monat April ein vorsichtiges,
aber stetiges Vorrücken im Süden und Osten. Ihrer Artillerie konnten die
ukrainischen Soldaten wenig entgegensetzen. Sie erlitten hohe Verluste.
Mariupol, seit Juni 2014 von Asow-Kräften besetzt, kam frei. Reste der Besatzer
waren im Stahlwerk blockiert.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Laut ARD-Teletext 5.5.2022 erklärte Selenskyjs Berater
Arestowytsch, die Ukraine werde mit einer Gegenoffensive bis Mitte Juni warten.
Bis dahin werde die Ukraine hoffentlich mehr Waffen aus dem Ausland erhalten. Das
Ziel ist, die gegenwärtigen Verteidigungslinien bis dahin zu halten. Verschiedenste
Waffensysteme aus dem Westen erfordern Ausbildung. Obwohl alle Soldaten an der
Front gebraucht werden, muss ein Teil abgezogen und im Ausland trainiert werden.
Es kommt zur zunehmenden Rekrutierung internationaler „Berater“ und bereits
qualifizierter Söldner. Trotzdem wird es laut dem US-Militärexperten Daniel L.
Davis viele Monate in Anspruch nehmen, die ukrainische Armee so auszustatten, wie
es nötig wäre, um die russische Armee zu vertreiben, aber selbst dann sei kein
Sieg garantiert. Auch werden Waffenlieferungen, Depots und Transportwege weiterhin
laufend zerstört.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Ende April stimmte Bidens Kriegsminister Austin die
NATO-Partner in Ramstein auf eine lange Dauer des Krieges ein. Eine permanente „Kontaktgruppe“
zur Unterstützung der ukrainischen Seite wurde eingerichtet. Ziel sei die „Schwächung
Russlands“. Die grüne BRD-Außenministerin hatte schon früher gedroht: „Wir
werden Russland ruinieren!“ Die Biden-Administration wird, so der Veteran der US-Diplomatie
Chas Freeman, „Russland bis zum letzten Ukrainer bekämpfen“. Suggeriert wird,
je länger der Krieg dauere, desto mehr Territorium werde die Westukraine
„zurückerobern“. Schon Minsk II scheiterte an dieser Selbstüberschätzung Kiews.
Das Gefährliche an einem andauernden NATO-Russland-Krieg in der Ukraine ist,
dass er jederzeit auf andere Länder übergreifen und in den 3. Weltkrieg umschlagen
kann. <o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">BDI-Präsident Russwurm forderte Anfang Mai in den USA namens
der ökonomisch herrschenden Klasse unseres Landes den „noch engeren
transatlantischen Schulterschluss“. Die Sanktionen gegen Russland treffen gerade
auch deutsche Unternehmen hart, aber die Reichen können viele Lasten auf die
Gesellschaft abwälzen. Die Lohnabhängigen werden den aggressiven Kurs der
Eindämmung und Schwächung Russlands auszulöffeln haben, soweit sie sich nicht wehren.
<o:p></o:p></p>
<i><span face=""Arial",sans-serif" style="font-size: 12pt; line-height: 107%; mso-ansi-language: DE; mso-bidi-language: AR-SA; mso-fareast-font-family: Calibri; mso-fareast-language: EN-US; mso-fareast-theme-font: minor-latin;">Kolumne in Unsere Zeit vom 13. Mai 2022, Autorin: Beate Landefeld</span></i>Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5411809657277583455.post-79934014073404177982022-04-08T14:26:00.001+01:002022-04-14T14:30:22.830+01:00Ideologische „Zeitenwende“? Gegen Geschichtsrevisionismus.<p> Folgt man der Propaganda unserer großen Medien, die den
US-Medien immer mehr nacheifern, sind die USA als Führungsmacht der „westlichen
Wertegemeinschaft“ wieder präsent und hat sich Biden an die Spitze des Kampfs
gegen „das Böse“ gestellt. USA, NATO und EU berauschen sich an ihrer Einigkeit.
Fragen nachdenkliche Stimmen, was vor dem Krieg falsch gelaufen sein könnte und
zu ihm geführt haben mag, gelten sie als Häretiker, wenn nicht als Verräter.
Die „Zeitenwende“, die jetzt eintreten soll, richtet sich gegen die „Gutgläubigkeit“
und den „Pazifismus“ der Deutschen. Die Deutschen seien zu „russenfreundlich“,
versichert der ukrainische Botschafter Melnyk. Seine Vorstöße, uns
umzuerziehen, bleiben nicht erfolglos.<span></span></p><a name='more'></a><p></p><p class="MsoNormal"><o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Altkanzler Schröder gilt mittlerweile als Verräter übelster
Sorte. Die SPD will den einst von Merkel und dem Bundesverband der deutschen Industrie
als „mutigen Reformer“ gefeierten Sozialdemokraten unbedingt loswerden. Nicht
wegen der Agenda 2010 und dem folgenden SPD-Wählerschwund soll er im Orkus
verschwinden, sondern weil er „Putinfreund“ sei. Und wer hätte 2020, als Altkanzlerin
Merkel Nawalny in die Charité holte und Putin als Nowitschok-Giftmischer verunglimpfte,
geahnt, dass dieselbe Merkel 2022 als „Appeasement“-Politikerin entlarvt würde?
Springers Welt riss Merkel die Maske vom Gesicht. Sie habe die NATO-Osterweiterung
gebremst und verantworte die Energieabhängigkeit Deutschlands von den Russen.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">1985 bezeichnete Bundespräsident Weizsäcker (CDU) in einer
Rede zum 40. Jahrestag des 8. Mai das Kriegsende als „Befreiung“. Die Rede galt
als „Durchbruch“ im Sinne einer demokratischen Geschichtsaufarbeitung in der
BRD. 2022 wird im Vorfeld des Tags des Sieges über den Hitlerfaschismus das
sowjetische Ehrenmal in Berlin-Treptow geschändet. Rechtskräfte stellen die
Rote Armee als Armee von „Besatzern“, nicht von „Befreiern“ dar. Das entspricht
dem Geschichtsbild der ukrainischen Nazis und wurde in der Zeit nach 2014
ukrainische Staatsideologie. Entsprechend diesem Geschichtsbild verehrt
Botschafter Melnyk den ukrainischen Antisemiten und Nazi-Kollaborateur Bandera als
„unseren Helden“, dem zum Ruhme er kurz nach seinem Amtsantritt 2015 in München
einen Kranz auf das Grab legte.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Der Maidan-Putsch 2014 wurde seitens der EU und der USA materiell
und politisch unterstützt und viele Jahre hindurch vorbereitet. Die
imperialistischen Mächte, vor allem Deutschland und die USA, setzten damit eine
seit 100 Jahren bestehende Tradition der Kollaboration mit ukrainischen
Nationalisten und Rechtsextremen fort, die im Ersten Weltkrieg begann, sich im russischen
Bürgerkrieg 1918-1921 fortsetzte und während der deutschen Besatzung im Zweiten
Weltkrieg sowie im Kalten Krieg bis 1953 andauerte. Auch für den Erfolg des Maidan-Coup
2014 gab der bewaffnete „Rechte Sektor“ den Ausschlag. Nach 2014 rüsteten die
USA die in die ukrainische Armee eingegliederten Nazi-Verbände (Asow, Aidar, etc.)
auf und bildeten sie für den Krieg zur Rückeroberung der Donbass-Republiken und
der Krim aus.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Die bevölkerungsreichsten Länder der Erde China und Indien
schlossen sich den Anti-Russland-Sanktionen der USA, der EU und anderer
pro-westlicher Staaten nicht an. Ebenso wenig taten dies große Länder Afrikas
und Lateinamerikas. US-Außenminister Blinken warf China vor, es stehe „auf der
falschen Seite der Geschichte“. Blinken, ein Neocon, hielt die US-zentrierte
Weltordnung, die nach dem Kalten Krieg entstand, für das Ende der Geschichte. Ihre
Zeit ist aber schon vorbei. Die NATO-Eindämmungs- und Rollbackpolitik ist auf den
Pakt mit Kräften angewiesen, für die der Sieg über den Faschismus 1945 eine
Niederlage war. Das zeigt deutlich, wer auf der falschen Seite der Geschichte
steht. Für uns ist der 8. Mai Tag der Befreiung, aber auch des Eintretens gegen
Geschichtsrevisionismus.<o:p></o:p></p>
<i><span style="font-family: "Arial",sans-serif; font-size: 12.0pt; line-height: 107%; mso-ansi-language: DE; mso-bidi-language: AR-SA; mso-fareast-font-family: Calibri; mso-fareast-language: EN-US; mso-fareast-theme-font: minor-latin;">Kolumne von Beate Landefeld in uz vom 8.4.2022</span></i>Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5411809657277583455.post-61784149585341086012022-03-11T14:06:00.001+00:002022-03-18T14:10:12.054+00:00Der Ukraine-Krieg hat eine Vorgeschichte. NATO-Narrative verdecken Ursachen<p> „Wird die Ukraine zum strategischen Erfolg für Washington?“ fragt
Rainer Rupp auf der inzwischen verbotenen Internet-Plattform Russia Today. „Seit
Jahrzehnten hatte Washington Europa nicht mehr so fest im Griff“ (1.3.2022). Wie
während der Höhepunkte des Kalten Kriegs gibt es derzeit im politischen,
wissenschaftlichen, kulturellen und sportlichen Sektor der BRD eine Welle von
Russophobie. Der Krieg und stets steigerbare Sanktionen halten den Hass in Gang
und eskalieren ihn. Bestrebungen zur Kooperation statt Konfrontation werden
„auf Eis gelegt“ oder gecancelt. Der Krieg bringt Zerstörung und Leid für die
ukrainische und die russische Bevölkerung. Seine globalen und Langzeitwirkungen
sind noch nicht absehbar. Den Fortschrittskräften hierzulande schafft er vorerst
jede Menge neue Probleme und Herausforderungen.<span></span></p><a name='more'></a><p></p><p class="MsoNormal"><o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Die politische Klasse preist die Geschlossenheit der NATO, der
EU, der Systemparteien. Eine gelb-blau-drapierte Friedensbewegung entsteht über
Nacht mit vielen neu in die Politik geschleuderten jungen Menschen, die der
„Krieg in Europa“ aufschreckt. Das Wissen darüber, was zu dieser Situation
geführt hat, beschränkt sich oft auf: „Putin ist böse“. Geht die traditionelle
Friedensbewegung darin auf? Wird sie als „Putinversteher(in)“ diffamiert und
marginalisiert? Beides ist nicht zwangsläufig. Es hängt davon ab, wie weit es
gelingt, möglichst vielen Menschen die Vorgeschichte und den internationalen
Zusammenhang der Ereignisse zu erklären und die militaristischen Narrative der
NATO-Eliten zu widerlegen. Ihre Narrative stützen sich auf schon früher
geformte Vorurteile, die der Ukraine-Konflikt zu bestätigen scheint. Drei Beispiele:<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">1) Die Kriegsursachen werden psychologisiert, Putin als
aggressiver, machthungriger Diktator oder als „durchgeknallt“ dämonisiert. Dämonisierung
des Gegners suggeriert die eigene moralische Überlegenheit und gehört zum NATO-Repertoire.
US-Präsident Reagan bezeichnete 1983 die UdSSR als „Reich des Bösen“.
US-Präsident George W. Bush nannte 2002 den Iran, den Irak und Nordkorea die
„Achse des Bösen“. Zu Putin hatte der Westen 2002 gute Beziehungen.
Dämonisierung und Psychologisierung können nicht erklären, weshalb Beziehungen
zwischen Staaten sich verschlechtern und es zu Kriegen kommt. Daher tragen sie
auch nichts zur zukünftigen Vermeidung von Kriegen bei. Sie befeuern nur schon bestehende
Konflikte.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">2) Ein Narrativ lautet, Putin habe die „europäische Friedensordnung“
zerstört. Das sei eine „Zeitenwende“, die in der „Rückkehr des Krieges nach
Europa“ bestehe. Unterschlagen werden die NATO-Bomben auf Belgrad und der Kosovokrieg
1999, der nie sanktioniert wurde und Putin eine Blaupause lieferte. Zudem sind die
Kriege im Irak, in Afghanistan, Libyen und Syrien, an denen EU- und NATO-Staaten
oder -Aspiranten sich beteiligten, nicht weniger grausam als Kriege in Europa. Totgeschwiegen
wird auch der seit 2014 geführte Krieg Kiews gegen die Volksrepubliken im
Donbass. All diese Kriege zeigen, dass NATO-Dominanz alles andere als „Friedensordnung“
ist. Eine Friedensordnung in Europa kann es nur mit, nicht gegen Russland geben.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">3) Ein drittes Narrativ besagt, im Ukrainekrieg kämpfe die „Demokratie
gegen Autoritarismus“. In der Realität ist die Ukraine kein Jota „demokratischer“
als Russland. Die ökonomische Macht haben in beiden Ländern Oligarchen. Staatsapparat,
Armee und Sicherheitsorgane der Ukraine sind seit 2014 mit Neonazis durchsetzt.
Die KP der Ukraine und Oppositionspolitiker werden unterdrückt. Kiews „Anti-Terror-Krieg“
gegen die Volksrepubliken im Donbass kostete 14000 das Leben. Nicht die
„Demokratie“ wird in der Ukraine verteidigt. Das Land dient den USA als Frontstaat
zur Eindämmung Russlands und Chinas. Die Eindämmungspolitik soll den Übergang von
der monopolaren US-Dominanz zu einer multipolaren Weltordnung bremsen.<o:p></o:p></p>
<i><span style="font-family: "Arial",sans-serif; font-size: 12.0pt; line-height: 107%; mso-ansi-language: DE; mso-bidi-language: AR-SA; mso-fareast-font-family: Calibri; mso-fareast-language: EN-US; mso-fareast-theme-font: minor-latin;">Kolumne von Beate Landefeld in unsere zeit vom 11.03.2022</span></i>Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5411809657277583455.post-26327816801722529062022-02-11T13:14:00.001+00:002022-02-16T13:19:58.013+00:00Der Druck auf die SPD wird erhöht – NATO-Medien treiben Eskalationsspirale an<p> Ein „Faktenchecker“ von T-online befand am 29.1.22:
„Schwesig hat ein Nord Stream 2-Geheimnis und traf sich mit Schröder“. Am
31.1.22 schwor Lars Klingbeil verschiedene SPD-Politiker auf die Formel ein:
„Der Russe eskaliert – wir halten alle Optionen auf dem Tisch, auch das Aus für
Nord Stream 2“. Die FAZ vom 1.2.22 schrieb: „Manuela Schwesig wird zum Problem
für die SPD“. Die NDR-Webseite titelte am selben Tag: „Ukraine-Krise: Rückt
Schwesig vom SPD-Kurs ab?“ Sie habe im Interview „trotz der verbal
vorgetragenen Unterstützung für Klingbeil vermied(en), dessen Kernaussage zu
Russland als Verursacher der Eskalation und zu den sogenannten ‚Optionen‘ zu
wiederholen“. Der NDR zitierte den mecklenburgischen CDU-Parlamentarier
Sebastian Ehlers, der Schwesig auf Twitter zum „Team Putin“ zählte.<span></span></p><a name='more'></a><p></p><p class="MsoNormal"><o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Schwesig machte nie ein Hehl aus ihrem Einsatz für die
Gaspipeline Nord Stream 2. Seit Langem plädierte sie im wohlverstandenen deutschen
Interesse und im Interesse des Landes Mecklenburg-Vorpommern für das Projekt. Ihre
Hartnäckigkeit stört jene, die schon immer gegen Nord Stream 2 waren und die zurzeit
die von Washington behauptete Bedrohung der Ukraine zum großen Schlag gegen das
Projekt nutzen. Gegen diesen Druck wirkt Schwesig in den Worten des
Vorsitzenden des Ostausschusses der deutschen Wirtschaft Oliver Hermes als
„Fels in der Brandung“ (Nordkurier 22.1.2022). Für die Inbetriebnahme von Nord
Stream 2 votiert in Umfragen die große Mehrheit der deutschen Bevölkerung, 67
Prozent im Januar 2022.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Es geht um Geopolitik, um die Machtverhältnisse auf dem
europäischen Energiemarkt und um die künftige deutsche Ostpolitik. Geopolitisch
setzen die USA ihre Strategie der Einkreisung und Schädigung Russlands fort, um
das Land zu schwächen und als Faktor auf dem europäischen Kontinent lahmzulegen.
Energiepolitisch soll Nord Stream 2 sofort blockiert werden und die EU künftig statt
Russland-Gas US-Fracking-Gas beziehen. In der deutschen Ostpolitik sollen jene Stimmen
in der SPD, die mehr auf Deeskalation und Kooperation mit Russland setzen
wollen, im Keim erstickt werden. Solche Stimmen werden des „Verrats“ verdächtigt.
Dazu halluziniert ein Teil der Medien ein „Schröder-Putin-Netzwerk“ herbei, unter
dessen Einfluss die Regierungspartei SPD zum „Unsicherheitsfaktor“ für das Land
werde.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Die Linie Merkel-Scholz war, Nord Stream 2 als „wirtschaftliches
Projekt“ möglichst aus der Politik herauszuhalten. Um den US-Sanktionsdruck zu
mildern, handelte Merkel 2021 mit Biden einen Kompromiss aus, der mehr Hilfen
für die Ukraine und für Nord Stream 2 einen „Notabschalter“ vorsah. Den „Notabschalter“
wollen die eifrigsten Transatlantiker nun im Voraus betätigen. Dafür nutzen sie
die Kriegshysterie um die Ukraine als Kulisse. Diese Kulisse schadet laut
Präsident Selenski allerdings auch der ukrainischen Wirtschaft, aus der
Investoren bereits fliehen. Auch bei uns fördert die Hysterie den Preisauftrieb
zu Lasten der Bevölkerung.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Laut BDI-Präsident Russwurm hängt die deutsche
Energieversorgung „nicht an einer einzelnen Pipeline, auch nicht an Nord Stream
2“. Er fügte hinzu, Deutschland beziehe mehr als 50 Prozent seines Gases aus
Russland und es „wäre sicherlich nicht leicht, diesen Anteil kurzfristig
komplett oder zu großen Teilen zu ersetzen“. Anders als der Ostausschuss
des BDI mit seiner Nähe zum Energiesektor, deutet Russwurm damit an, dass der
BDI sich auf eine Eskalation einstellen könne. Am Ende fügt sich „die
Wirtschaft“ wie bisher dem „Primat der Politik“ des NATO-Bündnisses.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Sozialdemokraten und Gewerkschafter, die die Reduzierung der
Außenpolitik auf Sanktionen als Sackgasse erkennen und mehr Entspannungspolitik
wollen, müssen die Friedensbewegung stärken. Eine andere verlässliche
Perspektive existiert nicht.<o:p></o:p></p>
<i><span style="font-family: "Arial",sans-serif; font-size: 12.0pt; line-height: 107%; mso-ansi-language: DE; mso-bidi-language: AR-SA; mso-fareast-font-family: Calibri; mso-fareast-language: EN-US; mso-fareast-theme-font: minor-latin;">Kolumne von Beate Landefeld in unsere zeit vom 11.2.2022</span></i>Unknownnoreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-5411809657277583455.post-19201813742183980412022-01-14T15:41:00.001+00:002022-01-26T15:45:17.454+00:00EU-Booster für AKWs. Reaktionäre Gefährdung des Atomausstiegs<p>Die EU-Kommission stuft Investitionen in Gas- und
Atomkraftwerke als „klimafreundlich“ ein. Sie gelten damit als „nachhaltig“ und
förderungswürdig. Das lenkt Kapitalströme in alte und neue AKWs und zugleich in
den „Green New Deal“. Gegen den Plan protestieren Umweltverbände, SPD und Grüne.
Die Ampel-Regierung lehnt ihn ab. Beim Thema Gaskraftwerke unterscheidet sich die
EU-Position allerdings nicht vom Ampel-Koalitionsvertrag, in dem es realistischerweise
heißt: „Wir beschleunigen die Errichtung moderner Gaskraftwerke“, die „für eine
Übergangszeit unverzichtbar“ seien. Laut Statistischem Bundesamt ist Erdgas mit
einem Anteil von 31 Prozent der mit Abstand wichtigste Energieträger der deutschen
Industrie. FDP-Sprecher begrüßten daher die Einstufung als „Erfolg der
deutschen Argumente“.</p><p class="MsoNormal"><o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Die Einstufung der Atomkraft als „grün“ ist dagegen ein
Erfolg der „französischen Argumente“.<span></span></p><a name='more'></a> Macron betreibt sie seit langem. Er will
sie als Rückenstärkung bei den Präsidentenwahlen, zumal Frankreich im
ersten Halbjahr 2022 die EU-Ratspräsidentschaft innehat. Nach den USA betreibt
Frankreich mit 56 AKWs die zweitmeisten AKWs der Welt. Ihr Anteil an der
Stromerzeugung ist mit 71 Prozent weltweit der höchste. Die Atomindustrie Frankreichs
entstand aus dem militärischen Komplex, der die Atombewaffnung umsetzte. De
Gaulle wollte nach der Suezkrise, in der der US-Imperialismus sich gegen den
französischen und britischen Imperialismus stellte, die Unabhängigkeit vom US- „Schutzschirm“
und von US-Öllieferungen erreichen.<o:p></o:p><p></p>
<p class="MsoNormal">In der BRD kämpfte seit den 1970er Jahren eine starke
Bewegung für den Ausstieg aus der Atomkraft. Entstehung, Identität und
Geschichte der Grünen sind mit der Anti-AKW-Bewegung verbunden. Die SPD-Basis schloss
sich an und auch die Mehrheit der Bevölkerung war dafür. Dass 2000 der Ausstieg
begann, war ein Erfolg der demokratischen Bewegung. 2010 verlängerte eine
CDU-geführte Regierung nochmal die Laufzeiten. Erst nach Fukushima 2011
schwenkte Kanzlerin Merkel auf den Ausstieg ein. Die deutsche Großbourgeoisie fand
sich mit dem Ausstieg ab, wenn auch mit Murren. Am Ende hatte der Erhalt der
Hegemonie ihrer Hauptpartei CDU/CSU Vorrang vor der Atompolitik. Drei der
letzten sechs AKWs wurden Ende 2021 abgeschaltet. Der Atomanteil an der
Stromerzeugung war 2020 noch 11 Prozent. <o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Der Vorstoß der EU-Kommission überrascht nicht. Wahrscheinlich
wurde er im Vorfeld mit den deutschen Unternehmerverbänden und den Spitzen der
alten und neuen Bundesregierung konsultiert. Den EU-Rechtsakt wieder zu kippen,
gilt als unrealistisch. Dazu wäre eine „qualifizierte Mehrheit“ von 20 Staaten
im EU-Rat nötig, die 65 Prozent der Einwohner repräsentieren. Auch ein
Beschluss des EU-Parlaments fände wohl keine Mehrheit, zumal der
EVG-Vorsitzende Manfred Weber (CSU) die Zustimmung der größten Fraktion bereits
ankündigte. Viele Mitglieder von SPD und Grünen sind nun enttäuscht. Die
Führungen beider Parteien werden es aber bei formalen Ablehnungsgesten belassen.
Die „deutsch-französische Freundschaft“ als Garantin einer EU mit
Weltmachtambitionen hat für sie Vorrang vor dem Atomausstieg.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal">Der Koalitionsvertrag will eine „handlungsfähigere und
strategisch souveränere EU“. Er will zu Lasten des Vetorechts „Mehrheitsentscheidungen“
in der EU ausweiten. Er fordert sogar die „Weiterentwicklung zu einem
föderalen, europäischen Bundesstaat“. Dabei zeigt gerade der „Atomkompromiss“,
wie recht Lenin hatte als er auf das Gesetz der Ungleichmäßigkeit der
Entwicklung von Unternehmen, Branchen und Ländern hinwies. Die Basis für Vereinbarungen
zwischen Staaten kann infolge dieses Gesetzes nur deren ökonomische,
politische, militärische und sonstige Macht sein. Lenin schlussfolgerte: Unter
diesen Umständen sind Vereinigte Staaten von Europa unmöglich oder reaktionär.<o:p></o:p></p>
<p class="MsoNormal"><i>Kolumne von Beate Landefeld in unsere zeit 14.1.2022<o:p></o:p></i></p>Unknownnoreply@blogger.com0