Donnerstag, 8. Dezember 2016
Freie Wahlen
Der Teletext bei ARD und ZDF unterlegt aktuelle
Meldungen mit Hintergrundwissen. Am 26. November bot der ZDF-Teletext
aus Anlass des Todes von Fidel Castro ein Kurzporträt des
Revolutionsführers. Es stellte die politischen Höhepunkte in
Castros Leben halbwegs sachlich dar. Ein schlaffer Versuch, das
Andenken an den kommunistischen Staatsmann zu vermiesen, fand sich am
Ende des Porträts: „Trotz der versuchten Invasion von Exilkubanern
und Attentatsversuchen blieb er an der Macht. Demokratischen Wahlen
stellte er sich nie.“ Hätte der Teletext-Autor nach „Wahlen in
Kuba“ gegoogelt, hätte er bei Wikipedia dies gefunden: „Die
Parlamentswahl in Kuba 2013 fand am 3. Februar statt. 8,4 Millionen
Wahlberechtigte konnten 612 Mitglieder der Nationalversammlung sowie
1269 Delegierte auf Provinzebene bestimmen. Fidel Castro und sein
Bruder Raoul gehörten zu den Kandidaten.“ Zwei Sätze später
behauptet aber auch Wikipedia: „Da Kuba ein Einparteiensystem ist,
welches von der Kommunistischen Partei beherrscht wird, gilt die Wahl
als unfrei.“ Mit „gilt“ erhält die Interpretation der Medien,
die bei uns dominieren, ihre Affirmation.
Blätterte man im ZDF-Teletext des 26. November weiter, stieß man auf die Meldung „Parlamentswahlen im Emirat Kuwait begonnen“. Danach habe Emir Sabah al-Ahmed Kuwaits Nationalversammlung vor Kurzem aufgrund von „Herausforderungen im Sicherheitsbereich“ aufgelöst. 480000 Kuwaitis seien aufgerufen, neu zu wählen. Weiter: „Das mehrheitlich sunnitische Kuweit ist der einzige Golfstaat, der über eine frei gewählte Nationalversammlung verfügt. Parteien sind allerdings offiziell verboten, die Regierung wird immer von einem Mitglied der Herrscherfamilie geführt.“ Wie im Internet zu erfahren ist, werden auch die wichtigsten Kabinettsposten an nahe Verwandte der Herrscherfamilie vergeben und wird das Parlament jedes Mal aufgelöst, wenn es anfängt, Regierungsmitglieder zu kontrollieren, so dass in den letzten 10 Jahren siebenmal neu gewählt wurde. Drei Millionen Gastarbeiter haben kein Wahlrecht. Frauen können seit 2006 wählen, ziehen aber wegen der Dominanz eines rückständigen Frauenbilds selten oder gar nicht ins Parlament ein. Doch das Land ist Major Non-NATO Ally, eine von den USA vergebene, offizielle Bezeichnung für Länder, die besonders enge, strategische Beziehungen mit den USA unterhalten. Als Anhängsel und Hoffnungsträger der westlichen Wertegemeinschaft hat Kuwait selbstredend eine „frei gewählte Nationalversammlung“, „allerdings“ mit ähnlichen Schönheitsfehlern, wie die zaristische Duma 1906 und 1907.
Fidel Castro sei ein „brutaler Diktator“ gewesen, tönte am 26. November der von 24 Prozent der Bürger im Wahlalter gewählte, neue US-Präsident Trump. Er siegte mit weniger Stimmen als Clinton dank des antiquierten US-Wahlsystems, in das Mechanismen zur Filterung des Volkswillens implementiert sind, die das im bürgerlichen Parlamentarismus übliche Maß übertreffen. Alexander Hamilton, einer der Verfassungsväter der „ältesten Demokratie der Welt“, erklärte den Sinn dieser Filter: „Alle Gemeinschaften unterteilen sich in die Wenigen und die Vielen. Erstere sind die reich und wohl Geborenen, die anderen die Masse des Volkes […] Das Volk ist turbulent und veränderlich; es urteilt und beschließt selten richtig. Gebt deshalb der ersten Klasse einen eindeutigen, dauerhaften Anteil an der Regierung.“ Worüber Hamilton hinweg sah, war, dass es unter den „reich und wohl Geborenen“ unberechenbare Trumps gibt. Die Filter sonderten den Linken Bernie Sanders aus, halfen aber Clinton, der Favoritin beider Flügel der US-Oligarchie, nicht ins Amt. Clinton konnte 2,5 Millionen Obama-Wähler von 2012 aus den Sektoren der Geringverdiener, Latinos und Frauen, nicht motivieren, wählen zu gehen. Die US-Oligarchie und das Establishment der Republikaner wollen nun Trump „einhegen“.
UZ-Kommentar 8.12.2016 von Beate Landefeld
Blätterte man im ZDF-Teletext des 26. November weiter, stieß man auf die Meldung „Parlamentswahlen im Emirat Kuwait begonnen“. Danach habe Emir Sabah al-Ahmed Kuwaits Nationalversammlung vor Kurzem aufgrund von „Herausforderungen im Sicherheitsbereich“ aufgelöst. 480000 Kuwaitis seien aufgerufen, neu zu wählen. Weiter: „Das mehrheitlich sunnitische Kuweit ist der einzige Golfstaat, der über eine frei gewählte Nationalversammlung verfügt. Parteien sind allerdings offiziell verboten, die Regierung wird immer von einem Mitglied der Herrscherfamilie geführt.“ Wie im Internet zu erfahren ist, werden auch die wichtigsten Kabinettsposten an nahe Verwandte der Herrscherfamilie vergeben und wird das Parlament jedes Mal aufgelöst, wenn es anfängt, Regierungsmitglieder zu kontrollieren, so dass in den letzten 10 Jahren siebenmal neu gewählt wurde. Drei Millionen Gastarbeiter haben kein Wahlrecht. Frauen können seit 2006 wählen, ziehen aber wegen der Dominanz eines rückständigen Frauenbilds selten oder gar nicht ins Parlament ein. Doch das Land ist Major Non-NATO Ally, eine von den USA vergebene, offizielle Bezeichnung für Länder, die besonders enge, strategische Beziehungen mit den USA unterhalten. Als Anhängsel und Hoffnungsträger der westlichen Wertegemeinschaft hat Kuwait selbstredend eine „frei gewählte Nationalversammlung“, „allerdings“ mit ähnlichen Schönheitsfehlern, wie die zaristische Duma 1906 und 1907.
Fidel Castro sei ein „brutaler Diktator“ gewesen, tönte am 26. November der von 24 Prozent der Bürger im Wahlalter gewählte, neue US-Präsident Trump. Er siegte mit weniger Stimmen als Clinton dank des antiquierten US-Wahlsystems, in das Mechanismen zur Filterung des Volkswillens implementiert sind, die das im bürgerlichen Parlamentarismus übliche Maß übertreffen. Alexander Hamilton, einer der Verfassungsväter der „ältesten Demokratie der Welt“, erklärte den Sinn dieser Filter: „Alle Gemeinschaften unterteilen sich in die Wenigen und die Vielen. Erstere sind die reich und wohl Geborenen, die anderen die Masse des Volkes […] Das Volk ist turbulent und veränderlich; es urteilt und beschließt selten richtig. Gebt deshalb der ersten Klasse einen eindeutigen, dauerhaften Anteil an der Regierung.“ Worüber Hamilton hinweg sah, war, dass es unter den „reich und wohl Geborenen“ unberechenbare Trumps gibt. Die Filter sonderten den Linken Bernie Sanders aus, halfen aber Clinton, der Favoritin beider Flügel der US-Oligarchie, nicht ins Amt. Clinton konnte 2,5 Millionen Obama-Wähler von 2012 aus den Sektoren der Geringverdiener, Latinos und Frauen, nicht motivieren, wählen zu gehen. Die US-Oligarchie und das Establishment der Republikaner wollen nun Trump „einhegen“.
UZ-Kommentar 8.12.2016 von Beate Landefeld
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