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Freitag, 14. Februar 2025

Trumps Außenpolitik. Zwischen Chaos und kontrolliertem Abstieg

 Nach Amtsantritt inszenieren sich Trump und Helfer als „schöpferische Zerstörer“, erpressen Länder, verhängen Zölle, machen Grenzen dicht, deportieren Einwanderer, sperren Mittel für USAID, fordern CIA-Angestellte auf, zu kündigen.

Trump-Fans sind fasziniert. Proteste der Gegner kommen mit dem Tempo der Überrumpelung nicht mit. USAID klingt wie Hilfswerk, ist aber primär mächtiges Einflussinstrument des US-Imperialismus in anderen Ländern. Aus dem Jahresetat von 40 Mrd. Dollar finanziert USAID Projekte von NGOs, „unabhängige“ Medien, Regime-Change-Operationen in aller Welt. Im Zuge der USAID-Abwicklung bringt die Plattform X täglich Enthüllungen: über Ausgaben USAIDs für Regime-Change in einzelnen Ländern, Zuflüsse an weltweit 6200 Journalisten, an Medien wie die BBC, an 9 von 10 Nachrichtenorgane der Ukraine, die BRD-Medien als Quelle dienen.

Montag, 2. September 2024

Kampf um Venezuela – Demokratie geht nur mit Antiimperialismus

Auf Antrag Maduros überprüft der Oberste Gerichtshof TSJ das Wahlergebnis des 28. Juli. Die Wahl verlief laut Beobachtern diszipliniert und friedlich. Nach Auszählung von 80 Prozent der Stimmen erklärte der Nationale Wahlrat CNE Maduro mit 51,2 Prozent zum Sieger. Edmundo Gonzales, der Strohmann der von den USA unterstützten ultrarechten Oppositionsführerin Machado, bekam danach 44,02 Prozent. 4,6 Prozent entfielen auf alle anderen Kandidaten. Die Auszählung von 97 Prozent der Stimmen ergab laut CNE-Bulletin vom 2. August ein kaum verändertes Ergebnis.

Für die „Opposition“ stand Gonzales schon vor der Wahl als Sieger fest. In den Tagen nach der Wahl kam es zu, teils gewalttätigen, Demonstrationen für und gegen die vom CNE verkündeten Ergebnisse. Dabei stürzten rechte Aufrührer ein Denkmal von Chavez vom Sockel. Ein PSUV-Parteibüro ging in Flammen auf. Es gab Plünderungen, Verhaftungen und Tote. Die Bolivarische Armee rief zu Frieden und Respekt vor der Entscheidung des Volkes auf: „Der von sozialen Netzwerken gesteuerte faschistische Staatsstreich wird auf der Straße niedergeschlagen.“ Am 2. August erklärte Maduro: „Wir haben die erste Phase eines Staatsstreichs besiegt.“

Mittwoch, 10. Juli 2024

EU-Wahl und Friedensfrage – Erfolge für „Putin-Parteien“?

 26 Prozent derer, die bei der EU-Wahl abstimmten, nannten „Friedenssicherung“ als für ihre Entscheidung wichtigstes Thema. An zweiter Stelle wurde „soziale Sicherheit“ genannt (23 Prozent), gefolgt von „Zuwanderung“ (17 Prozent), „Klima- und Umweltschutz“ (14 Prozent) und „Wirtschaftswachstum“ (13 Prozent). 2019 stand mit 23 Prozent „Klima- und Umweltschutz“ an erster Stelle. Der Ukrainekrieg veränderte die Rangfolge. Im Wahlkampf selbst war „Friedenssicherung“ nur ein Randthema. Politiker der NATO-Parteien von Union, SPD, FDP und Grünen profilierten sich vielmehr als Antreiber beim Besteigen der jeweils nächsten Stufe der Eskalationsleiter.

Dienstag, 30. Januar 2024

Die Bauernproteste – Spitze eines Eisbergs.

 Den Bauernprotesten im Dezember folgte zu Jahresbeginn ein halber Rückzieher der Regierung: Die Kfz-Steuerbefreiung für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge bleibt. Die Agrardieselrückvergütung fällt nicht sofort weg, sondern wird über drei Jahre „abgeschmolzen“. Die Zugeständnisse halten die Mobilisierung der Bauern für die Aktionswoche 8.-15. Januar 2024 nicht mehr auf. Zu groß ist die Wut. Von 3 Milliarden Euro Streichungen bei „klimaschädlichen Subventionen“ sollten die knapp 300000 bäuerlichen Betriebe fast ein Drittel (900 Millionen) schultern, obwohl laut Umweltbundesamt weniger als 10 Prozent der „klimaschädlichen Subventionen“ an sie fließen und der Rest in andere Wirtschaftszweige. Die überproportionale Belastung und darin ausgedrückte Geringschätzung provozierten.

Freitag, 11. Juni 2021

Klimapolitik schwarz-gelb-rot-grün: Massenbelastungen und kaum Lenkungswirkung

Die im Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) vorgesehene CO2-Bepreisung in den Sektoren Verkehr und Gebäude gilt seit 1.1.2021. Sie beträgt vorerst 25 Euro pro Tonne CO2, die von den Inverkehrbringern auf die Endverbraucher umgelegt werden dürfen. Infolgedessen stieg der Benzinpreis bereits um 6 Cent pro Liter. Bis 2025 soll der Preis laut BEHG auf 55 Euro pro Tonne steigen. Die Grünen fordern 60 statt 55 Euro pro Tonne und ein Vorziehen des Anstiegs auf 2023. Damit steige – so Annalena Baerbock im Interview mit der Bildzeitung – der Benzinpreis um weitere 10 Cent auf insgesamt 16 Cent. Das sind 0,5 bis 0,7 Cent mehr als bisher geplant.

Freitag, 12. März 2021

Juniorpartner im herrschenden Block – der Aufstieg der Grünen

NATO-Hörigkeit, Russophobie, Doppelstandards der Grünen sind zu entlarven. Dabei sollten gleiche Maßstäbe gelten wie bei anderen bürgerlichen Parteien. Sonst kann man Anhänger der Grünen – das sind dummerweise viele – kaum überzeugen. Mit Parteispenden der Arbeitgeberverbände Südwestmetall und der Bayrischen Metall- und Elektroindustrie lässt sich eine besondere Nähe der Grünen zur Rüstungsindustrie nicht belegen, wie es in der UZ vom 5.3.2021 versucht wird. Beide Verbände spenden seit jeher an alle neoliberalen NATO-Parteien im Bundestag, außer an die AfD. An die CDU/CSU überwiesen sie in den letzten fünf Jahren allerdings vier bis fünfmal so viel wie an FDP und Grüne. Der SPD gaben sie viel weniger, der PDL nichts. 2020 spendeten Kapitalistenverbände und Oligarchen der CDU/CSU 1,94 Millionen, der FDP 100000, Grünen und SPD je 50000. Das ist die übliche Gewichtung und Rangfolge in der Wertschätzung der Großbourgeoisie.

Freitag, 15. Januar 2021

SPD vererbt Grünen das Kampfdrohnenproblem – AKK drängte vergeblich auf Eile

Schon 2017 hofften die Unternehmerverbände auf die Ablösung der ungeliebten Großen Koalition durch die schwarz-grün-gelbe Jamaika-Koalition. Lindner vermasselte es. Danach galt die GroKo lange als wackelige Übergangslösung, jederzeit bedroht durch eine unzufriedene SPD-Basis, die in langwierigem Verfahren eine neue Führung wählte. Das Duo Esken / Walter-Borjans siegte mit der Zusage, die GroKo zu beenden. Sie taten es nicht, weil die Fraktion es nicht wollte. Die Kritiker wurden auf ein Ende der GroKo im Herbst 2021 vertröstet. Einige Enttäuschte verließen die SPD, aber die GroKo blieb. Während der ganzen Legislaturperiode schien klar zu sein: Nach der Bundestagswahl 2021 kommt es zu einer schwarz-grünen Koalition.

Seit einem Jahr prägt nun Corona das Stimmungsbild. Die Zahl derer, die genau verfolgen, was die Regierung tut, dürfte massiv gestiegen sein, da die Pandemiemaßnahmen fast jeden betreffen. Die Pandemie hievte Markus Söder hinter Angela Merkel in die oberen Ränge der Beliebtheitsskala, während die Kandidaten für den CDU-Vorsitz Laschet, Merz und Röttgen im unteren Bereich vor sich hindümpeln. Söder hat seit der letzten Bayernwahl grüne Kreide gefressen. In der Pandemie profiliert er sich – trotz Pannen der eigenen Administration – als Lockdown-Hardliner. Seither hält ihn eine klare Mehrheit für geeignet, Kanzler zu werden. Die CDU mag hoffen, dass sich dies bis zur Entscheidung über die Kandidatur noch ändert. Ein Risiko, das Kanzleramt zu verlieren, werden CDU/CSU aber nicht eingehen.

SPD und Grüne treten auch mit dem Anspruch an, künftig den oder die Kanzlerin zu stellen. Das ist irreal, erspart ihnen aber Koalitionsbekenntnisse. Real kann eine der beiden Parteien Juniorpartnerin der Hauptpartei des Monopolkapitals CDU/CSU werden, eine Rolle, die wenig Spielraum bietet, Wahlversprechen einzulösen. Monopolbourgeoisie und imperialistische NATO-Partner erwarten stattdessen, dass sie bevölkerungsfeindliche Beschlüsse wie die Anschaffung von Kampfdrohnen mittragen. Die SPD-Führung fordert zuvor eine „gesellschaftliche Debatte“. Die Grünen, die bisher Kampfdrohnen ablehnen, sind sauer, weil die SPD ihnen die Entscheidung nicht abgenommen hat. Die Drohne wird Wahlkampfthema.

Kriegsministerin Kramp-Karrenbauer nennt die SPD „unverantwortlich“. Kampfdrohnen dienten der Sicherheit „unserer Soldaten“. Laut Wolfgang Steiger, Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrats gefährdet die SPD Deutschlands Ruf als verlässlicher Partner für künftige Rüstungskooperationen. „Wie sollen europäische Großvorhaben wie das FCAS (Future Combat Air System) oder die Eurodrohne gemeinsam mit Frankreich, Italien und Spanien umgesetzt werden, wenn Deutschland schon derartig wankelmütig in der Entscheidung zur Beschaffung bewaffneter Drohnen ist?“

Mehr Milde zeigt Daniela Vates vom Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Die SPD mit ihren Wurzeln in der Friedensbewegung kämpft darum, ihren weiteren Abstieg zu verhindern. Sie hat sich gerade mal vor einem Jahr eine Parteiführung gewählt, die ganz explizit dafür steht, den linken Flügel zu besänftigen“ (RND 16.12.2020). Das Problem, nichtmonopolistische Wählerschichten gegen deren ureigenste Interessen in eine kapitalistisch-imperialistische Politik einzubinden, kann die SPD, deren Wählerschaft sich in der Nach-Schröder-Ära sukzessive halbierte, künftig an die Grünen in einer schwarz-grünen GroKo vererben.

Dass die Kampfdrohnen nicht, wie geplant, still und leise beschlossen werden konnten, sondern im Wahlkampf debattiert werden müssen, ist ein Erfolg der Friedensbewegung. Auch die Aufrüstung nach NATO-Vorgaben, die Rüstungsgroßprojekte der EU, die zunehmende Militarisierung der Außenpolitik und die Notwendigkeit von Rüstungskontrolle und Abrüstung werden dabei unvermeidlich zur Sprache kommen.

UZ-Kolumne von Beate Landefeld vom 15.1.2021

Freitag, 10. Juli 2020

Sprang Merkel über ihren Schatten? Das Großkapital will eine robustere EU

Um die deutsche EU-Ratspräsidentschaft ranken die bürgerlichen Medien eine Erzählung, die ungefähr so lautet: In der Corona-Krise stieg Angela Merkels Beliebtheit auf ein Hoch. Da Merkel 2021 nicht zur Wiederwahl stehe, könne sie mit dem Merkel-Macron-Plan „über ihren Schatten springen“. Der Plan sieht Zuschüsse von 500 Milliarden für den Wiederaufbau der am meisten von Corona betroffenen Länder vor. Die Merkel-Vertraute Ursula von der Leyen, so geht die Erzählung weiter, legte seitens der EU-Kommission noch 250 Milliarden drauf. Die 750 Milliarden plus die 1100 Milliarden des EU-Haushalts 2021-2027 werden als Paket im Rat verhandelt. Erstmals soll die EU für einen Teil der Summe gemeinsame Schulden aufnehmen. Das war für die deutsche Bourgeoisie bisher tabu. „Eurobonds“ galten ihr als Frevel, da Länder, die „über ihre Verhältnisse lebten“, mit hohen Zinsen zu bestrafen seien.

Freitag, 14. Februar 2020

In Thüringen misslang die diskrete Öffnung der bürgerlichen Mitte nach rechts


Mit der Wahl Kemmerichs zum Ministerpräsidenten Thüringens wollten AfD, FDP und CDU eine zweite Amtszeit des Linke-Politikers Ramelow verhindern. Direkt nach der Wahl stellten sich die FDP-Führer Lindner und Kubicki hinter Kemmerichs Plan, mit CDU, Grünen und SPD eine „Regierung der Mitte“ zu bilden. Von der CDU-Spitze war nichts zu hören. Erst als auf Twitter und vor FDP- und CDU-Parteibüros ein Proteststurm einsetzte, gingen die Spitzen beider großbürgerlichen Parteien auf Distanz zum Wahl-Coup ihrer Erfurter Abgeordneten. Kemmerichs Fehler sei gewesen, seine „überraschende“ Wahl durch die AfD anzunehmen, hieß es nun. Tags darauf forderte Angela Merkel, die Ergebnisse der Wahl rückgängig zu machen.

Freitag, 10. Januar 2020

Für einen „normalen“ Nationalstaat. Irak braucht Frieden und Souveränität


Im Irak-Krieg 2003 wurde der frühere Staatsapparat des Irak zerstört. Unter dem Regime Saddam Husseins waren die Sunniten privilegiert, die Schiiten unterdrückt. Seit Saddams Sturz wird der unter der US-Besatzung gebildete Staatsapparat weitgehend von Schiiten getragen. Sie stellen Zweidrittel der Bevölkerung. Der Iran, dessen theokratische Führung sich als Schutzmacht der Schiiten sieht, gewann im Irak stark an Einfluss. Irans Einfluss steigerte sich noch im Zuge der „Volksmobilisierung“ im Kampf gegen den IS. Dafür wurden Milizen rekrutiert. Ihren Aufbau unterstützte auch der iranische General Suleimani. Laut New-York-Times-Korrespondent David D. Kirkpatrik liquidierten die USA mit Suleimani „einen der effektivsten Gegner des Islamischen Staats“, der mit Iran-gestützten Milizen die Bodentruppen erheblich verstärkt habe, die den IS aus seinen Stützpunkten in Syrien und im Irak vertrieben (5.1.).

Freitag, 13. Dezember 2019

Verdächtig harmonisch. SPD will aus der „neoliberalen Pampa“ heraus


Das Mitgliedervotum für Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans zeigt, dass eine Mehrheit der aktiven SPD-Mitglieder dem bisherigen Partei-Establishment nicht zutraut, die SPD aus der Krise zu führen. Der SPD-Parteitag beschloss einen Leitantrag, den der alte Vorstand zusammen mit dem neuen Führungsduo entwarf. Eine Spaltung der Partei sollte vermieden werden. Tatsächlich verlief der Parteitag verdächtig harmonisch. Der fast einstimmig verabschiedete Leitantrag soll, wie Saskia Esken formulierte, der Fortsetzung der GroKo „eine realistische Chance“ geben. Mit CDU/CSU will man über Nachbesserungen beim Klimapaket, Infrastrukturinvestitionen und einen höheren Mindestlohn sprechen. Die Forderungen an die künftige Arbeit der GroKo blieben vage. Kevin Kühnert, der bekannteste GroKo-Gegner, bewarb den Leitantrag mit dem Argument, man könne der neuen SPD-Führung vertrauen, dass sie bezüglich der GroKo künftig richtige Entscheidungen treffe.

Freitag, 11. Oktober 2019

Klimapaket hilft Autoindustrie „grün“ zu werden

Zum klimaschädlichen CO2-Ausstoß trugen 2017 die Sektoren Energiewirtschaft mit 39 Prozent, Industrie mit 22, Verkehr mit 20 und Gebäudewirtschaft mit 17 Prozent bei. Energiesektor und Industrie, zusammen Verursacher von über 60 Prozent des Ausstoßes, unterliegen seit 2005 dem EU-Emissionshandel (ETS), in dem die Verschmutzungsrechte schrittweise verknappt werden. In den Nicht-ETS-Sektoren Verkehr, Gebäudewirtschaft und Landwirtschaft wird die BRD ihre Reduktionsziele 2005-2020 (-14%) und 2021-2030 (-38%) voraussichtlich verfehlen. Es drohen Strafen seitens der EU. Dazu kommt der Imageschaden. Für das Verfehlen der Ziele im Nicht-ETS-Bereich ist primär der Verkehr verantwortlich, in dem der CO2-Ausstoß trotz technischen Fortschritts sogar anstieg. Grund ist das höhere Verkehrsaufkommen im Güter- und Personenverkehr.

Freitag, 9. November 2018

Falsche Zuschreibungen


Söder tönte nach der Bayernwahl, er wolle nicht mit den Grünen koalieren. Vielmehr wolle er mit den Freien Wählern eine „bürgerliche Regierung“ bilden. Will er suggerieren, Koalitionen mit Grünen oder die GroKo in Berlin seien Koalitionen mit „nichtbürgerlichen“, „linken“ Parteien? Weiter rechts von Söder, kläfft die AfD gegen ein „links-grün-versifftes Establishment“ und unterstellt, es gäbe eine Dominanz „der Linken“ in Medien, Staat und Gesellschaft. Als „links“ verschrien ist in diesem Spektrum auch die SPD-Führung. Angela Merkel wiederum ist den Rechten in ihrer eigenen Partei „zu links“. AfDler beschimpfen Merkel gar als „Honecker-Zögling“.  
Was „links“ und was „rechts“ ist, hängt nicht davon ab, ob eine politische Richtung von einer imaginären „Mitte“ nach „rechts“ oder „links“ abweicht. Vielmehr muss der Klasseninhalt von Politik analysiert werden. Ursprung des „Rechts-Links-Schemas“ war die Sitzordnung in der französischen Nationalversammlung. Doch seitdem bedeutet „links“ die Parteinahme für die Emanzipation der unteren Klassen und „rechts“ die Verteidigung von Macht und Privilegien der oberen Klassen.
In der Bundesrepublik herrscht ökonomisch die Monopolbourgeoisie, deren politische Hauptpartei seit Jahrzehnten die CDU/CSU ist. Die Rolle der rechten SPD-Führung besteht seit mehr als 100 Jahren darin, die Arbeiterklasse in das kapitalistische System zu integrieren. Da sie das nur kann, wenn sie in gewissem Maß in der Arbeiterklasse verankert bleibt, entsteht in ihr zugleich immer wieder ein oppositioneller linker Flügel. Wenn Peer Steinbrück sich für die SPD zurzeit einen Bernie Sanders (nur 30 Jahre jünger) wünscht, trägt er dieser Logik Rechnung. Die Grünen stiegen auf, als im Gefolge der Ausweitung des Bildungswesens in den 1970er Jahren die neuen Mittelschichten stark anschwollen. Im Unterschied zum alten Mittelstand und zum traditionellen Beamtentum sind große Teile der neuen Mittelschichten Nachfolgegenerationen der 1968er und Aufsteiger aus Familien Lohnabhängiger.
In den 1980ern engagierten sich viele Angehörige der neuen Mittelschichten in den „neuen sozialen Bewegungen“ für Frauenrechte, gegen AKWs, für Schwulen- und Minderheitenrechte. Dem Neoliberalismus gelang es, durch Aufgreifen dieser „weichen“ Themen der Nach-1968er Bewegung und mit rechtlichen und kulturellen Zugeständnissen, große Teile der neuen Mittelschichten für das Bündnis mit dem Monopolkapital zu gewinnen. Politik und Ideologie des Monopolkapitals modernisierten sich dabei, auch im Eigeninteresse an mehr Frauenerwerbsarbeit oder an mehr Migration. Das ist ablesbar an der Modernisierung der CDU durch Merkel, mit der die Partei in Großstädten verlorenen Boden gut machen wollte.
Seit dem Jugoslawienkrieg haben sich die Grünen endgültig vom Antiimperialismus der 1968er gelöst und sind ins NATO-Lager übergegangen. Auch waren sie als Beteiligte an der Agenda 2010 Komplizen beim Abbau von Rechten der Arbeiterklasse. Daher ist ihre Politik schon lange nicht mehr „links“. Vielmehr sind die Verwerfungen infolge des neoliberalen Umbaus, die Prekarisierung und Schwächung der Arbeiterbewegung, die Folgen imperialistischer Kriege und Regime Changes mitverantwortlich für den Aufstieg des Rechtspopulismus. Früher wurde dieser durch die CDU und vor allem die CSU mit abgedeckt. Nach deren „Modernisierung“ geht das nicht mehr.
Ein großes linkes Lager, dem ein bürgerliches Lager gegenüberstünde, gibt es in der Bundesrepublik heute nicht. Die Linkspartei agiert im Zehn-Prozent-Ghetto, die DKP ist weitgehend marginalisiert. Die SPD will sich ständig erneuern, weiß aber nicht wie. Die vielen Massenaktionen gegen rechts, für Demokratie und soziale Belange schlugen an den Wahlurnen bisher primär für die Grünen zu Buche. Immerhin erhöht das für CDU/CSU die Hemmschwelle für Koalitionen mit der AfD.  

UZ-Kolumne von Beate Landefeld vom 9.11.2018

Freitag, 12. Oktober 2018

Ungeliebte GroKo. Die Merkel-Nachfolger scharren mit den Füßen


Zum „Deutschlandtag“ traf sich Anfang Oktober die Junge Union. Der ungeduldige Nachwuchs der Hauptpartei des Monopolkapitals CDU/CSU forderte für künftige Bundeskanzler eine Amtszeitbegrenzung von drei Legislaturperioden. Angela Merkel absolviert ihre vierte Amtszeit, ist aus JU-Sicht also überfällig. Falls die Landtagswahlen in Bayern und Hessen den Parteien der GroKo so schwere Verluste bringen, wie erwartet, wird auch die Nachfolgediskussion für den Parteivorsitz der CDU neu entbrennen. Merkel will im Dezember nochmals für den Vorsitz kandidieren. Drei politisch Unbekannte kündigten schon Gegenkandidaturen an. Bereits nach der Abwahl des Merkel-Vertrauten Kauder vom CDU-Fraktionsvorsitz titulierte EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) Merkel als „lahme Ente“.

Freitag, 10. August 2018

Linke Machtoption?


„Die Idee ist gut. Der Zeitpunkt ist richtig gewählt. Das Bedürfnis nach tiefgreifender Veränderung ist riesig“, schreiben der SPD-Bundestagsabgeordnete Marco Bülow, die Linke Sevim Dagdelen und die Grüne Antje Vollmer im Spiegel vom 3.7.2018. Es geht um die Sammlungsbewegung Aufstehen für ein friedliches und gerechtes Land, die Sahra Wagenknecht und andere am 4. September ausrufen wollen. Sie sei keine neue Partei, sondern verstehe sich als außerparlamentarische Bewegung, die neue Themen und Positionen in die öffentliche Debatte bringen will. Mit dabei sind der Sozialpolitiker Rudolf Dressler (SPD), der Soziologe Wolfgang Streeck, der Dramaturg Bernd Stegemann. Wagenknecht nennt als Ziel „andere politische Mehrheiten und eine neue Regierung mit sozialer Agenda“. Dafür will die Sammlungsbewegung Mitglieder der SPD, der Grünen, der Linken, Parteilose und Nichtwähler mobilisieren. Die SPD sei ein „Schlüssel“ für andere politische Mehrheiten. Solange die SPD ihre Agenda-2010-Politik fortsetze, werde sie aber weiter schrumpfen. „Das verringert die Chance auf eine linke Machtoption“, so Wagenknecht gegenüber dem Spiegel.

Freitag, 13. Juli 2018

Noch wird Merkel im Herrschaftssystem gebraucht


Die CDU/CSU als Hauptpartei des deutschen Monopolkapitals erweist sich seit Jahrzehnten als fähig, den Konsens einer Bevölkerungsmehrheit dafür zu organisieren, dass sich beim oberen 1 Prozent Reichtum und Macht ungestört vermehren. Sie tut es durch ihren Wählereinfluss als „Volkspartei“ und indem sie mit anderen, im gleichen Sinn „regierungsfähigen“ Parteien koaliert. 69 Jahre Bundesrepublik Deutschland waren 49 Jahre mit CDU-geführten Regierungen. Zwischen 1969 und 2005 lagen 20 Jahre mit SPD-geführten Regierungen. Nach Schröders Agenda 2010 verlor die SPD die Eigenschaft einer „Volkspartei“, stark genug, eine Regierung im Bund zu führen. Damit wurde das von bürgerlichen Parlamentarismus-Experten als ideal angesehene Wechselspiel zwischen Mitte-Rechts- und Mitte-Links-Regierungen ausgehebelt. Regierungen auf Bundesebene sind ohne CDU nicht mehr möglich.

Samstag, 9. Dezember 2017

Sorgen einer Minderheit - Ein Vorstoß des CDU-Wirtschaftsrats

Der CDU-Wirtschaftsrat ist nicht irgendwer. Die in ihm zusammengeschlossenen rund 11000 Unternehmer sind der organisierte Kern des Wirtschaftsflügels der politischen Hauptpartei des deutschen Monopolkapitals. Den vom Wirtschaftrat jährlich ausgerichteten Wirtschaftstag der Union nannte das Handelsblatt einmal die „Jahreshauptversammlung der deutschen Wirtschaft“. Die Führungsgremien des Wirtschaftsrats sind mit Vertretern des Monopolkapitals besetzt. Werner M. Bahlsen, einer der 500 reichsten Deutschen, steht an der Spitze. Die Frage „Was macht der Wirtschaftsrat?“ beantwortet die Homepage des Zusammenschlusses wie folgt: „Die Führungskräfte der Wirtschaft sind zahlenmäßig immer eine Minderheit. Um ihre berechtigten Anliegen dennoch durchsetzen zu können, müssen sie über bessere Informationen, eine bessere Organisation und bessere Argumente verfügen als andere.“ Das allerbeste Argument dürfte dabei die ökonomische Macht der „Führungskräfte“ sein.

Montag, 9. Januar 2012

Nachdenken anlässlich des 120. Jahrestags des Erfurter Programms der SPD

Von Robert Steigerwald

Ein Dialog aus Platons Werk „Der Staat“

Sokrates: Nun weißt du doch, dass die reichen Leute ganz außer Angst sind und vor ihren Sklaven sich nicht fürchten?
Glaukon: Was hätten sie auch für Veranlassung zur Furcht?
Sokrates: Keine; aber bist du dir auch klar über den Grund dieser Erscheinung?
Glaukon: Jawohl; er ist dieser: Der ganze Staat steht jedem einzelnen dieser Privatleute zur Seite.
Sokrates: Richtig. Aber gesetzt nun ein Gott entrückte einen dieser Männer, der 50 oder mehr Sklaven hat, aus der Stadt und versetzte ihn mit Weib und Kind und seiner ganzen Habe sowohl mit seinen Sklaven in eine Wüste, wo ihm kein Freier zu Hilfe kommen könnte, welche Vorstellung machst du dir da wohl von der Art und Größe der Todesfurcht für sich selbst für seine Kinder und sein Weib, in der er vor den Sklaven schwebt?
Glaukon: Sie ist die denkbar größte meiner Ansicht nach.1