„I love the tariffs,“ trällerte Trump im Wahlkampf. Mit zehn Prozent auf Importe aller Länder plus variierenden Aufschlägen für Länder mit Exportüberschüssen gegenüber den USA will er ausgelagerte Produktion „zurückholen“, mit Zolleinnahmen das Staatsbudget aufbessern. Beides wird nicht passieren, sagen fast alle Ökonomen. US-Notenbankchef Jerome Powell prophezeit mehr Inflation, Stagnation, Rezession. Die Konzerne schlagen Zölle auf die Preise wie indirekte Steuern. Abgeschöpft werden die Konsumenten. Rückholung von Produktion braucht Investitionen in Gebäude, Rohstoffe, Maschinen, Arbeitskräfte, in Qualifizierung, Bildung, Gesundheit. Trump lockt mit mehr Deregulierung und Steuersenkungen primär private Investoren.
Verwerfungen in der Weltwirtschaft werden befürchtet. Die Tagesthemen vergleichen Trumps Zollpolitik mit US-Zöllen während der Weltwirtschaftskrise 1930. Yanis Varoufakis sieht Parallelen zu Nixons Beendigung der Golddeckung des Dollars 1971, andere ziehen Vergleiche mit dem „Volcker-Schock“ 1979-82. Die letzten beiden Ereignisse beförderten im Westen die Wende zum Neoliberalismus. Deregulierung, Privatisierung und Umverteilung von unten nach oben sollten die Kapitalprofitabilität erhöhen, nicht zuletzt durch Auslagerungen in „Billiglohnländer“. Harvey definierte den Neoliberalismus als „Restauration von Klassenmacht“.
Jetzt verkündet Keir Starmer in London das „Ende der Globalisierung“.
Tatsächlich? Basis der Globalisierung ist die dem Kapitalismus innewohnende
Tendenz zur internationalen Vergesellschaftung der Produktion. Sie realisiert
sich in Schüben, unterbrochen durch Perioden, in denen Abgrenzung,
Fragmentierung und Krieg überwiegen. Globalisierungs-Höhepunkte waren die frühe
Neuzeit und die Industrialisierung 1750-1880 (vgl. Manifest). Nach den
Weltkriegen wurde der internationale Verflechtungsgrad von 1913 erst 1970
wieder erreicht. Die Bipolarität von Kapitalismus und Sozialismus prägte
1945-1991. Nach 1991 brachte die Ostexpansion des unipolar US-dominierten kapitalistischen
Systems den jüngsten Globalisierungsschub.
China öffnete sich schon 1978 für westliche Investitionen. Es
nutzte Joint Ventures, um seine souveräne Entwicklung zu fördern und konnte in
Lieferketten multinationaler Konzerne von der low end zur high end Produktion
aufsteigen. Nach der Krise 2008 verlangsamte sich die Globalisierung, primär
weil Wachstum, Handel und Investitionen der reichen Länder schwach blieben. Die
Investitionsflüsse in der Süd-Süd-Richtung setzten sich fort. Aus Angst vor
Hegemonieverlust diskutiert die US-Bourgeoisie seit der Krise 2008 über
„Entkoppelung“ von der aufsteigenden VR China. Trump ging in seiner ersten
Amtszeit aggressiv gegen Huawei und ZTE vor.
In der EU forderte Sigmar Gabriel, Minister der
Merkel-Regierung, früh „Entkoppelung“. Er drängte ost- und südeuropäische
Länder, aus Kooperationen mit China, wie der Belt & Road-Initiative oder dem
Format 16+1 auszusteigen. Seit der Coronakrise nahm die Diskussion über „Entkoppelung“
und „Resilienz“ überall Fahrt auf. Die Tendenzen der Abgrenzung und
Fragmentierung verstetigten sich, ganz gleich, ob unter neoliberal-rechtspopulistischen
oder neoliberal-scheinprogressiven Regierungen.
Die Basis der Fragmentierungstendenz ist die Konkurrenz. Auch
sie ist ein objektives Gesetz des Kapitalismus. Sie hebt aber die Vergesellschaftungstendenz
nicht auf. Die Kooperation der BRICS, Chinas Belt & Road-Initiative, auch Kooperationen
wie die ASEAN und andere, sind Beispiele. Neu ist, dass künftig internationale
Vergesellschaftung sich nicht mehr unipolar, um ein einziges Zentrum organisiert,
sondern um mehrere Zentren in einer multipolar gewordenen Welt. Der
Klassenkampf muss dafür sorgen, dass diese Zentren koexistieren und kooperieren,
statt Kriege zu führen.
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