„Wird die Ukraine zum strategischen Erfolg für Washington?“ fragt Rainer Rupp auf der inzwischen verbotenen Internet-Plattform Russia Today. „Seit Jahrzehnten hatte Washington Europa nicht mehr so fest im Griff“ (1.3.2022). Wie während der Höhepunkte des Kalten Kriegs gibt es derzeit im politischen, wissenschaftlichen, kulturellen und sportlichen Sektor der BRD eine Welle von Russophobie. Der Krieg und stets steigerbare Sanktionen halten den Hass in Gang und eskalieren ihn. Bestrebungen zur Kooperation statt Konfrontation werden „auf Eis gelegt“ oder gecancelt. Der Krieg bringt Zerstörung und Leid für die ukrainische und die russische Bevölkerung. Seine globalen und Langzeitwirkungen sind noch nicht absehbar. Den Fortschrittskräften hierzulande schafft er vorerst jede Menge neue Probleme und Herausforderungen.
Die politische Klasse preist die Geschlossenheit der NATO, der
EU, der Systemparteien. Eine gelb-blau-drapierte Friedensbewegung entsteht über
Nacht mit vielen neu in die Politik geschleuderten jungen Menschen, die der
„Krieg in Europa“ aufschreckt. Das Wissen darüber, was zu dieser Situation
geführt hat, beschränkt sich oft auf: „Putin ist böse“. Geht die traditionelle
Friedensbewegung darin auf? Wird sie als „Putinversteher(in)“ diffamiert und
marginalisiert? Beides ist nicht zwangsläufig. Es hängt davon ab, wie weit es
gelingt, möglichst vielen Menschen die Vorgeschichte und den internationalen
Zusammenhang der Ereignisse zu erklären und die militaristischen Narrative der
NATO-Eliten zu widerlegen. Ihre Narrative stützen sich auf schon früher
geformte Vorurteile, die der Ukraine-Konflikt zu bestätigen scheint. Drei Beispiele:
1) Die Kriegsursachen werden psychologisiert, Putin als
aggressiver, machthungriger Diktator oder als „durchgeknallt“ dämonisiert. Dämonisierung
des Gegners suggeriert die eigene moralische Überlegenheit und gehört zum NATO-Repertoire.
US-Präsident Reagan bezeichnete 1983 die UdSSR als „Reich des Bösen“.
US-Präsident George W. Bush nannte 2002 den Iran, den Irak und Nordkorea die
„Achse des Bösen“. Zu Putin hatte der Westen 2002 gute Beziehungen.
Dämonisierung und Psychologisierung können nicht erklären, weshalb Beziehungen
zwischen Staaten sich verschlechtern und es zu Kriegen kommt. Daher tragen sie
auch nichts zur zukünftigen Vermeidung von Kriegen bei. Sie befeuern nur schon bestehende
Konflikte.
2) Ein Narrativ lautet, Putin habe die „europäische Friedensordnung“
zerstört. Das sei eine „Zeitenwende“, die in der „Rückkehr des Krieges nach
Europa“ bestehe. Unterschlagen werden die NATO-Bomben auf Belgrad und der Kosovokrieg
1999, der nie sanktioniert wurde und Putin eine Blaupause lieferte. Zudem sind die
Kriege im Irak, in Afghanistan, Libyen und Syrien, an denen EU- und NATO-Staaten
oder -Aspiranten sich beteiligten, nicht weniger grausam als Kriege in Europa. Totgeschwiegen
wird auch der seit 2014 geführte Krieg Kiews gegen die Volksrepubliken im
Donbass. All diese Kriege zeigen, dass NATO-Dominanz alles andere als „Friedensordnung“
ist. Eine Friedensordnung in Europa kann es nur mit, nicht gegen Russland geben.
3) Ein drittes Narrativ besagt, im Ukrainekrieg kämpfe die „Demokratie
gegen Autoritarismus“. In der Realität ist die Ukraine kein Jota „demokratischer“
als Russland. Die ökonomische Macht haben in beiden Ländern Oligarchen. Staatsapparat,
Armee und Sicherheitsorgane der Ukraine sind seit 2014 mit Neonazis durchsetzt.
Die KP der Ukraine und Oppositionspolitiker werden unterdrückt. Kiews „Anti-Terror-Krieg“
gegen die Volksrepubliken im Donbass kostete 14000 das Leben. Nicht die
„Demokratie“ wird in der Ukraine verteidigt. Das Land dient den USA als Frontstaat
zur Eindämmung Russlands und Chinas. Die Eindämmungspolitik soll den Übergang von
der monopolaren US-Dominanz zu einer multipolaren Weltordnung bremsen.
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