Folgt man der Propaganda unserer großen Medien, die den US-Medien immer mehr nacheifern, sind die USA als Führungsmacht der „westlichen Wertegemeinschaft“ wieder präsent und hat sich Biden an die Spitze des Kampfs gegen „das Böse“ gestellt. USA, NATO und EU berauschen sich an ihrer Einigkeit. Fragen nachdenkliche Stimmen, was vor dem Krieg falsch gelaufen sein könnte und zu ihm geführt haben mag, gelten sie als Häretiker, wenn nicht als Verräter. Die „Zeitenwende“, die jetzt eintreten soll, richtet sich gegen die „Gutgläubigkeit“ und den „Pazifismus“ der Deutschen. Die Deutschen seien zu „russenfreundlich“, versichert der ukrainische Botschafter Melnyk. Seine Vorstöße, uns umzuerziehen, bleiben nicht erfolglos.
BLBLOG
Freitag, 8. April 2022
Ideologische „Zeitenwende“? Gegen Geschichtsrevisionismus.
Freitag, 11. März 2022
Der Ukraine-Krieg hat eine Vorgeschichte. NATO-Narrative verdecken Ursachen
„Wird die Ukraine zum strategischen Erfolg für Washington?“ fragt Rainer Rupp auf der inzwischen verbotenen Internet-Plattform Russia Today. „Seit Jahrzehnten hatte Washington Europa nicht mehr so fest im Griff“ (1.3.2022). Wie während der Höhepunkte des Kalten Kriegs gibt es derzeit im politischen, wissenschaftlichen, kulturellen und sportlichen Sektor der BRD eine Welle von Russophobie. Der Krieg und stets steigerbare Sanktionen halten den Hass in Gang und eskalieren ihn. Bestrebungen zur Kooperation statt Konfrontation werden „auf Eis gelegt“ oder gecancelt. Der Krieg bringt Zerstörung und Leid für die ukrainische und die russische Bevölkerung. Seine globalen und Langzeitwirkungen sind noch nicht absehbar. Den Fortschrittskräften hierzulande schafft er vorerst jede Menge neue Probleme und Herausforderungen.
Freitag, 11. Februar 2022
Der Druck auf die SPD wird erhöht – NATO-Medien treiben Eskalationsspirale an
Ein „Faktenchecker“ von T-online befand am 29.1.22: „Schwesig hat ein Nord Stream 2-Geheimnis und traf sich mit Schröder“. Am 31.1.22 schwor Lars Klingbeil verschiedene SPD-Politiker auf die Formel ein: „Der Russe eskaliert – wir halten alle Optionen auf dem Tisch, auch das Aus für Nord Stream 2“. Die FAZ vom 1.2.22 schrieb: „Manuela Schwesig wird zum Problem für die SPD“. Die NDR-Webseite titelte am selben Tag: „Ukraine-Krise: Rückt Schwesig vom SPD-Kurs ab?“ Sie habe im Interview „trotz der verbal vorgetragenen Unterstützung für Klingbeil vermied(en), dessen Kernaussage zu Russland als Verursacher der Eskalation und zu den sogenannten ‚Optionen‘ zu wiederholen“. Der NDR zitierte den mecklenburgischen CDU-Parlamentarier Sebastian Ehlers, der Schwesig auf Twitter zum „Team Putin“ zählte.
Freitag, 14. Januar 2022
EU-Booster für AKWs. Reaktionäre Gefährdung des Atomausstiegs
Die EU-Kommission stuft Investitionen in Gas- und Atomkraftwerke als „klimafreundlich“ ein. Sie gelten damit als „nachhaltig“ und förderungswürdig. Das lenkt Kapitalströme in alte und neue AKWs und zugleich in den „Green New Deal“. Gegen den Plan protestieren Umweltverbände, SPD und Grüne. Die Ampel-Regierung lehnt ihn ab. Beim Thema Gaskraftwerke unterscheidet sich die EU-Position allerdings nicht vom Ampel-Koalitionsvertrag, in dem es realistischerweise heißt: „Wir beschleunigen die Errichtung moderner Gaskraftwerke“, die „für eine Übergangszeit unverzichtbar“ seien. Laut Statistischem Bundesamt ist Erdgas mit einem Anteil von 31 Prozent der mit Abstand wichtigste Energieträger der deutschen Industrie. FDP-Sprecher begrüßten daher die Einstufung als „Erfolg der deutschen Argumente“.
Die Einstufung der Atomkraft als „grün“ ist dagegen ein Erfolg der „französischen Argumente“.
Freitag, 10. Dezember 2021
Bidens Demokratiegipfel – Demokratiefassade und Feindbildpflege
Die Wahl Trumps bewog den ehemaligen Generalsekretär der NATO Anders Fogh Rasmussen 2017 eine „Alliance of Democracies“ zu gründen, um die erwartete Führerlosigkeit der „westlichen Wertegemeinschaft“ aufzufangen. Die Alliance ruft Politiker und Unternehmer jährlich zum „Demokratiegipfel“ nach Kopenhagen. Am ersten Gipfel nahm 2018 Obamas Ex-Staatssekretär Joseph Biden teil. 2021 wurde Biden US-Präsident und riss die Führung der „demokratischen Welt“ wieder an sich. Er ruft zum virtuellen Demokratiegipfel am 9./10.12. auf. Er lud 112 Staaten ein, wenn man die abtrünnige chinesische Provinz Taiwan und die Institution EU mitzählt.
Die 1941 gegründete NGO Freedom House gibt jährlich einen „Demokratieindex“ heraus, der die Staaten der Welt, je nach Punktezahl, als „frei“, „teilweise frei“ oder „unfrei“ klassifiziert. Polen und Ungarn, gegen die die EU wegen Rechtsstaatsverletzung vorgeht, stuft Freedom House als „frei“ ein. Auch Israel, das den Palästinensern im Verstoß gegen UN-Beschlüsse das Selbstbestimmungsrecht verwehrt und sie mit Gewalt unterdrückt, wird als „frei“ klassifiziert. Die pro-westliche NGO mit einschlägiger Erfahrung in Kalte-Kriegs-Propaganda fand auf Bidens Gästeliste für den Demokratiegipfel 3 „unfreie“, 31 „teilweise freie“ und 77 „freie“ Staaten.
Freitag, 12. November 2021
Klimakonferenz Glasgow: Biden als selbsternannter Führer und Xi’s „großer Fehler“
Bei der Versorgung mit Impfstoff gegen Covid-19 gucken die meisten armen Länder der Welt weiterhin in die Röhre, während die reichen auf Patenten sitzen und ihren Pharmakonzernen Monopolpreise ermöglichen. Ebenso hielten es die reichen Länder mit der 2009 gemachten Zusage, den armen, von der Klimakrise am meisten betroffenen Ländern ab 2020 jährlich 100 Mrd. Dollar zur Bekämpfung des Klimawandels zu geben. Der Betrag wird erst 2023 erreicht. Dabei ist laut UN schon heute klar, dass er für Anpassungen an den Klimawandel nicht ausreicht. Solche Vorzeichen dämpften die Erwartungen an die Klimakonferenz in Glasgow von vornherein.
Freitag, 8. Oktober 2021
Baerbock Arm in Arm mit Lindner – „Aufbruch“ der Systemparteien
Die vier „regierungsfähigen“ neoliberalen NATO-Parteien schnitten ab, wie prognostiziert. Scholz und die SPD liegen knapp vor Laschet und der CDU. Die Grünen legten stark, die FDP leicht zu. Da die GroKo derzeit keiner will, sind eine Jamaikakoalition (CDU/CSU, FDP, Grüne) oder die Ampel (SPD, Grüne, FDP) möglich. Die FDP präferiert Jamaika, die Grünen die Ampel. Laschet bietet eine „Zukunftskoalition“, Scholz eine „fortschrittliche Erzählung“. Grüne und FDP definieren sich als „fortschrittliches Zentrum“. Am 27.9.21 schloss der DAX leicht im Plus, laut Börsianern, ein Signal der Beruhigung, da „keine signifikanten Veränderungen der Politik zu erwarten“ seien. Doch bürgerliche Medien zeichnen nach der Wahl eine „über Nacht veränderte Republik“. Direktmandate färben die BRD im Norden rot, im Süden schwarz, mit blauen Flecken in Sachsen und Thüringen und grünen Einsprengseln im Südwesten.
Laut Umfragen sind die Wähler mit dem Ergebnis unzufrieden. Das politisch-mediale Establishment simuliert den „Aufbruch“ vor sich selbst. Der BDI fordert von allen Parteien „Bereitschaft zu wegweisenden Entscheidungen“ im Klimaschutz, bei der Digitalisierung und zur Lösung geopolitischer Krisen. Annalena Baerbocks Motto: „Ich stehe für Veränderung“ setzt sich nun um, indem Habeck und Lindner den Kompromiss finden zwischen FDP-Zielen wie „freie Fahrt auf Autobahnen“, „keine Steuererhöhungen“, „flexibles Renteneintrittsalter“, „mehr private Vorsorge“, „Einhaltung der Schuldenbremse“ und Grünen-Forderungen nach Tempolimit, Reichensteuer, Bürgerversicherung, Ausnehmen der Investitionen von der Schuldenbremse, mehr Mindestlohn. Das Großkapital setzt darauf, dass die FDP in der Ampel, so wie bisher die CDU in der GroKo, soziale Zugeständnisse für die Lohnabhängigen abwürgt.
Freitag, 10. September 2021
Die Wahl ist nicht „offen“. Kräfteverhältnis der Klassen entscheidet
Ginge es nur nach der herrschenden Klasse, wäre die Wahl entschieden: Laut Allensbach-Elite-Panel sind 63 Prozent der Spitzenkräfte in Wirtschaft, Politik und Verwaltung für Armin Laschet als nächsten Bundeskanzler. 18 Prozent wollen Olaf Scholz. 7 Prozent wollen Annalena Baerbock. Befragt wurden 501 Führungsspitzen vom 5.-30. Juli. 70 Prozent kamen aus der Wirtschaft, darunter Vorstände von 93 Unternehmen mit mehr als zwanzigtausend Beschäftigten. 21 Prozent kamen aus der Politik und 9 Prozent aus der Verwaltung. Es könnte sich um einen repräsentativen Querschnitt der staatsmonopolistischen Oligarchie gehandelt haben.
Bekanntlich war Laschets Aufstieg zum Kanzlerkandidaten der
Hauptpartei des Monopolkapitals umkämpft. Der Favorit des CDU-Wirtschaftsrats Friedrich
Merz unterlag Laschet bei der Wahl zum CDU-Vorsitz. Gegen Söder als
Kanzlerkandidaten schlugen Merz und der Wirtschaftsrat sich aber auf die Seite
Laschets. Im Gegenzug rief Laschet auf dem jüngsten Jahrestag des
Wirtschaftsrats Merz zum „wirtschafts- und finanzpolitischen Gesicht“ seiner
künftigen Regierung aus. Merkels amtierender Wirtschaftsminister Altmaier blieb
dem Jahrestreffen gleich fern. Zuvor hatte eine aktuelle Mitgliederbefragung im
Wirtschaftsrat mit 82 Prozent der FDP (statt der CDU) ein „gutes oder sehr
gutes Wirtschaftsprofil“ attestiert.
Astrid Hamker, Unternehmerin und Präsidentin des Wirtschaftsrats, urteilt: „Die Wirtschaftskompetenz der Union ist nach zweimal großer Koalition erodiert“. Ähnlich sehen es im Wahljahr die Großspender. Die FDP bekam bis August 3,2 Millionen Euro, die CDU nur 2,8 Millionen. An die Grünen gingen 1,9 Millionen. Mit so viel Vertrauensvorschuss kletterten die Umfragewerte der FDP auf 13 Prozent. Das sichert den Freunden des Großkapitals aus CDU/CSU und/oder FDP die Regierungsbeteiligung in den wahrscheinlichsten Koalitionsvarianten Jamaika oder Ampel.
Freitag, 13. August 2021
Reiche Länder horten Impfstoffe. Profit wichtiger als universelle Menschenrechte.
Eine Gesundheitsministerkonferenz beschloss, ab September mit Drittimpfungen zu starten. Die Auffrischungsimpfung (Booster) soll zunächst den vulnerablen Gruppen zukommen. 1,8 Milliarden Dosen habe die EU bei Biontech schon vorbestellt, prahlte Frau von der Leyen. Das sei der größte Anschlussauftrag weltweit und reiche für mögliche Booster-Impfungen der gesamten EU. In krassem Gegensatz dazu verlangte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus „eine dringende Umkehr“ der Praxis, „dass der Großteil der Impfstoffe an reiche Länder geht.“ Er forderte den Stopp der Drittimpfungen bis weltweit 10 Prozent geimpft seien. Die Pandemie und stets neue Mutationen ließen sich nur in allen Ländern gleichzeitig eindämmen.
Ziel der WHO ist die Impfung von mindestens 10 Prozent der
Bevölkerung jedes Landes bis Ende September, von 40 Prozent bis Ende 2021. Bis
Juli wurden laut Weltbank in den reichen Ländern im Schnitt 101 Impfdosen pro
100 Einwohner verabreicht, in den 29 ärmsten Ländern der Welt aber weniger als
zwei Impfdosen. In den meisten Ländern Afrikas war die Impfquote unter 2
Prozent. Ihre Teilnahme an der internationalen Initiative Covax, die für arme
Länder Impfstoffe besorgen sollte, hatte die EU an die ganz große Glocke
gehängt. Covax sammelte Geld und verteilte einige Millionen Dosen gespendeter Impfstoffe,
nicht zuletzt AstraZeneca-Restposten, die sonst verfallen wären. Gemessen am
Bedarf, ein Tropfen auf den heißen Stein.
Die weltweite, von Südafrika und Indien unterstützte Forderung, Patentrechte auszusetzen, um mehr Ländern die Impfstoffproduktion zu ermöglichen, würgte die EU-Pharma-Lobby im Verein mit der deutschen Bundeskanzlerin Merkel beizeiten ab. Damit wurde das Angebot verknappt und vor allem Pharmakonzernen aus den USA und Deutschland Monopolpreise und horrende Profite gesichert. Zahlungskräftige reiche Länder rissen sich das Gros der Impfstoffe unter den Nagel. Eigentumsrecht und Profit rangieren im Wertewesten nun mal höher als universelle Menschenrechte.
Freitag, 9. Juli 2021
Biden traf Putin. Polen und baltische Staaten vereiteln EU-Dialog mit Putin
Nach Bidens Treffen mit Putin regten Macron und Merkel an, die EU möge Putin ebenfalls Gespräche anbieten. Polen und die baltischen Staaten verhinderten dies. Ohnehin geht es Biden, Merkel und Macron nicht um Entspannung. Vielmehr agieren sie im Sinne des von westlichen Thinktanks ausgeklügelten Konzepts der „Kompartmentalisierung“. Das meint die Unterteilung zwischenstaatlicher Beziehungen in Kooperation dort, wo sie möglich ist, bei gleichzeitigen Sanktionen für „bösartiges“ Verhalten. Diese außenpolitische Schizophrenie ist weder berechenbar noch vertrauensbildend. Sie soll den Gesprächsfaden zu unbotmäßigen Staaten aufrechterhalten. Bloße Sanktionsspiralen wirken offenbar nicht so, wie erhofft.
Freitag, 11. Juni 2021
Klimapolitik schwarz-gelb-rot-grün: Massenbelastungen und kaum Lenkungswirkung
Die im Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) vorgesehene CO2-Bepreisung in den Sektoren Verkehr und Gebäude gilt seit 1.1.2021. Sie beträgt vorerst 25 Euro pro Tonne CO2, die von den Inverkehrbringern auf die Endverbraucher umgelegt werden dürfen. Infolgedessen stieg der Benzinpreis bereits um 6 Cent pro Liter. Bis 2025 soll der Preis laut BEHG auf 55 Euro pro Tonne steigen. Die Grünen fordern 60 statt 55 Euro pro Tonne und ein Vorziehen des Anstiegs auf 2023. Damit steige – so Annalena Baerbock im Interview mit der Bildzeitung – der Benzinpreis um weitere 10 Cent auf insgesamt 16 Cent. Das sind 0,5 bis 0,7 Cent mehr als bisher geplant.
Freitag, 9. April 2021
Gesponserte „lebendige Demokratie“ – Studie von LobbyControl zum CDU-Wirtschaftsrat
Freitag, 12. März 2021
Juniorpartner im herrschenden Block – der Aufstieg der Grünen
NATO-Hörigkeit, Russophobie, Doppelstandards der Grünen sind zu entlarven. Dabei sollten gleiche Maßstäbe gelten wie bei anderen bürgerlichen Parteien. Sonst kann man Anhänger der Grünen – das sind dummerweise viele – kaum überzeugen. Mit Parteispenden der Arbeitgeberverbände Südwestmetall und der Bayrischen Metall- und Elektroindustrie lässt sich eine besondere Nähe der Grünen zur Rüstungsindustrie nicht belegen, wie es in der UZ vom 5.3.2021 versucht wird. Beide Verbände spenden seit jeher an alle neoliberalen NATO-Parteien im Bundestag, außer an die AfD. An die CDU/CSU überwiesen sie in den letzten fünf Jahren allerdings vier bis fünfmal so viel wie an FDP und Grüne. Der SPD gaben sie viel weniger, der PDL nichts. 2020 spendeten Kapitalistenverbände und Oligarchen der CDU/CSU 1,94 Millionen, der FDP 100000, Grünen und SPD je 50000. Das ist die übliche Gewichtung und Rangfolge in der Wertschätzung der Großbourgeoisie.
Freitag, 12. Februar 2021
Strategische Autonomie unter Biden? Die EU sucht nach ihrer Rolle
Als Trump US-Präsident war, war der Ruf nach „strategischer Autonomie“, „Souveränität“ oder einer „geopolitischen Rolle“ der EU oft zu hören. EU-Staaten, die willens waren, als Leithammel voranzugehen, forcierten die Zusammenarbeit ihrer Armeen. Großprojekte der Aufrüstung wie das Kampfflugzeugsystem FCAS wurden auf den Weg gebracht. Nach Bidens Wahl zog Annegret Kramp-Karrenbauer die Zügel an. Ein Verständnis von strategischer Autonomie, welches „die Illusion nährt, wir könnten Sicherheit, Stabilität und Wohlstand in Europa ohne die NATO und ohne Amerika gewährleisten“, lehnte sie ab. Die EU sei auch künftig auf die USA angewiesen. Das ging gegen Emmanuel Macron. Er sieht Frankreich als militärische Führungsmacht und will, dass die EU militärisch ohne die USA agieren kann, z.B. gegen die Türkei.
Freitag, 15. Januar 2021
SPD vererbt Grünen das Kampfdrohnenproblem – AKK drängte vergeblich auf Eile
Schon 2017 hofften die Unternehmerverbände auf die Ablösung der ungeliebten Großen Koalition durch die schwarz-grün-gelbe Jamaika-Koalition. Lindner vermasselte es. Danach galt die GroKo lange als wackelige Übergangslösung, jederzeit bedroht durch eine unzufriedene SPD-Basis, die in langwierigem Verfahren eine neue Führung wählte. Das Duo Esken / Walter-Borjans siegte mit der Zusage, die GroKo zu beenden. Sie taten es nicht, weil die Fraktion es nicht wollte. Die Kritiker wurden auf ein Ende der GroKo im Herbst 2021 vertröstet. Einige Enttäuschte verließen die SPD, aber die GroKo blieb. Während der ganzen Legislaturperiode schien klar zu sein: Nach der Bundestagswahl 2021 kommt es zu einer schwarz-grünen Koalition.
Seit einem Jahr prägt nun Corona das Stimmungsbild. Die Zahl
derer, die genau verfolgen, was die Regierung tut, dürfte massiv gestiegen
sein, da die Pandemiemaßnahmen fast jeden betreffen. Die Pandemie hievte Markus
Söder hinter Angela Merkel in die oberen Ränge der Beliebtheitsskala, während
die Kandidaten für den CDU-Vorsitz Laschet, Merz und Röttgen im unteren Bereich
vor sich hindümpeln. Söder hat seit der letzten Bayernwahl grüne Kreide
gefressen. In der Pandemie profiliert er sich – trotz Pannen der eigenen
Administration – als Lockdown-Hardliner. Seither hält ihn eine klare Mehrheit für
geeignet, Kanzler zu werden. Die CDU mag hoffen, dass sich dies bis zur
Entscheidung über die Kandidatur noch ändert. Ein Risiko, das Kanzleramt zu
verlieren, werden CDU/CSU aber nicht eingehen.
SPD und Grüne treten auch mit dem Anspruch an, künftig den
oder die Kanzlerin zu stellen. Das ist irreal, erspart ihnen aber Koalitionsbekenntnisse.
Real kann eine der beiden Parteien Juniorpartnerin der Hauptpartei des
Monopolkapitals CDU/CSU werden, eine Rolle, die wenig Spielraum bietet, Wahlversprechen
einzulösen. Monopolbourgeoisie und imperialistische NATO-Partner erwarten stattdessen,
dass sie bevölkerungsfeindliche Beschlüsse wie die Anschaffung von Kampfdrohnen
mittragen. Die SPD-Führung fordert zuvor eine „gesellschaftliche Debatte“. Die Grünen,
die bisher Kampfdrohnen ablehnen, sind sauer, weil die SPD ihnen die
Entscheidung nicht abgenommen hat. Die Drohne wird Wahlkampfthema.
Kriegsministerin Kramp-Karrenbauer nennt die SPD „unverantwortlich“.
Kampfdrohnen dienten der Sicherheit „unserer Soldaten“. Laut Wolfgang Steiger,
Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrats gefährdet die SPD Deutschlands Ruf als
verlässlicher Partner für künftige Rüstungskooperationen. „Wie sollen
europäische Großvorhaben wie das FCAS (Future Combat Air System) oder die
Eurodrohne gemeinsam mit Frankreich, Italien und Spanien umgesetzt werden, wenn
Deutschland schon derartig wankelmütig in der Entscheidung zur Beschaffung
bewaffneter Drohnen ist?“
Mehr Milde zeigt Daniela Vates vom Redaktionsnetzwerk
Deutschland: „Die SPD mit ihren Wurzeln in der Friedensbewegung kämpft darum,
ihren weiteren Abstieg zu verhindern. Sie hat sich gerade mal vor einem Jahr
eine Parteiführung gewählt, die ganz explizit dafür steht, den linken Flügel zu
besänftigen“ (RND 16.12.2020). Das Problem, nichtmonopolistische Wählerschichten
gegen deren ureigenste Interessen in eine kapitalistisch-imperialistische
Politik einzubinden, kann die SPD, deren Wählerschaft sich in der
Nach-Schröder-Ära sukzessive halbierte, künftig an die Grünen in einer schwarz-grünen
GroKo vererben.
Dass die Kampfdrohnen nicht, wie geplant, still und leise
beschlossen werden konnten, sondern im Wahlkampf debattiert werden müssen, ist
ein Erfolg der Friedensbewegung. Auch die Aufrüstung nach NATO-Vorgaben, die Rüstungsgroßprojekte
der EU, die zunehmende Militarisierung der Außenpolitik und die Notwendigkeit
von Rüstungskontrolle und Abrüstung werden dabei unvermeidlich zur Sprache
kommen.
UZ-Kolumne von Beate Landefeld vom 15.1.2021
Freitag, 13. November 2020
Trumps Abgang. Deutsche Bourgeoisie erhofft Auferstehung des Transatlantismus
Das althergebrachte, indirekte US-Wahlsystem soll die Oligarchie sichern. Alexander Hamilton, ein Gründervater, dessen Porträt die Zehn-Dollar-Note ziert, erklärte es: „Alle Gemeinschaften unterteilen sich in die Wenigen und die Vielen. Erstere sind die reich und wohl Geborenen, die anderen die Masse des Volkes […] Das Volk ist turbulent und veränderlich; es urteilt und beschließt selten richtig. Gebt deshalb der ersten Klasse einen eindeutigen, dauerhaften Anteil an der Regierung.“ Das funktioniert, auch wenn die Oligarchie nicht mehr aus Finanz- und Handelskapitalisten, Reedern, Landspekulanten und Sklavenhaltern besteht, sondern aus Großeigentümern und Lenkern von Konzernen, Banken, Fonds und Medien. Für den teuersten Wahlkampf aller Zeiten spendeten Hunderte Milliardäre - „die meisten für Joe Biden, um Präsident Trump loszuwerden“ (Managermagazin 3.11.20).
Freitag, 9. Oktober 2020
Über Kreuz liegende Interessen - EU-Gipfel mischt sich in Belarus ein und schont die Türkei
Europäische Souveränität, strategische Autonomie, Resilienz – die Schlagworte aus Brüssel geben die Richtung an, in die sich die EU entwickeln soll. Europäische Souveränität soll den Ausfall der USA als Übervater des Westens kompensieren. Strategische Autonomie auf allen Gebieten, vom Militär bis zur Wirtschaft, hält man für nötig, um sich als „europäische Wertegemeinschaft“ zwischen den protektionistischen USA und einem angeblich „aggressiv agierenden China“ zu behaupten. Resilienz soll die EU in einer Welt der Spannungen, Krisen, Krachs und Katastrophen fit machen, vieles auszuhalten, ohne zu bersten. Das Bedrohungsnarrativ trägt dem Wandel seit der Krise 2008 Rechnung. Die Globalisierung verlor an Tempo. Auf die weiter bestehenden Ungleichgewichte der Weltwirtschaft reagierten mächtige Akteure mit Protektionismus. Der US-Handelskrieg gegen China trägt neben den normalen Krisen zusätzliche Unberechenbarkeit in die Weltwirtschaft.
Freitag, 11. September 2020
Wackelt Nord Stream 2? Die Russenhasser wittern Morgenluft
Am 5.4.2018 schrieb Christina Hebel, Moskau-Korrespondentin des ‚Spiegel‘: „Die britische Regierung muss im Fall des vergifteten Ex-Agenten Skripal endlich Beweise vorlegen. Tut sie es nicht und leistet sich Fehler wie zuletzt, spielt sie dem Kreml in die Hände.“ Die Beweise kamen nie. Aufklärung ist eben nicht die Funktion solcher Inszenierungen, weder damals im Fall Skripal, noch heute im Fall Nawalny. Es sind Kampagnen zwecks Erzeugung von Spannungen. Medien greifen vermeintliche oder wirkliche Verbrechen auf, machen sich selbst zu Anklägern und zugleich zu Richtern und verhelfen interessierten politischen Kreisen zur selbstgerechten Henkerrolle. Im Fall Nawalny fordert die Bundesregierung zwar Aufklärung, verhindert diese aber zugleich. Die Kooperation von Ermittlungsbehörden wird sabotiert und durch einen Medienkrieg ersetzt. Ob Nawalny vergiftet wurde und falls ja, durch wen – sollte es jemals aufgeklärt werden, wird es diese Medien nicht mehr interessieren.