Freitag, 13. Dezember 2019

Verdächtig harmonisch. SPD will aus der „neoliberalen Pampa“ heraus


Das Mitgliedervotum für Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans zeigt, dass eine Mehrheit der aktiven SPD-Mitglieder dem bisherigen Partei-Establishment nicht zutraut, die SPD aus der Krise zu führen. Der SPD-Parteitag beschloss einen Leitantrag, den der alte Vorstand zusammen mit dem neuen Führungsduo entwarf. Eine Spaltung der Partei sollte vermieden werden. Tatsächlich verlief der Parteitag verdächtig harmonisch. Der fast einstimmig verabschiedete Leitantrag soll, wie Saskia Esken formulierte, der Fortsetzung der GroKo „eine realistische Chance“ geben. Mit CDU/CSU will man über Nachbesserungen beim Klimapaket, Infrastrukturinvestitionen und einen höheren Mindestlohn sprechen. Die Forderungen an die künftige Arbeit der GroKo blieben vage. Kevin Kühnert, der bekannteste GroKo-Gegner, bewarb den Leitantrag mit dem Argument, man könne der neuen SPD-Führung vertrauen, dass sie bezüglich der GroKo künftig richtige Entscheidungen treffe.

Freitag, 11. Oktober 2019

Klimapaket hilft Autoindustrie „grün“ zu werden

Zum klimaschädlichen CO2-Ausstoß trugen 2017 die Sektoren Energiewirtschaft mit 39 Prozent, Industrie mit 22, Verkehr mit 20 und Gebäudewirtschaft mit 17 Prozent bei. Energiesektor und Industrie, zusammen Verursacher von über 60 Prozent des Ausstoßes, unterliegen seit 2005 dem EU-Emissionshandel (ETS), in dem die Verschmutzungsrechte schrittweise verknappt werden. In den Nicht-ETS-Sektoren Verkehr, Gebäudewirtschaft und Landwirtschaft wird die BRD ihre Reduktionsziele 2005-2020 (-14%) und 2021-2030 (-38%) voraussichtlich verfehlen. Es drohen Strafen seitens der EU. Dazu kommt der Imageschaden. Für das Verfehlen der Ziele im Nicht-ETS-Bereich ist primär der Verkehr verantwortlich, in dem der CO2-Ausstoß trotz technischen Fortschritts sogar anstieg. Grund ist das höhere Verkehrsaufkommen im Güter- und Personenverkehr.

Freitag, 13. September 2019

Merkels 12. Handelsreise nach China

Am 6./7. September besuchte Kanzlerin Merkel mit großem Wirtschaftsgefolge zum 12. Mal in 14 Jahren Amtszeit die VR China. Den ersten Besuch einer westlichen Staatschefin nach Ausbruch der Hongkong-Unruhen begleitete eine Kampagne in Politik und Medien, die Merkel nahelegte, die sogenannte „Hongkonger Demokratiebewegung“ zu unterstützen. Deren Anführer Wong schrieb einen Brief an Merkel.

Freitag, 9. August 2019

Im Sog der US-Aggression – die Golf-Mission der „Europäer“


Das Atomabkommen zwischen dem Iran und den UN-Vetomächten plus Deutschland sah vor, dass der Iran sein Atomprogramm einschränkt und im Gegenzug der Westen seine Wirtschaftssanktionen aufhebt. 2018 stieg Trump aus dem Abkommen aus und verhängte u.a. ein Ölembargo gegen den Iran. Dagegen erklärten die anderen Unterzeichner die Absicht, am Abkommen festzuhalten. Großkonzerne der EU gaben aber zu, die US-Sanktionen einhalten zu wollen, um nicht selbst von den USA bestraft zu werden. Für den Iran gleicht ein nur verbales Festhalten der EU am Abkommen die Schäden durch erneute Sanktionen nicht aus. Er sieht sich daher an einzelne Vorgaben des Vertrags nicht länger gebunden.

Freitag, 12. Juli 2019

Austerität und Dublin


Auf dem Mittelmeer zeigt die EU ihr wahres Gesicht

„Frieden. Europa ist die Antwort“, war eine Parole im EU-Wahlkampf. Einige Wochen nach der Wahl nominierte der Europäische Rat die Freundin der Rüstungskonzerne Ursula von der Leyen als EU-Chefin im Paket mit der Freundin der Hochfinanz Christine Lagarde als EZB-Chefin. Macron, Italien und die Visegrád-Staaten fegten das „Spitzenkandidatenprinzip“, das Demokratie simulieren soll, beiseite. Die Visegrád-Staaten schätzen Frau von der Leyen wegen ihrer zuverlässig antirussischen Haltung, ihres Einsatzes für die NATO-Ostflanke und für die EU-Militarisierung. Der Militarismus als einigendes Band bildete den Auftakt zur neuen EU-Legislaturperiode. Zur gleichen Zeit entkam die Käpitänin des Seenotrettungsschiffs Sea-Watch 3 dem Gefängnis. Ein italienisches Gericht erklärte ihre Einfahrt in den Hafen von Lampedusa mit 40 Flüchtlingen aus libyschen Lagern an Bord für rechtens.

Freitag, 7. Juni 2019

Konfrontation statt Offenheit - Merkels Harvard-Rede und die Realität.


Im Mai 2017, nach ersten Polter-Auftritten des neuen US-Präsidenten Trump bei den G7, hielt Kanzlerin Merkel auf einem CSU-Treffen ihre von der Qualitätspresse hoch gelobte „Bierzeltrede“. Kernaussage: „Wir Europäer müssen unser Schicksal … in unsere eigene Hand nehmen“. Die Zeiten, in denen „wir uns auf andere verlassen konnten“, seien „ein Stück weit vorbei“. Das gab dem EU-Militarismus einen Schub. Im Mai 2019 hielt die Kanzlerin wieder eine beachtete Rede, diesmal zu Absolventen der US-Eliteuniversität Harvard. Sie pries das 70 Jahre alte, „wertebasierte“ transatlantische Bündnis, forderte Kampf gegen Klimawandel, freien Welthandel statt Protektionismus, Offenheit statt Mauern, multilateral statt unilateral, global statt national. Wahrheiten dürften nicht Lügen genannt werden und Lügen nicht Wahrheiten. In Harvard, dem wissenschaftlichen Zentrum der liberalen Ostküsten-Elite, brandete bei jedem Seitenhieb gegen Trump Beifall auf.

Freitag, 10. Mai 2019

„Friedlich“ oder Beihilfe zur Eskalation?


Außenminister Maas hält Venezuelas Putschisten und Scharfmachern die Stange

Am Tag des jüngsten Putschversuchs in Venezuela, am 30. April, traf sich Heiko Maas mit dem faschistischen Präsidenten Brasiliens Jair Messias Bolsonaro. Während der selbsternannte venezolanische Interimspräsident Guaidó wieder einmal zur Spaltung der Armee aufrief und seine Anhänger mit Brandfackeln und Molotowcocktails ausgerüstet in den Straßenkampf zogen, schloss Maas vor der konterrevolutionären Gewalt die Augen und deklarierte: „Unsere Unterstützung für Juan Guaidó hat sich in keiner Weise geändert“. Er hoffe, dass die Lage friedlich bleibe. Sein frommer Wunsch erscheint bei gleichzeitiger Unterstützung des Putschisten, der einen Dialog stets ablehnte und allein auf Gewalt und militärischen Verrat setzt, unglaubwürdig. Guaidós in immer neuen Anläufen versuchte Spaltung der Armee zielt vielmehr auf einen Bürgerkrieg. „Friedlich“ kann die Lage in einem Land, gegen das die USA einen irregulären Krieg führen, schon jetzt kaum noch genannt werden.

Freitag, 12. April 2019

Die Globalisierung schleicht sich von ungewohnter Seite heran


Italien stieg in das Projekt der Neuen Seidenstraße ein (Belt and Road Initiative = BRI). Chinas Präsident Xi kam dazu nach Rom. Er besuchte danach Monaco und Paris. Er vereinbarte Handelsverträge mit Präsident Macron. Kanzlerin Merkel und EU-Kommissionspräsident Juncker kamen dazu, um zu zeigen, dass die EU sich nicht spalten lasse. Ihre Show kann die faktische Spaltung der EU nicht verbergen: Dem von Berlin und Paris dominierten Kerneuropa stehen der arme Osten und der verarmende Süden als Peripherie gegenüber. Vor Italien hatten Portugal, Bulgarien, Kroatien, Tschechien, Griechenland, Polen, die Slowakei, Slowenien, Ungarn, Malta und die drei baltischen Staaten schon Investitionsabkommen mit China im Rahmen der BRI vereinbart. Auch der Finanzplatz Luxemburg trat bei. Mit Italien beteiligt sich, entgegen Warnungen aus Washington und Brüssel, erstmals ein Mitglied der G7.

Freitag, 8. März 2019

Wie realistisch ist die strategische Autonomie der EU?


2019 und 2020 gehört die Bundesrepublik zu den zehn nichtständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats, ebenso wie Belgien. Zusammen mit den ständigen Mitgliedern Frankreich und Britannien sind bis zum Brexit vier EU-Staaten in dem Gremium. Eine neue Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) sieht dies als Gelegenheit und Herausforderung für die Bundesregierung, „mehr europäische Autonomie“ in der Weltpolitik zu üben. Wie nimmt sie diese Rolle wahr? Ihr Umgang mit dem Iran-Atomabkommen, mit der Kündigung des INF-Vertrags, ihr Agieren beim Putschversuch in Venezuela und im Handelskonflikt USA-China lässt nichts Gutes ahnen.

Donnerstag, 7. Februar 2019

Rechtsbeugung ohne Skrupel – EU und Bundestag zu Venezuela


Beim laufenden Putschversuch in Venezuela will die internationale Konterrevolution mit dem selbsternannten Interimspräsidenten Guaidó eine Gegenregierung installieren. Mit Wirtschaftskrieg, politischem Druck der USA, der EU, rechter Nachbarregierungen und durch Anheizen innerer Unruhen soll Guaidó einen relevanten Teil der Armee auf seine Seite ziehen. Trumps Haudegen Bolton und Pompeo sowie sein Einflüsterer Rubio, ein republikanischer Senator für Florida, der sich als Exilkubaner ausgibt, haben Guaidós Putschversuch von langer Hand mit vorbereitet. Bisher sind nur vereinzelt Armeeangehörige den Lockrufen der „Opposition“ gefolgt. Der Putschversuch dürfte sich daher in die Länge ziehen. Nach der Verfassung müsste ein Interimspräsident, wäre er legitim, innerhalb von 30 Tagen Neuwahlen durchführen. Dafür wollen die USA ihrer Marionette Guaidó die der venezolanischen Erdölgesellschaft PDVSA im Wirtschaftskrieg geraubten Mittel zur Verfügung stellen.

Freitag, 11. Januar 2019

Freie Fahrt für nukleares Wettrüsten?


Der INF-Vertrag von 1987 zwischen den USA und der UdSSR verbietet landgestützte atomare Mittelstreckenraketensysteme der Reichweiten 500-5500 km. Er stoppte in den 1980er Jahren die sogenannte „Nachrüstung“, mit der die US-Militärstrategie die Zweitschlagfähigkeit der UdSSR aushebeln und einen Atomkrieg auf europäischem Boden führbar machen wollte. Dagegen entstand eine breite Friedensbewegung, die den INF-Vertrag als ihren Erfolg ansah. Die Anstrengungen der USA, ihre Atomstreitkräfte zu befähigen, einen präemptiven (vorbeugenden) Erstschlag gegen Russland zu führen, gingen auch nach dem Zerfall der UdSSR und des Warschauer Pakts weiter. Die seit Jahrzehnten vorangetriebene US-Raketenabwehr in Europa, die an Pläne Reagans anknüpfte, ist Teil der atomaren Offensivstrategie.