Freitag, 7. Dezember 2018

Poroschenko eskaliert. Angela soll es richten


Laut Umfrage eines Kiewer Instituts sind 75 Prozent der Ukrainer der Meinung, das Land entwickele sich in die falsche Richtung. Tatsächlich sind die wirtschaftlichen und politisch-sozialen Verhältnisse desolat. Korruption und Willkür herrschen, die Demokratie wird unterdrückt. Der Krieg gegen die Ostukraine geht weiter. So sind Poroschenkos Aussichten, im März 2019 wiedergewählt zu werden, schlecht. Die Eskalation des Konflikts mit Russland ermöglicht ihm, die nationalistische Karte zu ziehen. Im September kündigte er den 1999 geschlossenen Freundschaftsvertrag mit Russland, der 2019 ausläuft und auf den sich bilaterale Abkommen, wie das über die gemeinsame Nutzung des Asowschen Binnenmeers beziehen. Die von den USA geförderte Abspaltung der ukrainisch-orthodoxen Kirche Kiewer Patriarchats von der ukrainisch-orthodoxen Kirche Moskauer Patriarchats bejubelte Poroschenko. Mit der Spaltung verliere Russland einen „Einflusshebel auf die ehemalige Kolonie“.

Freitag, 9. November 2018

Falsche Zuschreibungen


Söder tönte nach der Bayernwahl, er wolle nicht mit den Grünen koalieren. Vielmehr wolle er mit den Freien Wählern eine „bürgerliche Regierung“ bilden. Will er suggerieren, Koalitionen mit Grünen oder die GroKo in Berlin seien Koalitionen mit „nichtbürgerlichen“, „linken“ Parteien? Weiter rechts von Söder, kläfft die AfD gegen ein „links-grün-versifftes Establishment“ und unterstellt, es gäbe eine Dominanz „der Linken“ in Medien, Staat und Gesellschaft. Als „links“ verschrien ist in diesem Spektrum auch die SPD-Führung. Angela Merkel wiederum ist den Rechten in ihrer eigenen Partei „zu links“. AfDler beschimpfen Merkel gar als „Honecker-Zögling“.  
Was „links“ und was „rechts“ ist, hängt nicht davon ab, ob eine politische Richtung von einer imaginären „Mitte“ nach „rechts“ oder „links“ abweicht. Vielmehr muss der Klasseninhalt von Politik analysiert werden. Ursprung des „Rechts-Links-Schemas“ war die Sitzordnung in der französischen Nationalversammlung. Doch seitdem bedeutet „links“ die Parteinahme für die Emanzipation der unteren Klassen und „rechts“ die Verteidigung von Macht und Privilegien der oberen Klassen.
In der Bundesrepublik herrscht ökonomisch die Monopolbourgeoisie, deren politische Hauptpartei seit Jahrzehnten die CDU/CSU ist. Die Rolle der rechten SPD-Führung besteht seit mehr als 100 Jahren darin, die Arbeiterklasse in das kapitalistische System zu integrieren. Da sie das nur kann, wenn sie in gewissem Maß in der Arbeiterklasse verankert bleibt, entsteht in ihr zugleich immer wieder ein oppositioneller linker Flügel. Wenn Peer Steinbrück sich für die SPD zurzeit einen Bernie Sanders (nur 30 Jahre jünger) wünscht, trägt er dieser Logik Rechnung. Die Grünen stiegen auf, als im Gefolge der Ausweitung des Bildungswesens in den 1970er Jahren die neuen Mittelschichten stark anschwollen. Im Unterschied zum alten Mittelstand und zum traditionellen Beamtentum sind große Teile der neuen Mittelschichten Nachfolgegenerationen der 1968er und Aufsteiger aus Familien Lohnabhängiger.
In den 1980ern engagierten sich viele Angehörige der neuen Mittelschichten in den „neuen sozialen Bewegungen“ für Frauenrechte, gegen AKWs, für Schwulen- und Minderheitenrechte. Dem Neoliberalismus gelang es, durch Aufgreifen dieser „weichen“ Themen der Nach-1968er Bewegung und mit rechtlichen und kulturellen Zugeständnissen, große Teile der neuen Mittelschichten für das Bündnis mit dem Monopolkapital zu gewinnen. Politik und Ideologie des Monopolkapitals modernisierten sich dabei, auch im Eigeninteresse an mehr Frauenerwerbsarbeit oder an mehr Migration. Das ist ablesbar an der Modernisierung der CDU durch Merkel, mit der die Partei in Großstädten verlorenen Boden gut machen wollte.
Seit dem Jugoslawienkrieg haben sich die Grünen endgültig vom Antiimperialismus der 1968er gelöst und sind ins NATO-Lager übergegangen. Auch waren sie als Beteiligte an der Agenda 2010 Komplizen beim Abbau von Rechten der Arbeiterklasse. Daher ist ihre Politik schon lange nicht mehr „links“. Vielmehr sind die Verwerfungen infolge des neoliberalen Umbaus, die Prekarisierung und Schwächung der Arbeiterbewegung, die Folgen imperialistischer Kriege und Regime Changes mitverantwortlich für den Aufstieg des Rechtspopulismus. Früher wurde dieser durch die CDU und vor allem die CSU mit abgedeckt. Nach deren „Modernisierung“ geht das nicht mehr.
Ein großes linkes Lager, dem ein bürgerliches Lager gegenüberstünde, gibt es in der Bundesrepublik heute nicht. Die Linkspartei agiert im Zehn-Prozent-Ghetto, die DKP ist weitgehend marginalisiert. Die SPD will sich ständig erneuern, weiß aber nicht wie. Die vielen Massenaktionen gegen rechts, für Demokratie und soziale Belange schlugen an den Wahlurnen bisher primär für die Grünen zu Buche. Immerhin erhöht das für CDU/CSU die Hemmschwelle für Koalitionen mit der AfD.  

UZ-Kolumne von Beate Landefeld vom 9.11.2018

Freitag, 12. Oktober 2018

Ungeliebte GroKo. Die Merkel-Nachfolger scharren mit den Füßen


Zum „Deutschlandtag“ traf sich Anfang Oktober die Junge Union. Der ungeduldige Nachwuchs der Hauptpartei des Monopolkapitals CDU/CSU forderte für künftige Bundeskanzler eine Amtszeitbegrenzung von drei Legislaturperioden. Angela Merkel absolviert ihre vierte Amtszeit, ist aus JU-Sicht also überfällig. Falls die Landtagswahlen in Bayern und Hessen den Parteien der GroKo so schwere Verluste bringen, wie erwartet, wird auch die Nachfolgediskussion für den Parteivorsitz der CDU neu entbrennen. Merkel will im Dezember nochmals für den Vorsitz kandidieren. Drei politisch Unbekannte kündigten schon Gegenkandidaturen an. Bereits nach der Abwahl des Merkel-Vertrauten Kauder vom CDU-Fraktionsvorsitz titulierte EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) Merkel als „lahme Ente“.

Freitag, 7. September 2018

Diesseits von Afrika


Ende August bereiste Angela Merkel erneut Afrika. Offizieller Zweck ihrer Reise nach Senegal, Ghana und Nigeria waren Absprachen, wie sich die Migration nach Europa verringern ließe. Bei ihrer vorherigen Afrikareise hatte die Kanzlerin gedrängt, Routen durch Stacheldrahtzäune, Kontrollen und das Abfangen von Migranten auf nordafrikanischem Boden zu sperren. Diesmal ging es, wie es euphemistisch hieß, um die „Bekämpfung von Fluchtursachen“. Dazu brachte Merkel Unternehmer mit, die in Afrika investieren sollen, damit Jugendliche mehr Perspektiven in ihrer Heimat bekommen. Anreize will Berlin durch Investitionsförderung und Beispiele direkter Organisierung von Ausbildungsplätzen vor Ort schaffen. Erwähnt wurde ein Ausbildungsprojekt der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Senegal. VW kündigte an, in Ghana und Nigeria Montagewerke zu planen.

Freitag, 10. August 2018

Linke Machtoption?


„Die Idee ist gut. Der Zeitpunkt ist richtig gewählt. Das Bedürfnis nach tiefgreifender Veränderung ist riesig“, schreiben der SPD-Bundestagsabgeordnete Marco Bülow, die Linke Sevim Dagdelen und die Grüne Antje Vollmer im Spiegel vom 3.7.2018. Es geht um die Sammlungsbewegung Aufstehen für ein friedliches und gerechtes Land, die Sahra Wagenknecht und andere am 4. September ausrufen wollen. Sie sei keine neue Partei, sondern verstehe sich als außerparlamentarische Bewegung, die neue Themen und Positionen in die öffentliche Debatte bringen will. Mit dabei sind der Sozialpolitiker Rudolf Dressler (SPD), der Soziologe Wolfgang Streeck, der Dramaturg Bernd Stegemann. Wagenknecht nennt als Ziel „andere politische Mehrheiten und eine neue Regierung mit sozialer Agenda“. Dafür will die Sammlungsbewegung Mitglieder der SPD, der Grünen, der Linken, Parteilose und Nichtwähler mobilisieren. Die SPD sei ein „Schlüssel“ für andere politische Mehrheiten. Solange die SPD ihre Agenda-2010-Politik fortsetze, werde sie aber weiter schrumpfen. „Das verringert die Chance auf eine linke Machtoption“, so Wagenknecht gegenüber dem Spiegel.

Freitag, 13. Juli 2018

Noch wird Merkel im Herrschaftssystem gebraucht


Die CDU/CSU als Hauptpartei des deutschen Monopolkapitals erweist sich seit Jahrzehnten als fähig, den Konsens einer Bevölkerungsmehrheit dafür zu organisieren, dass sich beim oberen 1 Prozent Reichtum und Macht ungestört vermehren. Sie tut es durch ihren Wählereinfluss als „Volkspartei“ und indem sie mit anderen, im gleichen Sinn „regierungsfähigen“ Parteien koaliert. 69 Jahre Bundesrepublik Deutschland waren 49 Jahre mit CDU-geführten Regierungen. Zwischen 1969 und 2005 lagen 20 Jahre mit SPD-geführten Regierungen. Nach Schröders Agenda 2010 verlor die SPD die Eigenschaft einer „Volkspartei“, stark genug, eine Regierung im Bund zu führen. Damit wurde das von bürgerlichen Parlamentarismus-Experten als ideal angesehene Wechselspiel zwischen Mitte-Rechts- und Mitte-Links-Regierungen ausgehebelt. Regierungen auf Bundesebene sind ohne CDU nicht mehr möglich.

Freitag, 8. Juni 2018

Merkel wird "sprechfähig" und antwortet Macron


Das Festhalten der EU am von Trump aufgekündigten Iran-Deal wird unterlaufen. Angefangen mit Total und Siemens bekennt ein Großkonzern nach dem anderen, sich an die US-Sanktionen gegen den Iran halten zu wollen. Baltische Länder und Polen, die die USA als ihren wichtigsten Bündnispartner sehen, stehen ohnehin nur halbherzig hinter der EU-Linie. Bundeskanzlerin Merkel tat von vornherein kund, es nütze nichts, die eigenen Kräfte zu überschätzen. Mit der vielbeschworenen gemeinsamen Außenpolitik der EU, gar auf „Augenhöhe mit den USA“ ist es nicht weit her.

Freitag, 11. Mai 2018

Angst vor chinesischen Handys - China rüttelt am Technologiemonopol


Der ägyptische Marxist Samir Amin nannte 1998 fünf Monopolstellungen, durch die die Vormachtstellung des US-geführten Westens geprägt sei: (1) das Monopol der neuen Technologien, (2) das der Kontrolle über die globalen Finanzströme, (3) die Kontrolle des Zugangs zu den Bodenschätzen des Planeten, (4) die Kontrolle der Kommunikationsmittel und Medien, (5) das Monopol der Massenvernichtungswaffen. (Marxistische Blätter 4-1998, S. 48) Damals befand sich die unipolare „neue Weltordnung“ vor ihrem Höhepunkt, der laut Egon Bahr in den Jahren 2001-2005 lag und mit dem Scheitern des Irakkriegs überschritten wurde. (Vgl. Marxistische Blätter 4-2007, S. 29) Heute sind mehrere der Monopolstellungen untergraben oder bedroht. Chinas Aufstieg und seine konstruktive weltwirtschaftliche Rolle, die desaströsen Folgen der US-Regime-Change- und Kriegspolitik im Irak, in Libyen, der Ukraine, Afghanistan und Syrien zeigten die Überdehnung und die Grenzen des US-Imperiums auf.
Im aktuellen US-chinesischen Handelskonflikt schält sich mehr und mehr heraus, dass es den USA um die Verteidigung ihrer Monopolstellung bei den neuen Technologien geht. Seit Jahren schüren US-Konkurrenten, FBI und Geheimdienste die Angst vor chinesischen Handys, vor Huawei und ZTE, mit denen vorgeblich chinesische Spionage möglich sei. Nun wurde US-Zulieferfirmen verboten, an ZTE zu liefern. Anfang Mai brachte Trumps Verhandlungsdelegation eine Liste mit Forderungen nach Peking. Danach soll China seinen Handelsüberschuss gegenüber den USA – er betrug zuletzt 375 Dollar – bis 2020 um 200 Milliarden Dollar abbauen, Subventionen für High-Tech-Firmen beenden und Zölle auf das US-Niveau senken. Auf Beschränkungen der US-Regierung für chinesische Investitionen in sensible Technologien dürfe China nicht mit Gegenmaßnahmen antworten. Vor allem solle Peking sich nicht rächen, indem es amerikanische Landwirtschaftsprodukte angreife. Bei Ungehorsam werde Washington noch mehr Strafzölle verhängen.

Freitag, 6. April 2018

China wappnet sich gegen Trumps Handelskrieg


Trumps Plan, Einfuhren aus China mit 60 Milliarden Dollar Zoll zu belasten, schickte in der letzten Märzwoche 2018 die Börsenkurse weltweit in den Keller. Erst ein Telefonat des US-Finanzministers Mnuchin mit Chinas Vizepremier Liu He ließ auf Verhandlungen hoffen und unterbrach den Absturz. Der US-Handelskrieg gegen China, zöge die Wertschöpfungsketten nahezu aller global agierenden Konzerne in Mitleidenschaft. Trotzdem wird er weiter vorbereitet. Eine Liste der betroffenen Waren, zu der die Firmen sich äußern dürfen, wird binnen 60 Tagen erstellt. Parallel klagen die USA und China bei der Welthandelsorganisation und suchen Bündnisse mit anderen Handelspartnern. Die USA gewährten Ausnahmen von den Zolldrohungen bei Stahl und Aluminium, wie im Fall Kanadas. Für die EU gab es Aufschub bis zum 1. Mai.

Freitag, 9. März 2018

Menetekel für das Geschäftsmodell der deutschen Bourgeoisie


Am ersten Märzsonntag 2018 endete der 22. Parteitag der DKP. Eine an Sensationen reiche Woche endete. Leserforen waren voll vom Streit, den die Essener Tafel provozierte, die zurzeit nur Neukunden mit deutschem Pass annehmen will. Donald Trump schickte die Börsenkurse weltweit in den Keller, indem er saftige Zölle für Stahl- und Aluminiumimporte ankündigte. Am Sonntag kam das Ergebnis des SPD-Mitgliedervotums: zwei Drittel für, ein Drittel gegen die Große Koalition. In Italien legten rechte Populisten bei der Parlamentswahl zu. Die Krisenphänomene kumulieren sich zu Warnzeichen für das Geschäftsmodell der deutschen Bourgeoisie, das darin besteht, auf Kosten der inneren Entwicklung permanente Exportüberschüsse zu erwirtschaften.

Freitag, 9. Februar 2018

Der Schrumpfkurs - zur Vertrauenskrise in der SPD


Von 1990 bis 2003, als die Agenda 2010 beschlossen wurde, sank die Mitgliederzahl der SPD um ungefähr 20000 jährlich von 943402 auf 650798. Ausnahme war das Jahr der Kanzlerwahl Schröders, wo sie lediglich stagnierte. Die Schrumpfung der SPD begann nicht mit der Agenda, wurde aber durch sie besiegelt. Allein im Jahr 2003 sank die SPD-Mitgliederzahl um über 43000, dann im Schnitt um jährlich etwa 17000 auf 432704 Ende 2016. Zum ersten Mal seit 1990 erhöhte sich die Zahl der Mitglieder wieder im Jahr der Kandidatur von Martin Schulz 2017 um etwa 10000 auf 443152 bis Jahresende. Da die CDU leicht schrumpfte, wurde die SPD wieder größte deutsche Partei. Dank der Auseinandersetzung um die große Koalition gingen die Eintritte Anfang 2018 weiter. Der Aufruf der Kampagne NoGroKo an frühere Mitglieder und Wähler, einzutreten, um sich an der Abstimmung gegen die GroKo zu beteiligen, erreichte einen kleinen Bruchteil der „Ehemaligen“.

Freitag, 12. Januar 2018

Angst vor den chinesischen Digitalkommunisten?


In jüngster Zeit nehmen Alarmrufe der Freunde der Kapitalherrschaft über die angebliche Bedrohung unserer Lebensweise durch den chinesischen Kommunismus zu. Sigmar Gabriel versuchte vergeblich in allerletzter Minute, die Übernahme der Roboterfirma Kuka durch chinesische Investoren zu verhindern und mahnte bei der EU Abwehrpläne gegen solche Übernahmen an. Er beschwor die Gefahr einer Spaltung der EU durch China, da chinesisches Geld im Zusammenhang mit dem Seidenstraßenprojekt in süd- und südosteuropäische Länder fließe, von denen einige durch EU-Austeritätsprogramme unter neoliberalem „Reformdruck“ stehen. Anlass zur Beunruhigung war auch ein geheimnisvoller chinesischer Großaktionär der Deutschen Bank, dessen Identität trotz Bemühungen investigativer Journalisten zunächst nicht aufzuklären war.