Freitag, 7. Dezember 2018
Poroschenko eskaliert. Angela soll es richten
Laut Umfrage eines Kiewer Instituts sind 75 Prozent der
Ukrainer der Meinung, das Land entwickele sich in die falsche Richtung. Tatsächlich
sind die wirtschaftlichen und politisch-sozialen Verhältnisse desolat. Korruption
und Willkür herrschen, die Demokratie wird unterdrückt. Der Krieg gegen die
Ostukraine geht weiter. So sind Poroschenkos Aussichten, im März 2019
wiedergewählt zu werden, schlecht. Die Eskalation des Konflikts mit Russland ermöglicht
ihm, die nationalistische Karte zu ziehen. Im September kündigte er den 1999
geschlossenen Freundschaftsvertrag mit Russland, der 2019 ausläuft und auf den
sich bilaterale Abkommen, wie das über die gemeinsame Nutzung des Asowschen
Binnenmeers beziehen. Die von den USA geförderte Abspaltung der ukrainisch-orthodoxen Kirche Kiewer
Patriarchats von der ukrainisch-orthodoxen
Kirche Moskauer Patriarchats bejubelte Poroschenko. Mit der Spaltung verliere
Russland einen „Einflusshebel auf die ehemalige Kolonie“.
Das Referendum der Krim-Bewohner 2014 war aus Sicht Poroschenkos und seiner NATO-Schutzengel illegal. Sie schnitten die Krim von Wasser und Strom
ab, versuchten den Bau der Krimbrücke über die Straße von Kertsch zu verhindern.
Der russischsprachigen Bevölkerung der Ostukraine verweigern sie jegliche, irgendwie
gearteten Autonomierechte. Die Umsetzung der Minsker Abkommen ist damit blockiert.
Auf die Bedingungen einer möglichen UNO-Blauhelm-Mission kann man sich ebenfalls
nicht einigen. Die Sanktionen, mit denen die Russische Föderation weichgeklopft
werden soll, um einseitig Stellungen aufzugeben, haben nicht gewirkt. Bleibt
als Ausweg für Poroschenko, durch gezielte Provokationen den Konflikt zu
eskalieren und die Verbündeten zu zwingen, ihm militärisch zu Hilfe zu eilen.
Nur so wären Veränderungen zu Gunsten Kiews zu erreichen. Nach dem jüngsten
Zusammenstoß der russischen Küstenwache mit der ukrainischen Marine in der
Straße von Kertsch legte Poroschenko seine Wünsche auf den Tisch.
„Wir hoffen, dass in der NATO jetzt Staaten bereit sind,
Marineschiffe ins Asowsche Meer zu verlegen“, sagte er der Bild. Putin müsse „das Meer freimachen für den Internationalen
Schiffsverkehr.“ Der Botschafter der Ukraine in Deutschland Melnik ergänzte:
„Wir erwarten von unseren deutschen Partnern, dass Marineschiffe der EU und
NATO in das Schwarze und Asowsche Meer schnellstens auf verstärkte Patrouillen
entsandt werden, um solchen Kriegshandlungen Moskaus vorzubeugen“ (bild.de 26.11.2018). Die NATO
verurteilte natürlich Moskau, sagte aber auch: „Es gibt schon viel NATO im
Schwarzen Meer.“ Ihre Präsenz werde fortlaufend überprüft. Die russische Botschaft
in der BRD verwies darauf, dass das Asowsche Meer kein internationales Gewässer
sei, sondern historisch bedingt ein von der SU geerbtes Binnenmeer der Ukraine
und Russlands. Kriegsschiffe von Drittstaaten könnten gemäß dem Vertrag von
2003 nur nach Abstimmung zwischen beiden Ländern passieren.
Siegmar Gabriel warnte, „dass wir uns auf gar keinen Fall
durch die Ukraine in einen Krieg hineinziehen lassen dürfen. Und genau das hat
die Ukraine versucht“ (ntv.de
30.11.2018). Angela Merkel und Heiko Maas forderten Deeskalation von beiden
Seiten. Es gebe keine militärische Lösung. Beim G20-Gipfel in Argentinien
vereinbarte Merkel mit Putin neue Gespräche im Normandie-Format (Merkel,
Macron, Putin, Poroschenko). Man braucht Russland, weil man in Syrien mitreden
will. Was sagt die NATO-Führungsmacht? „Angela. Lasst uns Angela einbeziehen,“ riet
Trump. Kurz davor hatte sein Botschafter in Brüssel angekündigt, die USA
wollten North Stream II stoppen. Die „Instrumente“ dagegen seien noch nicht ausgeschöpft.
Die Scharfmacher beiderseits des Atlantiks schießen sich auf die Gaspipeline
North Stream II ein.
Kolumne von Beate Landefeld in unsere zeit, 7.12.2018
Labels:
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