Freitag, 11. Mai 2018
Angst vor chinesischen Handys - China rüttelt am Technologiemonopol
Der ägyptische Marxist Samir Amin nannte 1998 fünf Monopolstellungen,
durch die die Vormachtstellung des US-geführten Westens geprägt sei: (1) das
Monopol der neuen Technologien, (2) das der Kontrolle über die globalen
Finanzströme, (3) die Kontrolle des Zugangs zu den Bodenschätzen des Planeten,
(4) die Kontrolle der Kommunikationsmittel und Medien, (5) das Monopol der
Massenvernichtungswaffen. (Marxistische Blätter 4-1998, S. 48) Damals befand
sich die unipolare „neue Weltordnung“ vor ihrem Höhepunkt, der laut Egon Bahr in
den Jahren 2001-2005 lag und mit dem Scheitern des Irakkriegs überschritten wurde.
(Vgl. Marxistische Blätter 4-2007, S. 29) Heute sind mehrere der
Monopolstellungen untergraben oder bedroht. Chinas Aufstieg und seine konstruktive
weltwirtschaftliche Rolle, die desaströsen Folgen der US-Regime-Change- und
Kriegspolitik im Irak, in Libyen, der Ukraine, Afghanistan und Syrien zeigten die
Überdehnung und die Grenzen des US-Imperiums auf.
Im aktuellen US-chinesischen Handelskonflikt schält sich mehr
und mehr heraus, dass es den USA um die Verteidigung ihrer Monopolstellung bei
den neuen Technologien geht. Seit Jahren schüren US-Konkurrenten, FBI und
Geheimdienste die Angst vor chinesischen Handys, vor Huawei und ZTE, mit denen vorgeblich
chinesische Spionage möglich sei. Nun wurde US-Zulieferfirmen verboten, an ZTE
zu liefern. Anfang Mai brachte Trumps Verhandlungsdelegation eine Liste mit
Forderungen nach Peking. Danach soll China seinen Handelsüberschuss gegenüber
den USA – er betrug zuletzt 375 Dollar – bis 2020 um 200 Milliarden Dollar
abbauen, Subventionen für High-Tech-Firmen beenden und Zölle auf das US-Niveau
senken. Auf Beschränkungen der US-Regierung für chinesische Investitionen in
sensible Technologien dürfe China nicht mit Gegenmaßnahmen antworten. Vor allem
solle Peking sich nicht rächen, indem es amerikanische Landwirtschaftsprodukte
angreife. Bei Ungehorsam werde Washington noch mehr Strafzölle verhängen.
China zeigt sich verhandlungsbereit, wenn es um einen
realistischen Abbau des Exportüberschusses und um den Abbau von Zöllen für
Autos geht. Auch dies erfordere Zeit, heißt es in der parteinahen Zeitung Global Times, da Ungleichgewichte, die
in Jahrzehnten entstanden, nicht über Nacht verschwinden. Sha Hua und Norbert
Häring verweisen im Handelsblatt
darauf, China habe im Gegensatz zur Bundesrepublik seine Exportabhängigkeit im
letzten Jahrzehnt schon stark verringert. Dies geschah durch Umsteuern auf die
Stärkung der Binnennachfrage, massive Investitionen in die Infrastruktur und in
die regionale eurasische Integration im Zuge des Seidenstraßenprojekts. Die
Absatzmärkte wurden zugunsten von Asien, Afrika und Lateinamerika
diversifiziert, der Anteil der US-Exporte auf 18 Prozent aller Exporte verringert.
Nicht beschränken wird China sein Recht auf eigene
Entwicklung. 2015 hat es die Qualitätsoffensive „Made in China 2025“ gestartet.
Im Erfolgsfall würde sich China vom Produzenten von Billigware zum
Markenhersteller mausern, wie dies mit der Marke Huawei schon gelang. Wenn der
„Made in China 2025“-Plan funktioniere, werde China in der IT-Industrie die
führende Rolle erringen, sagt der Experte Xu Chengjin in der Gobal Times. Er verweist auf die
offizielle Untersuchung des sogenannten „chinesischen Technologie-Transfer-Regimes“
durch den US-Handelsbeauftragten, wonach China mit 27 Prozent der globalen High-Tech
Manufaktur nicht mehr weit hinter den 29 Prozent der USA liege. Gegen dieses
schnelle Aufholen richten sich die jüngsten Hürden und Restriktionen auf allen
Gebieten, sei es im Handel, sei es bei Firmenkäufen oder beim Geschrei über
„Diebstahl“ von Technologie. Unnötig, zu erwähnen, dass die EU bei der zähen Verteidigung
des westlichen Technologiemonopols mit Trump an einem Strang ziehen wird – Freihandel
hin oder her.
UZ-Kolumne von Beate Landefeld vom 11.5.2018
Labels:
China,
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