Freitag, 14. Februar 2025

Trumps Außenpolitik. Zwischen Chaos und kontrolliertem Abstieg

 Nach Amtsantritt inszenieren sich Trump und Helfer als „schöpferische Zerstörer“, erpressen Länder, verhängen Zölle, machen Grenzen dicht, deportieren Einwanderer, sperren Mittel für USAID, fordern CIA-Angestellte auf, zu kündigen.

Trump-Fans sind fasziniert. Proteste der Gegner kommen mit dem Tempo der Überrumpelung nicht mit. USAID klingt wie Hilfswerk, ist aber primär mächtiges Einflussinstrument des US-Imperialismus in anderen Ländern. Aus dem Jahresetat von 40 Mrd. Dollar finanziert USAID Projekte von NGOs, „unabhängige“ Medien, Regime-Change-Operationen in aller Welt. Im Zuge der USAID-Abwicklung bringt die Plattform X täglich Enthüllungen: über Ausgaben USAIDs für Regime-Change in einzelnen Ländern, Zuflüsse an weltweit 6200 Journalisten, an Medien wie die BBC, an 9 von 10 Nachrichtenorgane der Ukraine, die BRD-Medien als Quelle dienen.

USAID fungierte auch in Trumps erster Amtszeit als Interventions-Hebel. Und Musk, der jetzt den Besen schwingt, ließ sich den Einsatz von Starlink in der Ukraine von USAID bezahlen. Er befürwortete nahezu jeden von CIA und USAID geförderten Putschversuch in Lateinamerika. Musk steht für vieles, nur nicht für Emanzipation. USAID soll künftig dem US-Außenministerium unterstehen und laut New York Times von 14000 auf ca. 300 Mitarbeiter schrumpfen. Ein Fortschritt? Ein Kommunist aus den USA schrieb auf X: „Das Imperium verschwindet nicht, es rekonstituiert sich.“

Trumps Plan, Gaza zu räumen, zielt darauf, Netanyahus genozidale Zerstörung durch ethnische „Säuberung“ zu vollenden. Das passt nicht zur Illusion vieler Trump-Wähler, „America First“ bedeute das Primat für die Interessen der US-Bevölkerung. Eilig versichert Trump, US-Soldaten müssten nicht nach Gaza. Die Abnahme vertriebener Gaza-Bewohner verweigerten Ägypten und Jordanien schon unmittelbar nach dem 7. Oktober 2023 gegenüber Blinken. Trump wird das nicht ändern.

Trump gibt sich als „Friedensstifter“. Viele wählten ihn deshalb. Kaum im Amt, randaliert er gegen Kanada, Mexico, Panama, will Grönland annektieren. Der Kolumnist Thomas Fazi interpretiert das außenpolitische Gepolter als Versuch, mit dem Niedergang und der nicht mehr zu verkraftenden Überdehnung des US-Imperiums klarzukommen. Die US-Prioritäten würden in Richtung einer leichter handhabbaren, kontinentalen Strategie rekalibriert, mit neuer Monroe-Doktrin (UnHerd, 9.1.2025).

Trumps Außenminister Rubio, Exilkubaner und Ex-Neocon, sagte am 30.1.2025 im TV-Gespräch, die heutige Welt sei multipolar. Das sei normal, Unipolarität die historische Ausnahme. Die USA seien keine Weltregierung. Jedes Land müsse zuerst die eigenen Interessen vertreten. Rubios Interview und die Abwicklung von USAID interpretiert der in China lebende Unternehmer Arnaud Bertrand als Zeichen einer „seismischen Wende“ in der US-Außenpolitik:

„Die Anerkennung der Existenz einer multipolaren Welt anstelle des Versuchs, eine zunehmend kostspielige Hegemonie aufrechtzuerhalten, konnte nicht mehr aufgeschoben werden.“ Es sehe chaotisch aus, sei aber eine Art selbst kontrollierter Abwicklung des „amerikanischen Jahrhunderts“ und am Ende besser als eine Fiktion der US-Vorherrschaft aufrecht zu erhalten bis diese offen kollabiert (X, 3.2.2025).

Danach wäre Trumps Linie objektiv ein Anpassungsversuch des US-Imperialismus an die neuen internationalen Kräfteverhältnisse. Die Niederlage der Ukraine, die Kriegsmüdigkeit der US-Bürger sind Komponenten davon. Der Kapitalismus braucht von Zeit zu Zeit grundlegende Anpassungen, relative Lösungen seiner multiplen Krisen, um in der Konkurrenz aufzuholen und Spielraum zurückzugewinnen. Fehlt die systemverändernde Kraft oder ist sie zu schwach, pendeln sich die Bourgeoisien, mehr oder weniger bewusst, auf systemerhaltende Lösungen ein, die fast immer reaktionär sind.

Der Beitrag von Beate Landefeld erschien zuerst in der uz vom 14. Februar 2025

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