UZ-Kolumne von Beate Landefeld vom 12. April 2019
Freitag, 12. April 2019
Die Globalisierung schleicht sich von ungewohnter Seite heran
Italien stieg in das Projekt der Neuen Seidenstraße ein (Belt
and Road Initiative = BRI). Chinas Präsident Xi kam dazu nach Rom. Er besuchte danach
Monaco und Paris. Er vereinbarte Handelsverträge mit Präsident Macron.
Kanzlerin Merkel und EU-Kommissionspräsident Juncker kamen dazu, um zu zeigen,
dass die EU sich nicht spalten lasse. Ihre Show kann die faktische Spaltung der
EU nicht verbergen: Dem von Berlin und Paris dominierten Kerneuropa stehen der arme
Osten und der verarmende Süden als Peripherie gegenüber. Vor Italien hatten Portugal,
Bulgarien, Kroatien, Tschechien, Griechenland, Polen, die Slowakei, Slowenien,
Ungarn, Malta und die drei baltischen Staaten schon Investitionsabkommen mit
China im Rahmen der BRI vereinbart. Auch der Finanzplatz Luxemburg trat bei. Mit
Italien beteiligt sich, entgegen Warnungen aus Washington und Brüssel, erstmals
ein Mitglied der G7.
2017 nahm der damalige Ministerpräsident Gentiloni am großen
BRI-Gipfel in Peking teil. Italien will seine Exporte nach China steigern und an
Verbindungen, die die Seidenstraße zu Afrika und zu Drittländern schafft,
partizipieren. Aus Sicht des italienischen Experten Matteo Bressan können die
Häfen Triest, Genua und Venedig als Knotenpunkte der maritimen Seidenstraße zu
Konkurrenten der nordeuropäischen Häfen aufsteigen. Italiens BRI-Beteiligung könne,
so schreibt er in der Global Times, zur Überwindung der heute peripheren
ökonomischen Stellung des Landes beitragen (GT, 4.4.2019). Die BRI als Beitrag
zum Abbau innereuropäischer Ungleichgewichte? Berlin und Brüssel passt das
nicht. Originalton Heiko Maas: „Sollten einige Länder glauben, man kann mit den
Chinesen clevere Geschäfte machen, werden sie sich wundern und irgendwann in
Abhängigkeiten aufwachen" (dw.com, 27.3.2019).
Im Unterschied zur konstruktiven Offenheit vieler Länder Europas
hält sich die EU-Kommission an die deutsche Doppelstrategie gegenüber der BRI. Die
besagt, zwar mitzumachen und mitzuverdienen, aber zugleich Dauernörgeln und
Skepsis zu verbreiten. Druck auf China soll aufrechterhalten werden, da es seine
Kontrollen für Auslandskapital weiter abbauen soll. Argwohn und Angst, China könne
uns überrollen, werden im Volk gesät, damit das imperialistische EU-Konstrukt und
die NATO-Aufrüstung unverzichtbar erscheinen. Berlin und Brüssel sind eifrige Apostel
der „Globalisierung“. Globalisiert sich aber ihr Hinterhof, fürchten sie
Kontrollverlust.
Im Januar legte der BDI ein Papier zum Umgang mit China vor.
Dabei klagte BDI-Chef Kempf, die VR China entwickele sich entgegen früherer
Erwartungen „absehbar nicht hin zu Marktwirtschaft und Liberalismus“. Sie
etabliere ihr eigenes politisches, wirtschaftliches und gesellschaftliches Modell
im „Systemwettbewerb zu liberalen marktwirtschaftlichen Staaten wie Deutschland“.
Im Februar stellte Peter Altmaier seine Nationale
Industriestrategie 2030 vor. Sie zielt auf mehr staatliche Investitionen, die
Förderung „europäischer Champions“ und das Erschweren chinesischer Investitionen.
Kleinere Staaten und Mittelständler sehen im Schmieden von Champions nach dem
Vorbild von Airbus (früher EADS) eine Begünstigung vorwiegend deutscher und
französischer Monopole, bei der sie weitgehend leer ausgehen.
Die EU-Kommission versucht vor dem EU-China-Gipfel 2019, eine
„EU-Position“ zur BRI im Clinch mit China zu formen. Parallel begannen Länder
und Unternehmer, sich Einstiegsmöglichkeiten auf eigene Faust zu erschließen. Unternehmer
aus der Logistikbranche Bremens und Hamburgs gründeten den Bundesverband Deutsche
Seidenstraßen Initiative BVDSI. Er will mittelständischen Unternehmen helfen, entlang
der Seidenstraße Ansprechpartner zu finden. Er betont: „Der BVDSI sieht aktive
und partnerschaftliche Wirtschaftspolitik als Friedenspolitik“ (bvdsi.de).
UZ-Kolumne von Beate Landefeld vom 12. April 2019
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