„Für Deutschland bedeutet Erlösung + Sicherheit = Europa + Amerika“. So Brzezinski 1997 in seinem Buch „The Great Chessboard“. „Erlösung = Europa“ besagt: Als EU kann Deutschland Großmacht spielen, ohne aggressiv zu erscheinen. „Sicherheit = Amerika“ heißt: Militärmacht wird Deutschland nur in und mit der NATO. Das mache Deutschland „zu Europas Musterknaben und zum stärkeren Anhänger Amerikas in Europa“ [im Vergleich zu Frankreich, BL]. Was Brzezinski beschrieb, ist das politische Psychogramm der deutschen Monopolbourgeoisie. Die USA halfen ihr nach der Niederlage 1945 auf die Beine. Ihr Klasseninteresse steht über dem der Nation, wie schon Adenauers Antwort auf Stalins Angebot eines ungeteilten neutralen Deutschland zeigte: „Lieber das halbe Deutschland ganz als das ganze Deutschland halb.“
Nach 2001 übernahmen in der US-Außenpolitik die Neocons die Führung. Ihre Ideologie setzte sich in den großen Medien und Thinktanks durch. Sie predigen Fukuyamas These von der „liberalen Demokratie“ als Ende der Geschichte. Die USA werde als „einzigartige Macht“ ein „neues amerikanisches Jahrhundert“ anführen. Die Neocons sind die Ideologen des „Global War on Terror“ und ungebremster NATO-Osterweiterung. Sie befolgen Brzezinskis Rat, in Eurasien keine Macht entstehen zu lassen, die die USA herausfordern kann. Dazu gehört, dauerhafte Kooperation von Deutschland und Russland zu verhindern. Förderer der Neocons sind der US-Militär-Industrie-Komplex, die Geheimdienste, große Internet- und Medienkonzerne.
Die von den Neocons geplante Neuordnung des Mittleren Ostens
scheiterte. Die „Anti-Terror-Kriege“ hinterließen in Irak, Syrien, Libyen,
Afghanistan Elend, Zerstörung und Chaos. In Europa profitierte vom Zerfall des Ostblocks
vor allem der deutsche Imperialismus. Mit der deutschen Einheit wurde er stärkste
Macht der EU. Im Zuge der EU-Erweiterung realisierte er sein altes Ziel des
europäischen Wirtschaftsgroßraums. EU- und NATO-Osterweiterung gingen Hand in
Hand. Sie verliefen keineswegs nur in friedlichen Formen, sondern gingen mit
Kriegen (Jugoslawien, Ukraine) und/oder blutigen Regime-Change-Versuchen einher
(Ukraine, Belarus).
In der NATO dominieren die USA, in der EU die BRD. Bei der
EU- und NATO-Ostexpansion kam es zur Verflechtung der Interessen des deutschen Imperialismus
mit denen des US-Imperialismus. Das „neue Europa“ (so nannte der Neocon
Rumsfeld Polen und die baltischen Staaten) verstärkte die Verzahnung. Russophobe
reaktionäre Eliten im „neuen Europa“ wirken für die nahtlose Übereinstimmung der
EU- mit der US-Strategie, fördern Spannungen mit Russland und China, drängen auf
die Entkoppelung der EU von Russland und China. „Einheit der EU“ sowie Einheit
von EU und NATO gibt es schon länger nur noch auf russophober Grundlage.
Dazu passt Baerbocks eingebildete „Führungspartnerschaft“
mit den USA und Habecks Idee der „dienenden Führungsrolle“ Deutschlands. Von „strategischer
Autonomie der EU“ oder einer souveränen Politik Berlins spricht heute niemand. Gerade
letztere wäre nötig, da die Interessen der US-Eliten nicht die unseren sind. Dauerhaft
höhere Energiepreise schaden Privathaushalten und Unternehmen. Die exportabhängige
deutsche Wirtschaft will sich nicht völlig von China entkoppeln. Der US-Air-Force
General Mike Minihan erwartet dagegen für 2025 einen Krieg mit China. Militärs
und Thinktanks der USA drängen auf Verhandlungen im Ukrainekrieg, um die Auf-
und Nachrüstung auf den künftigen Krieg gegen China zu fokussieren.
Um ein Minimum an deutschen Interessen zu wahren, müsste die
Bundesregierung dem abenteuerlich-destruktiven US-Kurs entgegenwirken. Sie
müsste für friedliche Koexistenz und gleichberechtigte Kooperation wirken,
statt zuzulassen, dass unser Land noch tiefer in den Strudel des Niedergangs
der US-Hegemonie gezogen wird.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen