Freitag, 13. Mai 2022

Krieg in Permanenz – Ziel ist die Schwächung Russlands.

 Ende März näherten sich Russland und die Ukraine in Istanbul einer Verhandlungslösung. US-Präsident Biden sagte damals in Polen über seinen russischen Amtskollegen Putin: „Um Gottes willen, dieser Mann darf nicht an der Macht bleiben“. Zuvor hatte er ihn mal als Killer, mal als Kriegsverbrecher, mal als Schlächter tituliert. US-Außenminister Blinken und Bidens Sprecherin Psaki nannten es eine „persönliche Gefühlsäußerung“ Bidens. Ein Regime-Change in Moskau sei nicht das Ziel. Doch Boris Johnson tauchte in Kiew auf und warnte Selenskyj vor einem Treffen mit Putin. Direkte Verhandlungen zwischen den Kriegsparteien kamen zum Erliegen. Am 9. April erklärte EU-Vertreter Borell: „Dieser Krieg wird auf dem Schlachtfeld entschieden“. Der Westen fuhr die Waffenlieferungen hoch.

Auf dem Schlachtfeld lief es im Monat danach schlecht für die Ukraine. Russland trat in die zweite Phase der „Militäroperation“, die Konzentration auf den Osten und Süden. In Phase 1 verteidigten die ukrainische Armee und kurzfristig bewaffnete Freiwillige nach dem Muster des „Volkssturms“ erfolgreich Kiew, während die russische Armee große Teile der militärischen Infrastruktur, Flugzeuge, Panzer, Waffen, Munition und Treibstofflager zerstörte. Am Beginn von Phase 2 hatte die ukrainische Armee schon stark an Kampfkraft und Mobilität verloren. Das ermöglichte den Truppen Russlands und der Volksrepubliken im Monat April ein vorsichtiges, aber stetiges Vorrücken im Süden und Osten. Ihrer Artillerie konnten die ukrainischen Soldaten wenig entgegensetzen. Sie erlitten hohe Verluste. Mariupol, seit Juni 2014 von Asow-Kräften besetzt, kam frei. Reste der Besatzer waren im Stahlwerk blockiert.

Laut ARD-Teletext 5.5.2022 erklärte Selenskyjs Berater Arestowytsch, die Ukraine werde mit einer Gegenoffensive bis Mitte Juni warten. Bis dahin werde die Ukraine hoffentlich mehr Waffen aus dem Ausland erhalten. Das Ziel ist, die gegenwärtigen Verteidigungslinien bis dahin zu halten. Verschiedenste Waffensysteme aus dem Westen erfordern Ausbildung. Obwohl alle Soldaten an der Front gebraucht werden, muss ein Teil abgezogen und im Ausland trainiert werden. Es kommt zur zunehmenden Rekrutierung internationaler „Berater“ und bereits qualifizierter Söldner. Trotzdem wird es laut dem US-Militärexperten Daniel L. Davis viele Monate in Anspruch nehmen, die ukrainische Armee so auszustatten, wie es nötig wäre, um die russische Armee zu vertreiben, aber selbst dann sei kein Sieg garantiert. Auch werden Waffenlieferungen, Depots und Transportwege weiterhin laufend zerstört.

Ende April stimmte Bidens Kriegsminister Austin die NATO-Partner in Ramstein auf eine lange Dauer des Krieges ein. Eine permanente „Kontaktgruppe“ zur Unterstützung der ukrainischen Seite wurde eingerichtet. Ziel sei die „Schwächung Russlands“. Die grüne BRD-Außenministerin hatte schon früher gedroht: „Wir werden Russland ruinieren!“ Die Biden-Administration wird, so der Veteran der US-Diplomatie Chas Freeman, „Russland bis zum letzten Ukrainer bekämpfen“. Suggeriert wird, je länger der Krieg dauere, desto mehr Territorium werde die Westukraine „zurückerobern“. Schon Minsk II scheiterte an dieser Selbstüberschätzung Kiews. Das Gefährliche an einem andauernden NATO-Russland-Krieg in der Ukraine ist, dass er jederzeit auf andere Länder übergreifen und in den 3. Weltkrieg umschlagen kann.

BDI-Präsident Russwurm forderte Anfang Mai in den USA namens der ökonomisch herrschenden Klasse unseres Landes den „noch engeren transatlantischen Schulterschluss“. Die Sanktionen gegen Russland treffen gerade auch deutsche Unternehmen hart, aber die Reichen können viele Lasten auf die Gesellschaft abwälzen. Die Lohnabhängigen werden den aggressiven Kurs der Eindämmung und Schwächung Russlands auszulöffeln haben, soweit sie sich nicht wehren.

Kolumne in Unsere Zeit vom 13. Mai 2022, Autorin: Beate Landefeld

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