Montag, 30. August 2010

Und die Staaten?

Und die Staaten?
Ein Fall von schematischer Ableitung liegt vor, wenn Veränderungen der Rolle der Nationalstaaten allein aus den TNKs und der Internationalisierung des kooperativen Arbeitsprozesses erklärt werden. So, wenn W. Listl den Nationalstaaten nur noch die Rolle zuweist, „um die günstigsten Standorte für die TNKs zu konkurrieren”. Noch deutlicher sind die „Thesen des Sekretariats”: „In der Krise verschärft sich der Konkurrenzkampf der Staaten untereinander, um dem Kapital den besten Investitionsstandort zu bieten.” (Thesen, S. 12).
Natürlich konkurrieren die Staaten auch als Standorte, aber nicht nur. Sie sind zugleich Verstärker der national basierten Monopole.

Montag, 23. August 2010

Ein methodisches Problem

Statt wie Walter Listl von einem “qualitativen Sprung der Internationalisierung des Kapitals, seiner globalen Struktur” zu sprechen, macht es Sinn, von „einer neuen Stufe der Internationalisierung” zu reden, bei der es um die „Vernetzung der Produktionsprozesse und Finanzströme über den ganzen Globus” geht.

Selektiver Umgang mit den Daten über ausländische Direktinvestitionen (ADI)

Laut Walter Listl war der Bestand an ausländischen Direktinvestitionen 2008 mit 16205 Mrd. US-Dollar zehnmal so hoch wie 1990. Laut UNCTAD betrug er 2087 Mrd. im Jahr 1990 und 16207 Mrd. im Jahr 2008, war also ungefähr 7,7 mal so hoch wie 1990. Doch sagen solche absoluten Zahlen wenig über eine Zunahme des Verflechtungsgrades der Volkswirtschaften aus. Das absolute Wachstum könnte einem höheren Welt-BIP zuzuschreiben sein.
Gerade um den Verflechtungsgrad geht es aber bei W. Listl, der mit seinen Zahlen einen „qualitativen Sprung der Internationalisierung des Kapitals, seiner globalen Struktur” nachweisen will. Über den Verflechtungsgrad gibt jedoch nicht die absolute Zunahme der Bestände an ausländischen Direktinvestitionen Aufschluß, sondern die Zunahme ihres Anteils am ebenfalls wachsenden BIP der Welt.

Samstag, 24. Juli 2010

Walter Listl und der Transnationalisierungsindex

Der Transnationalisierungsindex (TNI) wurde von der UNCTAD entwickelt. Laut Walter Listl mißt er: Anteile von „Umsatz, Beschäftigten und Aktienstreuung außerhalb der Heimat der TNKs” im Verhältnis zu den entsprechenden Gesamtgrößen. Laut UNCTAD, die auch die Statistik über die internationalen Direktinvestitionen führt, mißt er Anteile von Umsatz und Beschäftigten im Ausland und das Auslandsvermögen (u.a. Filialen) der TNKs an den jeweiligen Gesamtgrößen. Der TNI enthält also keinerlei Indikator zur Aktionärsstruktur – weder zur Streuung, noch zur internationalen Verteilung. Der TNI ist daher gänzlich ungeeignet als Beleg für eine Internationalisierung des Eigentums im Sinne einer Auflösung der nationalen "Kommandohöhen" (Hilferding).

Freitag, 23. Juli 2010

Walter Listls Zahlen zu den DAX-Konzernen

"DAX-Konzerne mehrheitlich in ausländischer Hand" schrieb oft die bürgerliche Presse, aber auch das ISW. Walter Listl meint: „fast mehrheitlich”. Die Meldung verkündete zuerst das Handelsblatt vom 17.12.2007. Danach waren im Durchschnitt 52,6% der Aktien der 30 DAX-Konzerne in ausländischem Besitz. Da wurde jedoch mit der falschen Zahlenbasis gerechnet. Die Angaben treffen nur auf die frei handelbaren Aktien zu. Da können sich Prozentgrößen ergeben, die nichts über die Machtverhältnisse im Konzern aussagen. Beispiel: Die Merck KGaA ist mit ca. 70% in Clanbesitz, nur 30% der Aktien sind frei handelbar.

Donnerstag, 22. Juli 2010

DKP-Debatte in der Jungen Welt

In der Jungen Welt beginnt am 22.7.2010 eine Serie „DKP-Debatte“:
Analyse des gegenwärtigen Kapitalismus und mögliche Wege zu dessen Aufhebung

Sie will mit jeweils zwei Beiträgen an 4 Donnerstagen im Juli/August unterschiedliche Meinungen aus der DKP-Debatte wiedergeben.

Teil I:
22.07.2010: "Globalisierung des Kapitals" von Walter Listl
22.07.2010: "Verstärkte Konkurrenz" von Beate Landefeld

Teil II:
29.07.2010: "Gemeinsame Alternative" von Leo Mayer
29.07.2010: "Triebkraft der Bewegung" von Männe Grüß

Teil III:
5.8.2010: "Radikal und realistisch" von Nina Hager
5.8.2010: "Die kommunistische Grundaufgabe" von Patrik Köbele


Teil IV:
12.8.2010: "Erfolgsgarantie Einheit" von Uwe Fritsch
12.8.2010: "Einheit unter Bedingungen" von Rainer Perschewski

22.07.2010: Monopolistischer Kapitalismus

22.07.2010: Verstärkte Konkurrenz (Tageszeitung junge Welt)

Die nationale Bourgeoisie und die Staatsregierung drücken der Arbeiterklasse Standortbedingungen auf, um den globalen Wettbewerb anzuführen

Von Beate Landefeld 
Das DKP-Programm enthält eine knappe Kapitalismusanalyse. Danach kam es um das Jahr 1900 herum zu einer Strukturdifferenzierung des Gesamtkapitals. Damals bildeten sich auf breiter Front markt- und produktionsbeherrrschende Konzerne, Monopole heraus und leiteten jenes Stadium des Kapitalismus ein, welches im Anschluß an Rudolf Hilferding, Lenin, Rosa Luxemburg und Nikolai Bucharin seither als Monopolkapitalismus oder Imperialismus bezeichnet wird.
Monopole entstehen durch Konzentration und Zentralisation aus der Konkurrenz und als Reaktion auf Produktivkraftentwicklung und Krisenprozesse. Sie sind eine Form der Vergesellschaftung der Produktion noch unter den Bedingungen von kapitalistischer Warenproduktion und Privateigentum. Lenin und andere Theoretiker sahen im monopolistischen Kapitalismus daher das »höchste Stadium« des Kapitalismus, das in mancher Hinsicht »Züge einer Übergangsgesellschaft« zum Sozialismus trage.
Die Vorstellung des »höchsten Stadiums« verband sich zur Zeit der Entstehung der marxistischen Imperialismustheorie mit der Erwartung einer baldigen sozialistischen Weltrevolution. Der Versuch blieb auf die Oktoberrevolution beschränkt. Manche schließen daraus, der Imperialismus sei eben doch nicht das »höchste«, sondern ein »ziemlich frühes« Stadium des Kapitalismus gewesen.

Mittwoch, 21. Juli 2010

Robert Steigerwald, Kritische Bemerkungen zu den "Thesen"

Kritische Bemerkungen zu den vom Sekretariat des Parteivorstands der DKP in der Januar - Tagung des Parteivorstands eingebrachten „Thesen“. (aus: www.kommunisten.eu)

I. Der Gang der Entwicklung.
Das Sekretariat des Parteivorstands der DKP übergab diesem „Thesen“. Sie sollten vom Parteivorstand beschlossen werden und zur Vorbereitung auf den Parteitag im Oktober 2010 dienen. Noch vor der Diskussion im Parteivorstand wurden diese Thesen bekannt. Dies durfte nicht verwundern, denn es gab und gibt im Parteivorstand als Widerspiegelung von Differenzen in der Gesamtpartei eben auch diese gewichtigen Differenzen. Mit den „Thesen“ wird von den Verfechtern der einen Richtung versucht, ihre Lesart zu Lasten der anderen festzuschreiben.

Samstag, 26. Juni 2010

Stellen die Thesen uns auf neue Herausforderungen ein?

Das ist ihr Anspruch. Die ersten vier Abschnitte beschäftigen sich mit der Analyse der Krise und Auswegen daraus, mit der ökologischen Krise, mit Veränderungen in der Arbeiterklasse und der Arbeiterbewegung.
In diesen Abschnitten findet man viel Richtiges und daneben vieles, worüber unsere Partei schon länger streitet, wie z. B. die Interpretation von Imperialismus, Neoliberalismus und Globalisierung. Oder auch die Position zu unserem Verhalten bei überregionalen Wahlen. Die Diskussion über diese bekannten Differenzen fortzusetzen, wäre schon seit Langem nötig gewesen und bleibt nötig.
Die Thesen gehen in diesem analysierenden Teil von einem bestimmten Schema von Globalisierung aus. Dieser Rahmen wird aufgefüllt mit Aussagen zum Neoliberalismus, zur Krise und zu möglichen Auswegen daraus. Dabei wird eine Reihe von Begriffen eingeführt, die nicht näher erläutert werden.
Etwa der häufig gebrauchte Begriff des „herrschenden Blocks.” So bezeichnete Antonio Gramsci bestimmte Bündnisse sozialer Klassen und Schichten, die die Macht der herrschenden Klasse stützen. Er interessierte sich für die Klassen und sozialen Kräfte, die einen „herrschenden Block” ausmachen, nicht zuletzt, um Möglichkeiten für Kräfteverschiebungen zu erkunden, mit denen Spielraum zugunsten der Arbeiterklasse entstehen kann. In den Thesen wird über die Klassenkräfte des „herrschenden Blocks” nichts gesagt. Der Begriff wird als Leerformel benutzt. Die bisher übliche Formel für „die da oben”, das „transnationale Kapital” taucht dagegen in den Thesen nur noch an einer Stelle auf. Würde der „herrschende Block” mit sozialem Inhalt gefüllt, so könnte man dies als Fortschritt sehen. Da er leer bleibt, bleibt auch die Unklarheit

Donnerstag, 20. Mai 2010

Die Niederlage Berlins

19.05.2010: Die Niederlage Berlins (Tageszeitung junge Welt)

Hintergrund. Die 750 Milliarden Euro umfassende Garantieerklärung vom 9. Mai hilft zwar den Banken, rettet aber die Währungsunion nicht vor dem Untergang
Von Lucas Zeise

Der 9. Mai 2010 markiert eine krachende Niederlage des deutschen Kapitals. Die Europastrategie der deutschen Bundesregierungen seit Helmut Kohl ist an der Griechenland-, Staatsfinanzen- und Euro-Krise auf Grund gelaufen. An diesem Sonntag, dem 9.Mai– eigentlich war es in der späten Nachtsitzung schon der Montag geworden –, beschlossen die Finanzminister der EU in Brüssel ein gran­dioses staatliches Rettungspaket für Euro-Staaten im Umfang von insgesamt 750 Milliarden Euro.

Dienstag, 18. Mai 2010

Pinwand 2: Drei Repliken zu C. Schuhler

Unter Pinwand veröffentliche ich Meinungen, die woanders geäußert wurden, aber dort nicht in den vorgesehenen Rahmen passen. Diesmal geht es um die Kontroverse Jörg Miehe - Conrad Schuhler zum Einfluss des ISW auf die Theoriebildung in der DKP. Dazu gab es zunächst einen Beitrag von Miehe im Rahmen der Thesendiskusion auf der Website kommunsten.eu:

Wie weiter mit den Thesen und der Partei? (Jörg Miehe)

Dann eine Antwort des Direktors des ISW Conrad Schuhler:

Die DKP und das ISW (Conrad Schuhler)

In dieser Antwort wird das Vorhandensein einer Gruppe "Miehe und die Seinen" unterstellt. Zu dieser "Gruppe" rechnet er auch mich. Das ist putzig und ringt mir ein Schmunzeln ab. Einige Namen aus dieser "Gruppe", die Schuhler nennt, sind mir bekannte Genossen. Ob sie die gleichen Positionen wie ich vertreten, weiß ich nicht. Lese ich ihre Beiträge in der Debatte, so scheint uns gemeinsam zu sein, dass wir die Thesen des ISW zum Thema "Imperialismus-Globalisierung" nicht für unfehlbar halten, sondern für diskussionswürdig.
Einige der von Schuhler genannten Personen haben auf seinen Beitrag mit richtig stellenden Argumenten geantwortet, was ihr Verhältnis zum ISW anbelangt. Keiner verkennt dessen Verdienste etwa in der Publizierung von Helmut Peters China-Analyse, oder von Analysen anderer Autoren und in der Erarbeitung von Positionen, wie jüngst mit der Diskussion um Arbeitszeitverkürzung. Die meisten der Kritiker sind Bezieher der ISW-Publikationen oder sogar Förderer.
Mir wurden als Reaktion auf den Schuhler-Beitrag Repliken (in Kopie) zugeschickt, die an die Debatte-Seite gingen. Das war vor ungefähr drei Wochen. Die von C. Schuhler in der Debatte öffentlich begonnene Reflexion über das Thema DKP-ISW scheint wichtig zu sein. Erschienen ist bisher nichts davon.
Daher mache ich die mir bekannten Repliken zu meiner Pinwand 2: Schuhler-3 Repliken

Donnerstag, 4. März 2010

Pinwand 1: Ingo Wagner zur DKP-Debatte

Unter dem Label Pinwand poste ich Links zu Aussagen, die woanders nicht veröffentlicht wurden, obwohl sie für alle Interessierten allgemein zugänglich sein sollten. Pinwand 1 ist die Stellungnahme von Professor Dr. Ingo Wagner, Leipzig zur Debatte in der DKP.

Sonntag, 31. Januar 2010

Zur Frage der Glaubwürdigkeit im Kampf um Demokratie und Sozialismus

Im Thesenentwurf des Sekretariats wird der Sozialismus als Lösung für die gegenwärtigen Menschheitsprobleme propagiert, da der Kapitalismus bei ihrer Lösung versagt habe. Sozialismus wird als Prozess der Emanzipation und Demokratisierung beschrieben. Zwar ist die Rede von der Notwendigkeit einer revolutionären Veränderung, doch fehlen Aussagen zu den ökonomischen und politischen Grundlagen des Sozialismus und zu den Machtverhältnissen, die einer revolutionären Veränderung im Wege stehen. Der Kampf um Sozialismus verschmilzt mit dem Eintreten für einen Richtungswechsel in der Politik und damit einher gehenden Verhaltensänderungen bei den Menschen.