UZ-Kolumne von Beate Landefeld, die in Unsere Zeit vom 9. Juni 2017 erschien. Die UZ-Redaktion brachte sie unter dem Titel "Zwei Globalisierer", der meines Erachtens am Inhalt des Textes vorbei geht, da er die imperialistische Globalisierung in Form der deutschen EU-Dominanz mit dem auf zwischenstaatlicher Kooperation basierenden Seidenstraßenprojekt auf eine Stufe stellt, statt das Spannungsverhältnis zwischen beiden einzufangen. (BL)
Freitag, 9. Juni 2017
Globalisierung trifft auf Globalisierung
Vom 12.-14. Mai 2017 trafen sich in Peking Vertreter aus
100 Staaten zum Gipfeltreffen des Belt
and Road Forums, unter ihnen 29 Staats- und Regierungschefs. Britannien war
durch Theresa May, Russland durch Wladimir Putin, Italien und Griechenland
durch ihre Ministerpräsidenten Gentiloni und Tsipras vertreten. Die BRD hatte Wirtschaftsministerin
Zypries geschickt. Die deutschen Medien behandelten das Ereignis unter „ferner
liefen“. Die Belt and Road Initiative,
auch Neue Seidenstraße genannt,
bündelt alte und neue Projekte Chinas und anderer Staaten zum Aufbau eines
interkontinentalen Infrastruktur-Korridors zwischen Europa, Afrika, Asien und
China. Er verläuft im geografischen Raum der historischen Seidenstraße und umfasst
Land- und Seewege, Pipelines und Häfen. Das Investitionsvolumen wird auf 1.100
Milliarden US-Dollar geschätzt, finanziert hauptsächlich durch die Asiatische
Infrastrukturinvestmentbank (AIIB) und den Seidenstraßenfonds.
Die VR China erhofft sich von dem Projekt einen
Entwicklungsschub für ihren Westen und die Stabilisierung der Grenzen zu Nachbarländern.
Das Projekt galt auch als Alternative zum von den USA initiierten Transpazifischen
Partnerschaftsabkommen (TPP), das China ausschloss. Trump ließ es später fallen.
Am parallelen TTIP mit der EU hält der Bundesverband der Deutschen Industrie bis
heute fest. Anton Börner, Chef des Bundesverbands Groß- und Außenhandel beschrieb
das TTIP als „Chance für globale Standards, die wir zusammen mit den USA zurzeit
noch prägen können.“ Aus der „Wertegemeinschaft“ von USA und EU, folgte für
Börner: „Länder, wie China und Russland müssen von uns übernehmen, was freier
Wettbewerb und freies Handeln bedeutet und nicht wir die Regeln ideologisch
ausgerichteter Staaten und deren Gesellschaftsformen.“ Selten wurde der Sinn der
„Wertegemeinschaft“ so direkt auf den aggressiven Anspruch der
imperialistischen Hauptländer reduziert, die Regeln der „Globalisierung“ auch
künftig zu diktieren.
China gelang es mit der Öffnungspolitik seit 1978, sich in
die Weltwirtschaft und internationale Arbeitsteilung einzugliedern, ohne die
eigene Wirtschaftssouveränität aufzugeben. Es hat die Kapitalisten ins Land
gelassen, ihnen aber nicht die Kommandohöhen der Wirtschaft überlassen. So
konnte es ausländische Investitionen und Technologie für die eigenständige
Entwicklung nutzbar machen. Dazu waren bestimmte Kapitalverkehrskontrollen nötig.
Genau gegen diese laufen die monopolkapitalistischen „Wettbewerber“ und ihre
Staaten Sturm. Sie wettern gegen „Produktpiraterie“ und verteidigen damit ihr
Monopol auf technologische Vorsprünge. „Staatskonzerne“, „Joint-Venture-Zwang“,
Quoten für Elektroautos rügen sie als „ungenügende Marktöffnung“ und
„Benachteiligung des Auslands“. Auf den chinesischen Binnenmarkt verzichten, können
und wollen sie aber auch nicht.
Die Ambivalenz von Kooperation und Konkurrenz prägt auch
Berlins Haltung zu One Belt One Road.
Angesichts von Rissen in der „Wertegemeinschaft“ dank Trump, Brexit und
Eurokrise stöhnen die Qualitätsmedien dieser Tage unüberhörbar darüber, dass
„ausgerechnet die VR China“ sich als Verteidigerin der Globalisierung „aufspiele“.
Zudem sind bei One Belt One Road die EU-Staaten
involviert, allen voran Südeuropa und die 4 Visegrad-Länder. Ihr Spielraum
gegenüber der deutschen EU-Dominanz könnte in der Kooperation mit China größer
werden. Die Spaltungen in der EU könnte das vertiefen. Andererseits würden
deutsche Konzerne, deren Industriegürtel sich in die Visegrad-Länder erstreckt,
vom Korridor nach Asien ungemein profitieren. Thinktanks, wie die Deutsche
Gesellschaft für Auswärtige Politik (dgap) raten daher zur Doppelstrategie:
Mitmachen, aber zugleich durch Dauernörgeln Druck auf China machen, dem
Auslandskapital mehr Zugriff auf seine Firmen zu gewähren.
UZ-Kolumne von Beate Landefeld, die in Unsere Zeit vom 9. Juni 2017 erschien. Die UZ-Redaktion brachte sie unter dem Titel "Zwei Globalisierer", der meines Erachtens am Inhalt des Textes vorbei geht, da er die imperialistische Globalisierung in Form der deutschen EU-Dominanz mit dem auf zwischenstaatlicher Kooperation basierenden Seidenstraßenprojekt auf eine Stufe stellt, statt das Spannungsverhältnis zwischen beiden einzufangen. (BL)
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