Schon 2017 hofften die Unternehmerverbände auf die Ablösung
der ungeliebten Großen Koalition durch die schwarz-grün-gelbe Jamaika-Koalition.
Lindner vermasselte es. Danach galt die GroKo lange als wackelige Übergangslösung,
jederzeit bedroht durch eine unzufriedene SPD-Basis, die in langwierigem Verfahren
eine neue Führung wählte. Das Duo Esken / Walter-Borjans siegte mit der Zusage,
die GroKo zu beenden. Sie taten es nicht, weil die Fraktion es nicht wollte. Die
Kritiker wurden auf ein Ende der GroKo im Herbst 2021 vertröstet. Einige
Enttäuschte verließen die SPD, aber die GroKo blieb. Während der ganzen Legislaturperiode
schien klar zu sein: Nach der Bundestagswahl 2021 kommt es zu einer schwarz-grünen
Koalition.
Seit einem Jahr prägt nun Corona das Stimmungsbild. Die Zahl
derer, die genau verfolgen, was die Regierung tut, dürfte massiv gestiegen
sein, da die Pandemiemaßnahmen fast jeden betreffen. Die Pandemie hievte Markus
Söder hinter Angela Merkel in die oberen Ränge der Beliebtheitsskala, während
die Kandidaten für den CDU-Vorsitz Laschet, Merz und Röttgen im unteren Bereich
vor sich hindümpeln. Söder hat seit der letzten Bayernwahl grüne Kreide
gefressen. In der Pandemie profiliert er sich – trotz Pannen der eigenen
Administration – als Lockdown-Hardliner. Seither hält ihn eine klare Mehrheit für
geeignet, Kanzler zu werden. Die CDU mag hoffen, dass sich dies bis zur
Entscheidung über die Kandidatur noch ändert. Ein Risiko, das Kanzleramt zu
verlieren, werden CDU/CSU aber nicht eingehen.
SPD und Grüne treten auch mit dem Anspruch an, künftig den
oder die Kanzlerin zu stellen. Das ist irreal, erspart ihnen aber Koalitionsbekenntnisse.
Real kann eine der beiden Parteien Juniorpartnerin der Hauptpartei des
Monopolkapitals CDU/CSU werden, eine Rolle, die wenig Spielraum bietet, Wahlversprechen
einzulösen. Monopolbourgeoisie und imperialistische NATO-Partner erwarten stattdessen,
dass sie bevölkerungsfeindliche Beschlüsse wie die Anschaffung von Kampfdrohnen
mittragen. Die SPD-Führung fordert zuvor eine „gesellschaftliche Debatte“. Die Grünen,
die bisher Kampfdrohnen ablehnen, sind sauer, weil die SPD ihnen die
Entscheidung nicht abgenommen hat. Die Drohne wird Wahlkampfthema.
Kriegsministerin Kramp-Karrenbauer nennt die SPD „unverantwortlich“.
Kampfdrohnen dienten der Sicherheit „unserer Soldaten“. Laut Wolfgang Steiger,
Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrats gefährdet die SPD Deutschlands Ruf als
verlässlicher Partner für künftige Rüstungskooperationen. „Wie sollen
europäische Großvorhaben wie das FCAS (Future Combat Air System) oder die
Eurodrohne gemeinsam mit Frankreich, Italien und Spanien umgesetzt werden, wenn
Deutschland schon derartig wankelmütig in der Entscheidung zur Beschaffung
bewaffneter Drohnen ist?“
Mehr Milde zeigt Daniela Vates vom Redaktionsnetzwerk
Deutschland: „Die SPD mit ihren Wurzeln in der Friedensbewegung kämpft darum,
ihren weiteren Abstieg zu verhindern. Sie hat sich gerade mal vor einem Jahr
eine Parteiführung gewählt, die ganz explizit dafür steht, den linken Flügel zu
besänftigen“ (RND 16.12.2020). Das Problem, nichtmonopolistische Wählerschichten
gegen deren ureigenste Interessen in eine kapitalistisch-imperialistische
Politik einzubinden, kann die SPD, deren Wählerschaft sich in der
Nach-Schröder-Ära sukzessive halbierte, künftig an die Grünen in einer schwarz-grünen
GroKo vererben.
Dass die Kampfdrohnen nicht, wie geplant, still und leise
beschlossen werden konnten, sondern im Wahlkampf debattiert werden müssen, ist
ein Erfolg der Friedensbewegung. Auch die Aufrüstung nach NATO-Vorgaben, die Rüstungsgroßprojekte
der EU, die zunehmende Militarisierung der Außenpolitik und die Notwendigkeit
von Rüstungskontrolle und Abrüstung werden dabei unvermeidlich zur Sprache
kommen.
UZ-Kolumne von Beate Landefeld vom 15.1.2021